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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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und was willst du hier?«
    »Wer will das wissen?« Deryn hatte nicht vor, sich seine Verunsicherung anmerken zu lassen, doch sein Verhalten schien den beiden Bewaffneten zu missfallen. Mit einem Knurren setzten sie sich in Bewegung, die Hände an den Griffen ihrer Schwerter. Sie waren erst ein paar Schritte gegangen, als ein leiser Pfiff des Dicken sie innehalten ließ.
    »Du scheinst wirklich neu hier zu sein, deshalb verzeihe ich dir deine Unwissenheit – und deine Unverschämtheit. Deine Führerin hätte dich besser in die Sitten der Stadt einführen sollen.« Mit einem finsteren Blick musterte der fette Mann Danira, die auf dem Rücken der Echse sitzen geblieben war. »Ich bin Richter Grostan, ich sorge hier für Ordnung. Und bei mir kannst du auch Mehl, Fleisch und sonstige Dinge bekommen, die das Leben schöner machen. Wenn du für mich nützlich bist, bekommst du vielleicht einen Vorzugspreis. Wenn du mir im Weg stehst, wird dir das bald leidtun. Also – was führt einen feinen Herrn wie dich hierher? Welches Verbrechen hast du begangen?«
    »Nun, mein Name ist Deryn. So sehr es mich auch freut, Euch schon am Abend meiner Ankunft getroffen zu haben, muss ich doch eingestehen, dass die Reise mich ermüdet hat. Ich komme von weit her, und meine Geschichte ist lang. Fürs Erste werde ich bei Taric unterkommen, der Euch sicher bekannt ist. Darf ich vorschlagen, einen besseren Ort und eine bessere Zeit für unsere Unterredung zu wählen? Wie Ihr schon sagtet, es ist allzu unbekümmert, zu lange hier auf der Straße herumzustehen.«
    »Nein, ich denke, wir sollten uns sofort unterhalten. Dein Gesicht kommt mir bekannt vor, ich will es im Licht einer Lampe betrachten. Vielleicht fällt mir wieder ein, woher ich dich kenne, wenn wir ein bisschen plaudern – nachdem du freundlicherweise dein Schwert an meine Begleiter übergeben hast.«
    Deryn überlegte fieberhaft. Sollte er dem Dicken wirklich schon einmal begegnet sein? Die massige Gestalt und der Vollbart waren ihm tatsächlich vage vertraut, wenn auch die Glatze ihm fremd erschien. Auf jeden Fall legte er keinen Wert auf ein intimes Gespräch mit seinem Gegenüber, und der Gedanke, sich von seinem Schwert zu trennen, bereitete ihm Unbehagen. Auch wenn er die Waffe nur ungern zog – in diesem Land wurde ein Mann ohne Schwert einfach nicht ernst genommen.
    »Und wenn ich mein Schwert lieber behalten möchte?«, fragte er.
    Der Richter drehte sich gemächlich um und zeigte mit seinem Arm zu dem zerstörten Dachstuhl des Hauses, aus dem er gekommen war. Eine Gestalt erhob sich dort zwischen dem Geröll heraus und winkte mit einer Armbrust. Mit einem Seufzen ließ Deryn die Hände an den Schwertgurt gleiten, um den Verschluss zu lösen.
    In diesem Moment geschahen mehrere Dinge: Irgendwo im Norden der Stadt wurde eine Kriegspfeife geblasen, deren Signal den Richter und seine Handlanger sichtlich beunruhigte. Ihre Blicke wandten sich dem Himmel zu, während sie sich langsam zum Rand der Straße zurückzogen. Gleichzeitig hörte Deryn einen Schmerzensschrei vom Dach des Hauses her. Der Armbrustschütze war offenbar in ein Handgemenge verwickelt worden und flüchtete sich durch einen Sprung auf einen angrenzenden Trümmerhaufen, von wo er halb kletternd halb rutschend auf die Straße hinuntergelangte. Auf dem Dach erschien stattdessen eine andere Gestalt, eine Kapuze über dem Kopf, ein Umhang wehte von ihren Schultern.
    Ein anderes Geräusch, nahe bei ihm, zog Deryns Aufmerksamkeit auf sich. Seine Craith-Echse gab ein lautes Zischen von sich und zerrte an den Zügeln, die Deryn in der Hand hielt. Durch den plötzlichen Ruck überrascht, verlor er das Gleichgewicht, und die Zügel entglitten seinem Griff. Im nächsten Moment hörte er einen unterdrückten Schmerzenslaut von Danira. Die von Panik erfüllte Echse hatte das Bein des Mädchens zwischen ihrem Körper und der Wand eingequetscht, dann wirbelte sie herum und rannte davon. Eilig lief Deryn zu Danira hin, die zusammengekrümmt am Boden liegen blieb, und er beugte sich besorgt über sie. Gerade wollte er sie ansprechen, als eine laute Stimme ertönte:
    »Ein Drache! Such Deckung, schnell!« Der Ruf kam von der Gestalt auf dem Dach, und Deryn erkannte die Stimme sofort – es war Loridan.
    »Loridan!«, rief er, doch der Drachentöter beachtete ihn nicht. Er hatte beide Hände gegen den Himmel ausgestreckt, dann bewegte er die Arme langsam abwärts. Fasziniert verfolgte Deryn das merkwürdige Schauspiel – was

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