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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bequem. Oliver trat den Gashebel durch und ließ uns rasch zu dem Lastwagen aufschließen, der solchen Ärger bereitet hatte. Er übe r holte, wechselte die Spur, setzte sich unmittelbar vor den Lkw und zwang ihn so, das Spielchen erneut zu betre i ben. Unbehaglich wandte ich mich um. Der Laster, ein rotes und grünes Monstrum, knabberte an unserem Hi n terteil. Hoch über uns tauchte undeutlich das Gesicht des Fahrers auf: glühend, düster, unbeugsam; stoppelige Hängebacken, kalte, schmale Augen, zusammengepreßte Lippen. Wenn er nur könnte, hätte er uns von der Straße gefegt. Haßvibrationen strömten von ihm aus. Haß, weil wir jung waren, weil wir gut aussahen (ich und gut au s sehen!), weil wir die Möglichkeit und das Geld dazu ha t ten, das College zu besuchen und dort Überflüssiges ins Hirn gestopft zu bekommen. Ein Mitglied der schwe i genden Mehrheit hockte dort oben, ein Ewiggestriger. Eine flache Stirn steckte unter der abgewetzten Stoffmü t ze. Eine patriotischere Persönlichkeit, als wir es sind, ein hart arbeitender Amerikaner, der sich sehr leid tat, weil er hinter vier Burschen steckte, die sich mit ihm einen Spaß erlaubten. Es lag mir auf der Zunge, Oliver zu bi t ten, die Spur zu wechseln, bevor der Laster uns rammte. Aber Oliver schlich über die Fahrbahn, hielt die Nadel beharrlich auf 50 und hemmte den Lk W . Oliver konnte sehr dickköpfig sein.
    Jetzt mündeten wir auf irgendeinem Highway über der Bronx in New York City ein. Diese Gegend kenne ich nicht, ich bin in Manhattan großgeworden. Ich kenne nur die U-Bahn, kann noch nicht einmal Auto fahren. Hig h ways, Autos, Tankstellen, Straßengeldhäuschen – Ei n richtungen einer Zivilisation, mit der ich nur ganz am Rande Kontakt hatte. In der High-School-Zeit beobacht e te ich die Jugendlichen, wie sie am Wochenende in die City strömten. Jeder hatte seine superblonde Schickse neben sich auf dem Sitz; das war nicht meine Welt, hatte nichts mit meiner Welt zu tun, obwohl sie ebenfalls sie b zehn oder sechzehn Jahre alt waren – wie ich. Mir kamen sie vor wie Halbgötter. Von einundzwanzig Uhr bis halb eins kreuzten sie auf dem Strip herum, bevor sie nach Larchmont, Lawrence und Upper Montchair zurückkeh r ten. Dort parkten sie in einer ruhigen Seitenallee, verz o gen sich mit ihren Puppen auf den Rücksitz; weiße Obe r schenkel blitzen im Mondlicht, Höschen werden heru n tergezogen, Reißverschlüsse öffnen sich, ein paar schne l le Stöße; Stöhnen und Grunzen. Ich dagegen fuhr mit der U-Bahn herum, West Side I.R.T. Das machte für die e i gene sexuelle Entwicklung ganz schön was aus. Man kann ein Mädchen nicht in der U-Bahn bumsen. Wie wär’s im Stehen, während man auf dem Riverside Drive mit dem Aufzug in den fünfzehnten Stock fährt? Oder soll man auf dem geteerten Dach eines Apartment-Hauses, fünfundsiebzig Meter über der West End Av e nue, den eiligen Orgasmus probieren, während die Ta u ben um einen herumstolzieren, deine Technik kritisieren und sich über den Pickel auf deinem Arsch amüsieren? Es ist eben doch ein ganz anderes Leben, wenn man in Manhattan aufwächst. Voller Unzulänglichkeiten, die einem die Jugend versauen. Die schmalbrüstigen Jünge l chen können sich dagegen in ihren Autos auslassen und sich mit ihrer Puppe wie im Hotel fühlen. Wir, die wir mit den ständigen Rückschlägen in einer Großstadt au f wachsen, lernen natürlich, solche Schwierigkeiten zu meistern. Unsere Seelen sind reichhaltiger, interessanter, vom Elend geformt. Ich unterscheide Menschen in Aut o fahrer und Nichtfahrer. Auf der einen Seite stehen die Timothys und Olivers, auf der anderen die Elis. Eigen t lich gehört auch Ned in meine Kategorie der Nichtfahrer, der Nachdenker, der Lesenden, introvertierten, gepeini g ten, unterprivilegierten U-Bahnfahrer. Ned hat einen Führerschein. Aber das ist auch nur ein weiterer Beweis für seine verdrehte Persönlichkeit.
    Trotzdem war ich ganz froh, wieder in New York zu sein; auch wenn wir auf dem Weg in den goldenen W e sten nur hindurchfuhren. In dieser Stadt war ich eben groß geworden, jedenfalls galt dies, sobald wir die ve r traute Bronx verließen und nach Manhattan kamen. Die Buchhandlungen, die Würstchenbuden, die Museen, die Kunstfilme (wir New Yorker nennen sie nicht Kunstfi l me, aber alle anderen tun das), die Menschenmengen. Die Struktur, die dichte Bebauung. Willkommen im K o scher-Land. Ein angenehmer Anblick nach Monaten der Gefangenschaft in den katholischen

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