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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Frau und legte seine Rune auf ihre Brust. Verzweifelt wartete er auf ein Lebenszeichen, doch nichts geschah. Schließlich schüttelte er betrübt seinen Kopf und fasste tröstend nach Selinas Hand. Als er sich schließlich wieder umwandte, war der Geist des alten Zauberers verschwunden.
    Im Schein von Timons Licht sahen sich die Gefährten nun um, und auch Selina brachte ihren Zauberkristall zum Leuchten. Ul’urs Nebelwelt hatte sich aufgelöst, war einer Realität gewichen, die kaum weniger erschreckend wirkte. Ihre Lichter reichten nicht weit, erhellten nur schwach die zerfallenen Mauern von Car-Lanadhon – und dazwischen sahen die Gefährten Ul’urs Opfer. Manche von ihnen trugen Gewänder, einst vielleicht reich und farbenfroh, doch nun schmutzig und zerschlissen. Andere waren nur in Fetzen gehüllt, und bei manchen waren sogar die Körper selbst schon halb zerfallen. Dann bewegte sich etwas zwischen den Ruinen, und eine Gestalt kam mit schwankenden Schritten auf die Gefährten zu. Der Schein ihrer Lichter offenbarte ein verzerrtes Gesicht, das mit blutigem Schlamm besudelt war. Die beiden Drachentöter zogen ihre Schwerter und traten dem Ankömmling entgegen, der eine tastende Hand nach ihnen ausstreckte. Plötzlich erstarrte Loridan und senkte seine Waffe.
    »Gerric?«, fragte er, und bangend betrachtete er den jungen Mann. War der Soldat auch einer von Ul’urs Dienerschaft geworden? Einen endlos scheinenden Moment blieb Gerric reglos stehen, seinen Arm weiter vor sich ausgestreckt, dann wischte er mit einer Hand durch sein Gesicht und sank auf die Knie.
    »Ist der Traum zu Ende?«, flüsterte er.
    »Ja«, antwortete Loridan. »Und es ist gut, Euch wieder bei uns zu haben.«
    Sie führten Gerric zurück zu den anderen Gefährten, die traurig neben Melias leblosem Körper verharrt hatten. Als sie den Verwundeten notdürftig versorgt hatten, tauchten plötzlich Lichter auf der breiten Straße auf, die vom Fuß des Hügels her geradlinig zum Gipfel verlief.
    »Das müssen unsere Freunde sein«, sagte Loridan. »Timon, bitte gib ihnen ein Zeichen.«
    Der junge Zauber schwenkte daraufhin sein Licht über seinem Kopf hin und her, und die Männer, die sich mit Fackeln in der Hand näherten, kamen ihnen nun mit schnellen Schritten entgegen. Erleichtert sah Loridan, dass es Tirandor und Sad Olgar waren.
    »Ihr habt es geschafft«, sagte der Priester. »Ul’ur ist bezwungen.«
    »Vielleicht«, antwortete Loridan. »Aber um einen hohen Preis. Melia ist tot – und wir haben keine Spur von Jandaldon gefunden.«
    »Habt Ihr das Amulett versucht?«, fragte Tirandor.
    »Ja, doch es zeigte keine Wirkung.«
    Gemeinsam mit Sad Olgar beugte Tirandor sich über die alte Frau, schon wenig später schüttelte er allerdings betrübt seinen Kopf.
    »Auch ich kann nichts mehr für sie tun«, sagte er, dann wandte er sich Gerric zu, der immer noch benommen erschien, sich aber langsam von seiner Erschöpfung erholte.
    »Melia starb, um uns vor Ul’ur zu retten«, sagte Loridan zu Sad Olgar. »Doch wie ist es Euch ergangen? Wart Ihr nicht in Ul’urs Bann geraten?«
    »Nein, er zog an mir vorüber. Doch nun müssen wir Jandaldon finden. Sollte er nicht unter den Überlebenden sein, dann wäre Melias Opfer vergebens gewesen. Auch der Sieg über Ul’ur wäre dann bedeutungslos.«
    »Dann lasst uns nach dem Sänger suchen.« Tirandor erhob sich. »Gerric wird es bald besser gehen, und wir können uns später um Melia kümmern – und um die anderen Toten.«
    Inzwischen waren weitere Männer mit Fackeln angekommen, und gemeinsam begannen sie, die Trümmer der Stadt zu durchsuchen. Mehrere Überlebende fanden sie, doch obwohl diese Menschen atmeten und ihre Herzen schlugen, waren ihre Blicke leer, und ihr Geist schien tot.
    Im Licht von Selinas Zauberkristall bahnte Loridan sich einen Weg durch die Ruinen. Immer weiter hatten sie den Kreis ihrer Suche ausgedehnt, doch immer noch fehlte jede Spur von Jandaldon. Eine bleierne Müdigkeit lastete auf dem Ritter, und er nahm an, dass dies eine Folge ihrer Gefangenschaft in Ul’urs Reich war. Trotzdem war er nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben. Gelegentlich ertönten Rufe aus verschiedenen Richtungen, wenn andere Suchende auf weitere von Ul’urs Opfern stießen. Immer wenn dies geschah, verharrte Loridan, blickte voller Hoffnung zu den fernen Gefährten hin, doch jedes Mal erwies es sich als neue Enttäuschung.
    Endlich setzte er sich erschöpft auf eine Mauer und schloss seine Augen. Es

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