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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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gesehen hatten? Weshalb wird Margo Swann nun auch noch umgebracht?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte ich, verblüfft über seinen Ausbruch.
    »Natürlich nicht. Woher auch? Sie haben ja nie wieder etwas von Ihrem Bruder gehört, nicht wahr? Aber jemand sieht sich gerade einige Fotos von Ihrem Bruder an, die wir am Computer gealtert haben. Und ein paar Kollegen werden Margo Swanns Nachbarn befragen, ob sie Leo oder die jungen Frauen schon einmal bei ihr oder in der Nachbarschaft gesehen haben.«
    »Jetzt soll Leo auch noch Margo umgebracht haben?«, fragte ich. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Nun, Leo Lambert erschoss seinen besten Freund Charles Swann, und Lauren Heinecken war von Charles schwanger. Zwanzig Jahre später tauchen ihre Töchter auf und werden umgehend ermordet. Und zumindest eine kannte Leo Lambert, denn sie trug seine Uhr am Arm. Mit anderen Worten: Charles Swann ist tot, seine Mutter ist tot, und seine Töchter sind tot.«
    »Sie sind nicht Charles’ Töchter«, sagte ich. »Und Lauren war niemals von Charles schwanger.«
    »Behaupten Sie. Aber Sie wären nicht die Erste, die von ihrem Freund betrogen wurde. Vielleicht hat Ihr Bruder es gewusst?«
    »Nein«, sagte ich. »Nein.« Und dann noch einmal: »Nein.«
    »Es wäre immerhin ein Motiv. Man nennt es Ehrenmord.«
    »Nein«, sagte ich wieder und fragte dann, wie denn der Mord an Claudia Langhoff da reinpassen sollte.
    Unruh beachtete meine Frage nicht, sondern fuhr fort: »Vera und Nora Schnitter waren auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern.«
    »Woher wissen Sie das so genau?«
    »Weil wir Lauren Heinecken und Ihren Sohn Jan vernommen haben und Kortner gerade noch einmal mit ihnen spricht. Und weil Lauren Heinecken ausgesagt hat, dass Nora Schnitter vor ein paar Tagen bei ihr gewesen sei und sich nach Charles erkundigt habe. Wo waren Sie eigentlich heute Nacht zwischen vier und sechs?«
    »Im Bett«, sagte ich.
    »Kann das jemand bezeugen?«
    »Mein Vater und mein Freund Alexander Groth«, sagte ich und gab ihm Alex’ Adresse und Telefonnummer.
    »Bleiben Sie in der Stadt«, sagte Carsten Unruh.
    »Wie bitte?«
    »Sie haben mich schon verstanden. Aber ich kann es auch ganz offiziell machen. Mit staatsanwaltlichem Stempel und allem Pipapo.«
    »Mit welcher Begründung?«
    »Wegen Vertuschung einer Straftat. Zur Not auch wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord«, sagte Unruh, ging zum Telefon am Kopf des Konferenztisches und rief jemanden an, um mich abzuholen und meine Fingerabdrücke abzunehmen.

28
    Mir war übel, und der Schmerz kehrte zurück. Nachdem ein junger Polizist meine Fingerabdrücke gescannt hatte, ging ich auf die Toilette und verriegelte die Tür hinter mir. Ich war in der zehnten Woche schwanger, mit 42 eine Spätgebärende, und ich hatte früher geraucht. Ich gehörte zur Risikogruppe. Meine Frauenärztin hatte mich aufgeklärt, dass die meisten Fehlgeburten vor der zwölften Woche stattfanden und dass etwa 30 Prozent aller Frauen zumindest ein Mal in ihrem Leben eine hatten. Außerdem hatte sie die Symptome aufgezählt: stechende Schmerzen, erhöhte Temperatur, Schweißausbrüche, Übelkeit, plötzliche Blutungen.
    Der Schmerz pochte tückisch in meinem Unterleib, und mir war übel. Ich hatte zwar weder Schweißausbrüche noch andere Symptome, dennoch begann mein Herz schnell und heftig zu schlagen. Ich hatte Angst, das Baby zu verlieren.
    Glücklicherweise hatte ich Freunde. Es waren zwar nicht viele, aber die wenigen standen mir nahe. Sie waren für mich da, wenn ich sie brauchte, so wie ich für sie da war, wenn sie mich brauchten. Ich liebte sie, und ganz besonders liebte ich Cornelius.
    Ich setzte mich auf den Toilettendeckel und wählte seine Nummer.
    Elizabeta meldete sich nach dem dritten Klingeln. Cornelius lag noch im Bett, er war erst weit nach Mitternacht heimgekommen. Ob ich nicht später noch einmal anrufen könnte.
    »Mist«, sagte ich und lehnte mich zurück. Der Kasten für die Toilettenspülung drückte sich in meinen Rücken.
    »Ich habe heute meinen freien Tag«, sagte Elizabeta.
    »Wecken Sie ihn, bitte«, sagte ich.
    »Dann hat er den ganzen Tag schlechte Laune. Sie wissen doch, wie er ist.«
    »Wer ist dran?«, hörte ich eine helle Jungenstimme.
    »Geben Sie mir Chris«, sagte ich.
    »Christopher Bluhm, guten Tag.«
    Ziemlich professionell, der Knabe.
    »Julie hier«, sagte ich. »Ich bin in Solthaven und muss deinen Vater sprechen.«
    »Er hat gesagt, ich darf ihn nicht wecken. Nicht wegen der

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