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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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jedoch achselzuckend, als er sah, wie Clara ihren Arm um den Hund gelegt hatte und erschöpft ihren Kopf an die Schulter der Dogge lehnte. Vorsichtig fuhr er los. »Wenn die Polizei uns aufhält, kenne ich euch nicht«, warnte er. »Ich habe euch noch nie gesehen …«
     

VIER WOCHEN SPÄTER
    Clara stolperte, und wenn Mick sie nicht geistesgegenwärtig am Arm gepackt hätte, wäre sie mit ihrem leuchtend smaragdgrünen Cocktailkleid und dem schicken Mäntelchen geradewegs in eine Pfütze gesegelt. Diese Slingpumps waren aber auch zu unpraktisch. Vor allem im Dezember und in diesen Breitengraden. Aber Clara hatte sich geweigert, für die Fahrt Stiefel anzuziehen und erst in der Garderobe in ihre neuen todschicken Schuhe mit den Pfennigabsätzen zu schlüpfen. Wenn schon, dann richtig. So lautete von jeher ihre Devise. Doch jetzt, als sie auf das nur spärlich beleuchtete Gebäude zuschwankte, schwer auf Micks Arm gestützt, zweifelte sie daran, ob diese Regel nicht ab und an einer Ausnahme bedurfte. Zumindest in den Fällen, in denen sie solche Spontanaktionen unternahm wie heute Abend, knapp eine Stunde vor Beginn der Geburtstagsparty ihres Vaters.
    Mick neben ihr hatte sich ebenfalls in Schale geworfen, er trug tatsächlich einen Anzug, der ihn vollkommen verändert wirken ließ, und ein edel aussehendes Hemd. Auf eine Krawatte hatte er allerdings ebenso verzichtet wie auf eine ordentliche Rasur seines Dreitagebartes, Letzteres jedoch nur auf Drängen von Clara, die ihm den Rasierapparat aus den Händen gerissen hatte mit den Worten, er müsse sich wegen dieser doofen Party ja nicht vollkommen unkenntlich machen. Die Kombination von teurem Anzug, fehlender Krawatte und unrasiertem Gesicht störte zwar den seriösen Gesamteindruck ein wenig, doch Clara fand Mick gerade deswegen umwerfend, und das hatte sie ihm, heftig errötend, auch gestanden, kurz bevor sie sich auf den Weg gemacht hatten.
    Vor der Festlichkeit gab es jedoch noch etwas zu erledigen, worauf Clara trotz vielerlei Einwände von Mick eigensinnig bestanden hatte. Sicher, der Zeitpunkt war nicht gerade günstig, und ihr war auch nicht ganz wohl dabei, aber trotzdem. Es musste sein.
    Als vor einer Woche die Klinik Hoheneck offiziell geschlossen worden war und die wenigen Patienten, die noch dort geblieben waren, in andere Anstalten verlegt wurden, hatte Gruber sie angerufen. Er wollte ihr unbedingt persönlich mitteilen, dass die Strafverfahren gegen sie - was niemanden überraschte - eingestellt worden waren. Sie hatten sich noch einmal getroffen, und Clara hatte ihm von ihrer Vermutung erzählt, dass es wohl doch Ruth gewesen war, die Johannes Imhofen getötet hatte. Ruths Besuch bei Agnes Thiele hatte sie dabei ebenso verschwiegen wie Pablos Rolle in der ganzen Geschichte. Er war, wie sie vermutet hatte, nicht wieder aufgetaucht, und die Werkstatt, die Clara trotz besseren Wissens zweimal aufgesucht hatte, blieb verlassen und würde im Frühjahr wahrscheinlich unter Giersch und wilden Wicken zusammenbrechen. Clara hatte beim letzten Besuch das marmorne Türschild abgeschraubt und mit nach Hause genommen. Dort hing es jetzt in ihrer Küche neben einer Postkarte, die sie einmal aus Italien von der Mutter eines Mandanten bekommen hatte und die ihr viel bedeutete, und neben Ruths Zeichnung von ihr, die sie aus deren Zimmer mitgenommen hatte.
    Gruber hatte bei Claras Worten genickt und dabei bedächtig gemurmelt: »Also doch. Also doch.« Aber seine Miene war unbewegt geblieben, hatte sich nicht aufgehellt, er hatte keine Spur von Selbstgerechtigkeit oder gar Triumph gezeigt. Stattdessen hatte er nachdenklich in seinem Kaffee gerührt, hin und wieder daran genippt und dazwischen immer wieder in Gedanken versunken den Kopf geschüttelt.
    Er war tief schockiert gewesen von Ruths Tod. Clara hatte erfahren, dass er sich fast zwei Wochen lang hatte krankschreiben lassen. Doch jetzt war er wieder da. Er war wegen der Aufdeckung des Skandals um die Klinik Hoheneck gefeiert worden, und obwohl er immer wieder betont hatte, es sei nicht sein Verdienst gewesen, sondern das der Anwältin von Ruth Imhofen, war sein Foto in allen Zeitungen auf der Titelseite zu sehen gewesen. Er hatte es in seiner üblichen, mürrischen Art zur Kenntnis genommen und reagierte ausgesprochen ruppig, wenn ihn jemand darauf ansprach.
    Und dann hatte Clara ihn um diesen Gefallen gebeten. Ein etwas ungewöhnliches Ansinnen, hatte sich Gruber gedacht, doch Clara war schließlich auch ein

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