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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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sieben Tage geschlossen, und Slibulsky hatte mir von einem Wellnesshotel im Elsass erzählt.
    So läuft das!, dachte ich und hob die zwei Kartons an. Vierundzwanzig Flaschen Foulards Rouges, Frida, mein Lieblingswein, und nicht nur meiner, eine feine Sache. Ich hatte von Deborah über Weine, und nicht nur darüber, viel gelernt. Aber ich wusste auch noch: Bier mit Korn und Whitney Houston aus der Musikbox konnten eine Menge Spaß machen.
    10
     
    Freitag traf ich Malik Rashid und Katja Lipschitz inmitten eines trostlosen Farbenreigens. Die Lounge des Hotels Harmonia war mit gelbrosa Schachbrettmuster-Teppichboden ausgelegt, Rashid saß auf einem lindgrünen Baumwollsofa, Katja Lipschitz in einem ausgebleichten blauen Ohrensessel. Vor ihnen stand ein schwarzer Tisch mit Metallgestell, darauf befanden sich orangene Halblitertassen, aus denen weißer Milchschaum ragte.
    Katja Lipschitz, die Beine übereinandergeschlagen, die Arme verschränkt, saß zurückgelehnt und hatte den Kopf fast waagerecht zur Seite gelegt, als wollte sie so den Größenunterschied zwischen sich und Rashid vertuschen. Vielleicht war sie aber auch einfach nur am Wegdösen.
    Rashid, aufrecht, die Beine gespreizt, redete gestikulierend auf sie ein. Er trug leuchtend weiße Turnschuhe, Jeans und ein beiges T-Shirt, auf dem stand: Die alten Wörter sind die besten und die kurzen die allerbesten. Er hatte ein schmales, feines Gesicht mit flinken, lebhaften Augen und einem amüsierten Ausdruck, als wollte er sagen: Ja, mein Schatz, so eine verrückte, wirre Welt, ein Glück, dass es Kerle wie mich gibt, die da noch durchblicken.
    Als ich ein paar Meter vor ihnen stehen blieb, schaute zuerst Rashid auf, und sein amüsierter Ausdruck bekam schlagartig etwas Widerwilliges. Vielleicht glaubte er, ich sei vom Personal.
    »Ja?«
    »Guten Tag, mein Name ist Kayankaya.«
    »Oh«, sagte Katja Lipschitz und hob den Kopf. Nun überragte sie Rashid deutlich. »Ich habe Sie gar nicht kommen sehen.«
    Und Rashid rief: »Ach so!«, schaltete augenblicklich auf strahlend, erhob sich vom Sofa und breitete theatralisch die Arme aus. »Mein Beschützer! Ich grüße dich!«
    Katja Lipschitz schien unschlüssig, ob sie ebenfalls aufstehen sollte. Einerseits war da die Höflichkeit mir, andererseits wohl die Rücksicht Rashid gegenüber. Obwohl sie, wie ich gleich bemerkt hatte, flache Absätze trug, musste Rashid, wenn sie sich dicht neben ihm aufrichtete, immer noch wie ein Gnom wirken. Oder sie wie eine Riesin – vielleicht war es eher das, was sie vermeiden wollte.
    »Bleiben Sie ruhig sitzen«, sagte ich zu Katja Lipschitz und streckte Rashid meine Hand entgegen. »Freut mich, Herr Rashid.«
    »Ah!« Er ließ die Arme sinken und spielte ironisch den Enttäuschten. »So förmlich, mein Freund! Wie sollen wir es denn da drei Tage Borste an Borste miteinander aushalten?!«
    Ich warf einen kurzen Blick zu Katja Lipschitz, die lächelte, als hätte ihr Chef ihr ein Pupskissen auf den Stuhl gelegt.
    Ich ließ meine Hand ausgestreckt. »Borste an Borste?«
    Er grinste, froh über seinen kleinen Coup. »Na, sind wir nicht alle irgendwo tief in uns drinnen kleine Schweine? Manchmal auch große? Vielleicht essen wir darum keine, es wäre ja quasi Kannibalismus.« Er grinste noch ein bisschen froher, ehe er sich entschuldigend Katja Lipschitz zuwandte: »Verzeihung, Katja, mit ›wir‹ meine ich uns Orientalen. Dabei habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn Schweinefleisch gegessen wird, aber ich esse es nun mal nicht. Und das hat nichts mit Religion zu tun. Die Juden – und die Juden sind Orientalen, nicht wahr? Ein Brudervolk. Und was sind die blutigsten Kriege?« Er deutete fragend mit dem Zeigefinger auf mich. Ich nahm meine ausgestreckte Hand zurück und schob sie in die Hosentasche.
    »Die Bruderkriege! Jedenfalls: Die Juden essen auch kein Schwein. Und auch die Christen im Orient – und ich habe viele christliche Freunde«, er lachte. »Also, Eisbein habe ich da noch nie aufgetischt bekommen!«
    Katja Lipschitz fiel in sein Lachen ein, ob aus Professionalität oder weil sie es wirklich komisch fand, konnte ich nicht beurteilen.
    Ich sagte: »Herr Rashid, ich soll für drei Tage Ihr Leibwächter sein. Wir werden vermutlich einige Male miteinander im selben Restaurant, vielleicht am selben Tisch sitzen. Falls es Sie stören sollte, wenn ich Bratwurst bestelle, sagen Sie mir das bitte.«
    Für einen Moment blieb sein Blick auf mir liegen, als frage er sich, ob das mit mir

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