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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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den Geheimnissen der Magie. Er wusste nicht mehr, wie viele alte Ruinen und Gemäuer er erkundet hatte, selten jedoch hatte eine tote Stadt ihn mehr erschreckt als Car-Lanadhon. Vielleicht lag immer noch etwas von Ul’urs finsterer Macht auf den alten Steinen, vielleicht war es auch das unermessliche Alter dieser Stadt, das ihn zu erdrücken schien. Hier war das Herz des Menschenreiches gewesen am Anbeginn der Schöpfung.
    »Bitte, lass uns gehen«, sagte Danira, die am anderen Ende des Gewölbes wartete. Timon sah, dass sie gebannt in eine Ecke starrte, und er trat neben sie und folgte ihrem Blick. Ein Schauder erfasste ihn, als sein magisches Licht die Überreste eines Menschen beleuchtete, nicht mehr als ein Haufen verwesenden Fleisches, aus dem bleiche Knochen hervorstanden. Ohne eine Antwort abzuwarten, machte Danira sich auf den Rückweg, und Timon folgte ihr durch den schmalen Durchlass, der ins Freie führte. Dort wartete Gerric auf sie, denn er hatte sich erboten, die beiden auf ihrem Ausflug in die Stadt zu begleiten.
    »Ich möchte zurück ins Lager«, sagte Danira. »Diese Ruinen sind zu schrecklich.«
    Kurz zögerte Timon noch, denn bislang hatten sie noch nichts Nennenswertes gefunden, doch auch ihm waren die grauenvollen Leichen zuwider, von denen sie schon mehrere entdeckt hatten.
    »Also gut«, sagte er. »Es wird ohnehin bald dunkel.«
    Sie eilten die Hauptstraße der Stadt hinunter und folgten dann dem schmalen Pfad zu dem abgelegenen Tempel, wo sie auch vor ihrer Begegnung mit Ul’ur übernachtet hatten. Nach einer ruhelosen Nacht inmitten der Ruinen waren sie am Morgen zu dem Lager zurückgekehrt, und sie hatten beschlossen, den ganzen Tag an diesem geschützten Ort zu verbringen, denn es gab mehrere Verletzte, die im Kampf gegen Tarth-Echsen und Untote Wunden davongetragen hatten. Schlimmer noch war der Zustand derer, die unter Ul’urs Einfluss geraten waren. Viele von ihnen waren völlig entkräftet, auch wenn sie nicht verwundet waren. Ihre Blicke waren leer, und sie sprachen nicht und zeigten keinerlei Regung. Wenigstens waren einige von ihnen aus ihrem Zauberschlaf erwacht, nachdem Tirandor ihnen seine heilkräftigen Kräuter verabreicht hatte.
    Als sie dem Lager entgegenstrebten, kamen sie an den Gräbern vorüber, in denen sie Melia und die anderen Gefallenen ihrer Gemeinschaft bestattet hatten. Mit trauriger Miene blieb Danira dort zurück, während Timon zügig weiterging. Er fand die Gefährten in gedrückter Stimmung vor, offenbar erschöpft von ihrer mühseligen Arbeit, denn sie hatten auch viele Tote, die nicht zu Melias Gefährten gehört hatten, in einem großen Grab am Rand der Stadt beerdigt. Jandaldon lag schlafend ein wenig abseits von den anderen, und auch einige weitere Verwundete lagen dort, zwischen denen Tirandor geschäftig hin und her lief. Es kam Timon nicht ungelegen, dass die anderen in sich gekehrt beieinandersaßen, denn auch er wollte lieber allein sein. Er nahm sich ein wenig Brot und Trockenfleisch und setzte sich an den Platz, wo seine Decke und seine sonstigen Besitztümer lagen. Eine Weile kauerte er am Boden und ordnete seine Zaubermaterialien, auch wenn sein Blick immer wieder von der toten Stadt angezogen wurde.
    Als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, verschwammen die Ruinen zu gespenstischen Umrissen und versanken dann in Dunkelheit. Erst jetzt konnte Timon seine Augen von der Stadt losreißen, und er wandte sich zu seinen Gefährten um. Einige von ihnen hatten sich bereits zur Ruhe gebettet, doch Loridan und Tirandor saßen noch am Feuer und sprachen leise zueinander. Timon seufzte leise und suchte sich dann eine geschützte Stelle unter einer der Zeltplanen, wo er sich in seine Decke rollte. Er verspürte kein Bedürfnis mehr, sich dem Gespräch der Männer anzuschließen, denn erst jetzt bemerkte er, wie erschöpft er war. Es dauerte nicht lange, bis die Müdigkeit ihn übermannte, sein Schlaf war allerdings nicht tief. Auch wenn Ul’ur vernichtet war, schien das Land immer noch mit seiner finsteren Macht getränkt zu sein. Die Ruinen von Car-Lanadhon waren eine Heimat dunkler Träume, genauso wie der tote Wald, den sie vor wenigen Tagen durchquert hatten. Düstere Schemen drangen in Timons Schlaf, Träume von Tod und Vernichtung. Eine Weile wälzte er sich unruhig auf seinem Lager herum, geplagt von düsteren Visionen, in denen halb verweste Untote ihn durch die Straßen einer zerstörten Stadt verfolgten. Und plötzlich hörte er eine leise

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