Bruderschaft der Unsterblichen
Karl, Jim und Sissy Madden zurückdenken, und ich mußte über meine dumme Schüchternheit lachen. Besonders das Mal, als Billie Madden mit uns schwimmen ging; sie war ungefähr in unserem Alter, aber sie sah genau wie ihre ältere Schwester aus; als ich da nackt am Flußrand direkt neben Billie stand und die Sommersprossen betrachtete, die bis in das Tal zwischen ihren feisten Brüsten hinabliefen, und die tiefen Grübchen, die Falten in ihren Po warfen, hatte ich irgendwie das Gefühl, daß die Scham von damals mit Sissy nun ausgewetzt war, daß der Umstand, daß Billi auch nackt war, mich und die Madden-Mädchen auf gleichen Punktestand brachte, und daß beides überhaupt nichts mehr ausmachte.
Während ich an diese Dinge beim Unkrautrupfen in den Chili-Reihen der Brüder dachte, wärmte die höhersteigende Sonne meinen nackten Arsch, und es wurde mir bewußt, daß auch andere Dinge tief in meiner Erinnerung herumtrieben, alte Begebenheiten, dunkel und unfreundlich und halb vergessen, so daß ich mich gar nicht erst daran erinnern wollte. Eine geronnene Masse an Erinnerungen. Wie ich am anderen Tag nackt war, Kinderspiele mit anderen machte, manche von ihnen gar nicht einmal so unschuldig.
Unerwünschte Gedankenbilder stürmten brüllend wie eine Springflut aus meiner Vergangenheit heran. Ich stand still da und wurde von Wellen der Furcht durchspült. Ein Muskel spannte gegen den anderen, der Körper glänzte vor Schweiß. Und da widerfuhr mir etwas Beschämendes. Ich spürte ein vertrautes Pochen da unten, fühlte, wie es dort steif wurde und wuchs, und ich sah hinunter und ja, ja, da war es ganz genau, wuchs hart und hoch. Ich hätte sterben mögen. Ich hätte mich am liebsten mit dem Gesicht zu Boden geworfen. Es war wie damals, nachdem Sissy Madden uns beim Schwimmen beobachtet hatte, als ich nackt zum Fluß zurücklaufen mußte, wo Karl und Jim ihre Kleider schon angezogen hatten, und ich zum erstenmal die Erfahrung gemacht hatte, was es heißt, sich nackt und beschämt unter Angezogenen zu bewegen. Und jetzt war es wieder soweit: Ned, Eli, Timothy und die Brüder, alle hatten sie ihre Shorts an, und ich war nackt und hatte mir keinerlei Gedanken darüber gemacht, bis plötzlich das da unten passiert war. Jetzt kam ich mir so zur Schau gestellt vor, als würde ich live im Fernsehen auftreten. Alle würden mich anstarren, sehen, daß ich einen stehen hatte, und würden sich fragen, was mich so angemacht hatte, welche schmutzigen Gedanken wohl eben durch mein Gehirn gezogen sein mußten.
Wo konnte ich mich verstecken? Wie konnte ich mich bedecken? Beobachtete mich jemand?
Aber tatsächlich schien es niemand bemerkt zu haben. Eli und die Brüder waren weit von mir. Timothy, der träge und lahm vorankam, lag weit hinter mir, fast außerhalb meines Sichtkreises. Der einzige in meiner Nähe war Ned, vielleicht drei Meter hinter mir. Da ich ihm mein Hinterteil zukehrte, war meine peinliche Stelle verdeckt. Mittlerweile spürte ich auch, wie er langsam schrumpfte; in Kürze wäre die Lage dort wieder geklärt, und ich könnte gemächlich durch die Chili-Reihen zu dem Baum schlendern, an dem meine Shorts hingen. Ja, jetzt war er wieder in Normalstellung. Alles unter Kontrolle. Ich drehte mich um.
Ned machte einen Sprung zurück, er sprang wirklich zurück, als meine Augen die seinen trafen. Sein Gesicht wurde rot. Er wandte den Blick ab, und ich begriff. Ich brauchte nicht das Vorderteil seiner Shorts nach einer Ausbeulung zu untersuchen, um zu wissen, was in seinem Kopf vor sich ging. Fünfzehn oder zwanzig Minuten lang hatte er seiner Phantasie freien Lauf gelassen, meinen Körper studiert, meinen Hintern betrachtet und hin und wieder kurze Ausblicke auf andere Pretiosen erhascht. Und dabei seine neckischen Homo-Träume über mich geträumt. Nun, darüber darf man sich nicht wundern. Ned ist eben ein Schwuler. Ned hat mich immer begehrt; auch wenn er es nie gewagt hat, sich mir zu nähern. Und ich hatte mich direkt vor ihm zur Schau gestellt, meinen ganzen Körper, eine Versuchung, eine Provokation. Trotzdem bestürzte mich dieser begehrliche Blick, der so offensichtlich in seinem Gesicht stand, so rauh; das schockierte mich. So sehr von einem anderen Mann begehrt zu werden. Das Objekt seiner Sehnsüchte zu sein. Und er wirkte wirklich betäubt und beschämt, als ich an ihm vorbeiging, um meine Shorts zu holen. Als wenn er dabei erwischt worden wäre, wie er sein wahres Gesicht zeigte. Und was, bitte schön,
Weitere Kostenlose Bücher