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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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hatte Loridan vor? Ein Wimmern von Danira rief ihm wieder die Gefährlichkeit der Situation ins Bewusstsein. Er nahm das Mädchen auf die Arme und lief los. Die Straße war inzwischen menschenleer. Wohin sollte er sich wenden? Er beschloss, sich der Wahl des Richters anzuschließen und lief auf das Haus zu, in dem die anderen verschwunden waren. So abstoßend er den dicken Mann auch fand – im Angesicht eines Drachen schien er eindeutig die bessere Gesellschaft zu sein.
    Als er das Haus erreichte, ließ Deryn das Mädchen zu Boden gleiten und stützte sie mit einer Hand, während er mit der anderen versuchte, die Tür zu öffnen. Doch vergeblich rüttelte er an dem metallenen Griff – die Tür war verschlossen. Langsam stieg Panik in Deryn auf. Er hob Danira wieder auf und rannte zum nächsten Haus, so schnell die Last auf seinen Armen es erlaubte. Ein Fußtritt beförderte die lose in den Angeln hängende Tür nach innen. Er sah, dass er keine gute Wahl getroffen hatte, denn das Haus bestand nur noch aus drei Mauern, und das Dach war restlos zerstört. In diesem Moment erhellte flackerndes Licht die Nacht. Als Deryn sich umwandte, sah er kurz Loridans Silhouette, die sich dunkel gegen den Feuerschein abzeichnete, dann verschwand der Drachentöter in einer Wolke brennender Gase. Es war keine Zeit mehr, sich ein besseres Versteck zu suchen. Deryn eilte in die Ecke des Hauses, legte Danira ab und kauerte sich über sie, um sie mit seinem Körper zu schützen. Er hörte das Rauschen der Schwingen und spürte den Windhauch, als der Drache in geringer Höhe über sie hinwegstrich.
    »Hier ist es nicht sicher, schnell!« Obwohl Daniras Stimme drängend war, brauchte Deryn einen Augenblick, um seine Furcht zu bewältigen. Schließlich stand er auf und half auch dem Mädchen auf die Füße.
    »Kannst du laufen?«
    »Ja. Schnell, komm mit.« Mit unsicheren Schritten verließ Danira das Haus über die Trümmer der eingestürzten Wand hinweg. »Dort drüben gibt es einen tiefen Keller!«
    Besorgt blickte Deryn zum Himmel auf, er konnte allerdings keinen Hinweis auf den Verbleib des Drachen entdecken. Rasch folgte er dem Mädchen durch ein Geröllfeld auf das benachbarte Haus zu. Sie betraten das Gebäude durch die leere Türöffnung und bewegten sich vorsichtig durch die Trümmer. Wieder erhellte flackerndes Licht die sich verdichtende Dunkelheit des Abends. Eine Feuerwolke bewegte sich auf sie zu, spendete genug Licht, um den Flüchtenden den Weg durch das zerstörte Haus zu zeigen. Danira zog Deryn die Stufen einer Treppe hinunter. Er spürte, wie die Hitze des Feuers in das Haus eindrang, seine Haare versengte und in seinem Nacken glühte. Sie drangen tiefer in das Gewölbe vor, stolperten durch völlige Finsternis, und schon nach wenigen Schritten stieß Deryn schmerzhaft mit dem Kopf gegen eine Kante. Trotzdem gingen sie weiter, tasteten sich vorsichtig um mehrere Ecken, bis das Mädchen sich zu Boden kauerte und Deryn mit sich zog. So verharrten sie, wartend, zitternd vor Angst und Anstrengung. Einige Augenblicke vergingen, dann sahen die beiden erneut Feuerschein. Sie klammerten sich aneinander, hielten den Atem an, doch nur ein Hauch heißer Luft erreichte sie in ihrem Versteck. Hoffnung stieg in ihnen auf – waren sie in Sicherheit? Plötzlich ließ ein lautes Poltern von der Treppe her sie erneut zusammenfahren.
    »Keine Angst, der Drache kann hier nicht herein«, flüsterte Deryn, vor allem, um sich selbst die Furcht zu nehmen. Dass der Drache nicht in die engen Gänge vordringen konnte, war offensichtlich, trotzdem waren sie noch nicht in Sicherheit, denn das Wüten der Kreatur mochte sehr wohl das Gewölbe zum Einsturz bringen und sie lebendig in ihrem Versteck begraben. Sie verharrten aneinander gedrängt, lauschten ängstlich den Geräuschen fallender Steine, die in den Gang polterten. Dann hörten sie einen anderen Laut, der widerhallend von allen Seiten auf sie eindrang – ein kreischendes Heulen, das die Luft um sie herum ins Schwingen brachte, sich unbarmherzig in all ihre Sinne bohrte, bis sie sich verzweifelt die Hände an die Ohren pressten. Sie hörten den Schrei des Drachen.
    *
    Es war schon nach Mitternacht, als Carilon und Seregon ihre Echsen durch das Stadttor von Car-Osidia trieben. Das Licht der Laternen, die den Durchgang erhellten, spielte auf den Rüstungen aus matt schimmerndem Stahl, in die beide Reiter gehüllt waren. Jede einzelne Panzerplatte war mit einem engen Muster eingravierter

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