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Bruderschaft der Kueste

Bruderschaft der Kueste

Titel: Bruderschaft der Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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ob es an der Seekrankheit oder am schlechten Geschmack lag. Zu dem Zeitpunkt hatte er nur noch sterben wollen. Eingesperrt in einen finsteren Verschlag hatte er die rollenden Bewegungen des Schiffes ertragen müssen, ungewiss, wo er war, wohin man ihn verschleppt hatte, was sein Schicksal sein würde.
    Erst als sein Magen sich daran gewöhnt hatte, nicht alles wieder aus dem Mund abzugeben, war Jean Baptiste Ledoux erschienen, ganz französischer Gentleman und hatte ihn über sein weiteres Schicksal aufgeklärt. In ruhigen, sachlichen, dennoch kaum weniger bedrohlichen Worten hatte er ihm gesagt, wer er selbst war, warum er ihn entführt hatte und, dass sein Leben einzig vom weiteren Verhalten seines Vaters abhinge. Unverwandt hatte er ihn dabei angesehen, mit seinen undurchdringlichen, braunen Augen, die täuschend sanft wirkten. Danach war er mehrfach zu ihm gekommen, hatte sich mit ihm unterhalten und Schreibzeug gebracht, verlangt, dass er seinem Vater eben jene Briefe schrieb, die versicherten sollten, dass er noch lebte. Nur einmal hatte Simon versucht, Andeutungen über seinen Aufenthaltsort einzuschmuggeln, Informationen, die eventuell zu seiner Rettung dienen konnten. Er hatte wirklich geglaubt, dieser Pirat wäre des Englischen nicht mächtig. Ein fataler Irrtum, denn Jean hatte den Brief überflogen, gelächelt und ihn vor seinen Augen zerrissen. Sein Messer kam aus dem Nirgendwo, war urplötzlich an Simons Wange und behutsam darüber gestrichen. Jeans Gesicht war direkt vor ihm gewesen.
    „Ein weiterer Versuch dieser Art, Simon, dann breche ich dir den kleinen Finger deiner linken Hand. Jeden Knochen einzeln“, hatte er freundlich gesagt und kein bisschen der furchtbaren Drohung klang in seiner Stimme an.
    Mit angehaltenem Atem, bereit, die Augen zu schließen und vor Angst erstarrt, hatte Simon panisch in diese sanften, braunen Augen geblickt. Das Messer war trügerisch zärtlich an seiner Wange hochgefahren. Es gab einen feinen Ruck und Jean hatte ihm eine Strähne seines lockigen, braunen Haares abgeschnitten. Nichts weiter. Er hatte sofort wieder von ihm abgelassen, gewartet, bis Simon mit zitternden Fingern einen neuen Brief verfasst hatte, ihn genommen und vor sich hin summend, die Haarsträhne spielerisch um den Finger wickelnd, den Verschlag verlassen.
    Nie wieder hatte es Simon gewagt, ihn zu unterschätzen. Sicherer war er hingegen, dass der Franzose ein anderes Interesse an ihm entwickelte, was ihn ebenso verängstigte. Immer häufiger berührte er ihn flüchtig, sanft, sah ihn mit Zärtlichkeit im Blick an, suchte seine Gesellschaft und machte verwirrende Andeutungen. Simon verschloss sich gedanklich stets davor, was diese Blicke und Gesten wirklich zu bedeuten hatten, log sich etwas vor. Zu sehr verängstigten ihn die Konsequenzen. Sein Leben lag in der Hand dieses Mannes, der letztlich frei über ihn verfügen konnte, ob er damit einverstanden war oder nicht. Bisher war Jean ihm allerdings erst einmal zu nahe getreten und Simon hegte die Hoffnung, er beließe es auch dabei. Die Versuchung war zu groß.
    Eine streichelnde Bewegung entlang seines Rückens, ließ ihn   überrascht aufkeuchend hochfahren und riss ihn aus seinen Gedanken. Fingerspitzen waren ihm von den Schulterblättern über die Wirbelsäule behutsam abwärts- gefahren, hatten ein prickelndes Gefühl auf seiner Haut hinterlassen. Hastig wandte er sich um und blickte verblüfft direkt in die schwarzen Augen Miguels, der sich leise neben ihn gelegt hatte, dass er es nicht gehört hatte. Erschrocken wich er zurück. Miguel musterte ihn belustigt, den Kopf seitwärts auf seine Hand und den Ellenbogen abgestützt. Er trug nun ein neues, sauberes Hemd, das an der Brust nur unzureichend verschnürt war und den Blick auf seine blanke Brust und die dunkle Behaarung darunter freigab. Seine Haare waren nun gewaschen und mit einem Band zurückgebunden worden. Mit seinem dunklen Teint, den markanten Gesichtszügen und den tiefschwarzen Augen entsprach er genau dem Bild eines verwegenen Piraten, das sich Simon als Junge im Traum gemacht hatte. Dabei war er nur ein Dieb, dachte Simon, wenngleich er ihm eine gewisse Attraktivität nicht absprechen konnte. Miguel hatte eine seltsam faszinierende Ausstrahlung.
    „Habe ich dich etwa erschreckt?“, erkundigte sich der Dieb lächelnd und fügte entschuldigend hinzu:
    „Dein Rücken war aber auch gar zu verführerisch, da konnte ich einfach nicht widerstehen, ihn zu berühren.“
    Simon

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