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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Abendessen begegnete er mir so, als sei überhaupt nichts gewesen.
    Und was jetzt? Soll ich hier einfach sitzen und warten und mich wundern? Ehrlich, lange halte ich das hier nicht mehr aus. Ich bin ganz einfach nicht der Typ für ein Leben im Kloster, ganz abgesehen von der Frage des Buches der Schädel und dem, was es vielleicht anzubieten hat. Man muß für solche Sachen genormt sein: Man muß die Fähigkeit zum Entsagen in den Genen haben, eine Spur von Masochismus. Ich muß versuchen, das Eli und Oliver bewußt zu machen. Die beiden Verrückten, die beiden unsterblichkeitssüchtigen Trottel. Sie würden hier glatt zehn oder zwanzig Jahre bleiben, Unkraut jäten, sich bei den Übungen das Kreuz verrenken, in die Sonne starren, bis sie erblinden, gepfefferten Matsch essen – und wären trotzdem davon überzeugt, dies sei der richtige Weg, das ewige Leben zu erlangen. Eli, der mir immer verrückt und neurotisch vorkam, aber unter der Oberfläche ziemlich gescheit, scheint mir jetzt endgültig ausgeflippt zu sein. Seine Augen wirken befremdlich, starr und grimmig, wie die von Oliver: psychotische Augen, schreckliche Augen. In Eli geht etwas vor. Von Tag zu Tag erhält er mehr Kraft, nicht nur muskelmäßig nimmt er zu, er scheint auch an moralischer Stärke zu gewinnen, an Inbrunst, an Dynamik: Er hat sich dieser Sache verschrieben und läßt jeden wissen, daß er niemandem erlauben wird, sich zwischen ihn und sein Ziel zu stellen. Für Eli ist das eine ganz neue Haltung. Manchmal glaube ich, er entwickelt sich zu einer Art Oliver – eine schmächtige, dunkle, behaarte, jiddische Ausgabe von Oliver. Oliver selbst natürlich hält seinen Mund geschlossen und arbeitet im Haushalt für zehn, und bei den körperlichen Übungen verbiegt er sich zu einer Brezel, bloß um den Bruder auszustechen. Sogar Ned scheint sich dem Glauben zuzuwenden. Von ihm kommen keine spitzen Bemerkungen mehr, keine kleinen, zynischen Bonmots. Morgens sitzen wir da und hören Bruder Miklos zu, wie er viel Garn senilen Gebabbels spinnt, bei dem höchstens ein Satz von sechsen einen Sinn ergibt. Und Ned sitzt da wie ein Sechsjähriger, dem man vom Weihnachtsmann erzählt, sein Gesicht ist vor Aufregung verzerrt, er schwitzt, kaut an den Nägeln, nickt und schluckt alles. Weiter so, Bruder Miklos! Atlantis, jawohl, und der Cro-Magnon-Mensch, na klar doch, und die Azteken, und was sonst noch kreucht und fleucht, Klatschmarsch bitte, jawohl, ich glaube alles. Und dann sitzen wir am Mittagstisch, und dann meditieren wir auf dem kalten Steinboden, jeder für sich natürlich, und dann gehen wir nach draußen und schwitzen uns für die Brüder auf den verdammten Feldern ab. Schluß damit, ich hab’ die Schnauze voll davon. Heute habe ich meine Chance verpaßt, aber in ein oder zwei Tagen werde ich noch einmal zu Eli gehen und versuchen, ob ich ihn nicht zur Vernunft bringen kann. Aber viel Hoffnung habe ich dabei nicht.
    Eli erschreckt mich neuerdings ein wenig.
    Ich wünschte mir, er hätte diese Bemerkung nicht gemacht, von wegen, wovor ich mehr Angst hätte: dem Neunten Mysterium oder dem ewigen Leben. Ich wünschte mir wirklich, er hätte diese Bemerkung mir gegenüber unterlassen.

 
30. KAPITEL
Oliver
     
    Ein kleines Mißgeschick, während wir vor dem Frühstück auf den Feldern arbeiteten. Ich lief zwischen zwei Reihen von Chilipflanzen und trat mit dem nackten Fuß auf einen scharfen Stein, der sich irgendwie bis an die Oberfläche vorgearbeitet hatte und jetzt mit dem scharfen Ende nach oben herausragte. Ich fühlte, wie der Stein mir die Sohle durchzuschneiden begann, und ich verlagerte blitzartig mein Gewicht; zu blitzartig. Mein anderer Fuß war auf die zusätzliche Belastung nicht vorbereitet. Der rechte Knöchel knickte ab. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich hinfallen zu lassen, so wie man es beim Basketball beigebracht bekommt, wenn man auf dem Feld übel hereingelegt worden ist und sich schnell entscheiden muß, ob man sich hinfallen läßt oder sich eine Sehnenzerrung zuzieht. Und, hoppla, fiel ich hin, direkt auf den Arsch. Weh getan hatte ich mir eigentlich nicht, aber dieses Feld war in der vergangenen Nacht tüchtig bewässert worden und immer noch matschig. Ich landete in einer klebrigen, schlammigen Pfütze, und als ich mich wieder erhob, gab es ein schmatzendes Geräusch. Meine Shorts sahen furchtbar aus – das ganze Hinterteil besudelt und naß. Nun, das ist ja an sich noch nichts Schlimmes, aber mir behagte die

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