Bruderschaft der Unsterblichen
Millionen Jahre lang. Danach wird er das Universum kaufen können! Und noch mehr! Damit sind Oliver und Timothy ganz offensichtlich die Kandidaten für die Unsterblichkeit. Eli und ich müssen uns dem fügen, freiwillig oder eben a n ders. Rasch sind die übriggebliebenen Rollen auf die verbleibenden Akteure verteilt: Eli wird derjenige sein, den sie umbringen, ganz klar. Das Opfer ist immer der Jude, oder? Sie werden ihm die ganze Zeit hindurch nett begegnen, ihm Dankbarkeit dafür zeigen, daß er das Tor zum ewigen Leben in alten Archiven gefunden hat. Und im geeigneten rituellen Moment werden sie ihn – rums! – einfach packen und ihm eine Nase voll Zyklon-B verpa s sen, womit das Problem Eli endgültig erledigt wäre. D a mit bliebe ich für den Freitod übrig. Diese Entscheidung, sagte Eli und zitierte das betreffende Kapitel und den ganzen Vers aus dem Buch der Schädel, muß absolut freiwillig getroffen werden, muß aus dem Wunsch e r wachsen, sich selbst zu opfern, andernfalls können die gewünschten Vibrationen nicht freigesetzt werden. In Ordnung, meine Herren, ich stehe zu Ihren Diensten. G e ben Sie nur den Befehl, und ich werde meinen Beitrag zum Wohl des Ganzen leisten. Ein einziger Wunsch, möglicherweise der erste, den ich je hatte. Aber zwei B e dingungen, zwei Sachen sind damit verbunden. Timothy, du mußt mit einem Teil deines Wall-Street-Vermögens eine sorgfältige Ausgabe meiner Gedichte subventioni e ren: ordentlich gebunden, auf gutem Papier und mit e i nem kritischen Vorwort von jemandem, der sich mit di e sem Zeugs auskennt, wie Trilling, Auden, Lowell, na, irgend jemand diesen Formats. Wenn ich für dich sterbe, Timothy, mein Blut für dich vergieße, willst du mir dann meinen Wunsch erfüllen? Und Oliver, von Ihnen erbitte ich auch einen Dienst, Sir. Das quid pro quo ist ein sine qua non, wie Eli sich ausdrücken würde. Am letzten Tag meines Lebens möchte ich gerne eine Stunde lang mit dir allein sein, mein teurer, hübscher Freund. Ich möchte einen Weg in deine jungfräuliche Seele finden. Gehöre zum Schluß ganz mir, geliebter Ol! Ich verspreche dir, ich werde großzügig mit der Vaseline umgehen. Dein leicht glänzender, fast haarloser Körper, dein straffer, athletischer Po, deine süße, bislang unbehelligte Rosette. Gib es mir, Oliver. Mir, mir, mir, gib mir alles. Ich gebe dir mein Leben, wenn du mir nur einen Nachmittag lang deinen Hintern leihst. Ist das nicht romantisch? Ist deine Verlegenheit nicht köstlich? Komm schon, Oliver, sonst wird aus dem Handel nichts. Und du wirst kommen. Du bist kein Puritaner, du denkst praktisch, du bist einer, der an sich selbst zuerst denkt. Du wirst sehr leicht die Vo r teile des Überlebens erkennen. Zumindest tust du gut daran. Befriedige den kleinen Perversen, Oliver. Sonst wird aus dem Handel nichts.
3. Kapitel
Timothy
Eli nimmt die Sache ernster, als wir das tun. Ich glaube, dazu hat er auch ein Recht. Schließlich war er es, der a l les entdeckt und unser Unternehmen organisiert hat. Und überhaupt hat er dieses halbmystische Wesen, diese glimmende osteuropäische Wildheit, die es einem Me n schen erlaubt, die bedeutendsten Dinge zu schaffen, o b wohl das, bei Licht besehen, imaginär ist. Ich nehme an, das ist ein Charakterzug der Juden, eingebunden in die Kabbala und was weiß ich noch. Zumindest halte ich es für einen jüdischen Charakterzug, genau wie hohe Inte l ligenz, physische Feigheit und die Vorliebe fürs Gel d scheffeln. Aber was zum Henker weiß ich eigentlich von den Juden? Nehmen wir nur einmal uns in diesem W a gen. Oliver ist zweifellos der intelligenteste. Ned ist der physische Feigling; man braucht ihn nur einmal scharf anzusehen, schon duckt er sich. Ich bin der Geldschef f ler, obwohl, der Himmel sei mein Zeuge, ich keinen Fi n ger gerührt habe, um an dieses Vermögen zu kommen. Da stehen wir nun mit unseren sogenannten jüdischen Charakterzügen. Und der Mystizismus? Ist Eli ein Myst i ker? Vielleicht will er einfach nicht sterben. Was ist da r an mystisch?
Nein, das ist nicht mystisch. Aber wenn man einmal bedenkt, daß er wirklich daran glaubt, ein Kult ausg e wanderter babylonischer oder ägyptischer – oder woher auch immer – Unsterblicher lebt in der Wüste; daran glaubt, daß man nur zu ihnen gehen und die richtigen Worte sagen muß, und schon nehmen sie einen in ihren Kreis der Unsterblichkeit auf – mannomann! Das kauft einem keiner ab. Außer Eli. Vielleicht auch Oliver. Ned? Nein, Ned
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