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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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kam ihm in den Sinn, dass die Auserwählten ihre Gedanken vereinen könnten, um Jandaldon zu finden – so hätten sie sich vielleicht eine Menge Arbeit ersparen können. Doch gleich darauf wurde ihm bewusst, dass diese Arbeit ohnehin getan werden musste, um die vielen anderen Opfer von Ul’ur zu finden. Er seufzte, wollte sich wieder erheben, als nahe bei ihm ein leises Geräusch ertönte. Verstört stand er auf, blickte hinter die Mauer, auf der er gesessen hatte. Im Licht seines Zauberkristalls sah er einen Mann in zerlumpter Kleidung, der zitternd am Boden kauerte und die Beine mit seinen Armen umschlungen hielt. Erst als er sich über die entkräftete Gestalt beugte, fiel Loridans Blick auf einen Lederbeutel, aus dem der zerbrochene Hals einer Laute hervorschaute. Der Mann war Jandaldon!
    Laut rief der Ritter Tirandors Namen, und er schwenkte sein funkelndes Licht, auch wenn er nicht wusste, wo der Heiler sich gerade befand. Dann erst kniete er sich neben Jandaldon, fasste nach seinen Schultern. Gesicht und Kleidung des Sängers waren mit übel riechendem Schlamm bedeckt, seine Augen waren geschlossen.
    »Jandaldon«, sagte er drängend, während er den Bewusstlosen sachte schüttelte, doch dieser regte sich nicht. Unschlüssig verharrte Loridan, unsicher darüber, ob der Sänger vielleicht verwundet war. Einem plötzlichen Impuls folgend zog er die Fain-Rune hervor und berührte damit Jandaldons Stirn. Sofort endete dessen Zittern, und ein kräftiger Atemzug ging durch seinen Körper. Endlich öffneten sich auch seine Augen, doch sein Blick blieb leer. Noch einmal erhob sich Loridan, um nach Tirandor zu rufen, und erleichtert sah er, dass der Heiler sich rasch näherte.
    »Er lebt, doch er kommt nicht zu Bewusstsein«, sagte der Ritter.
    »Wir wollen ihn zu den anderen bringen, vielleicht können meine Kräuter ihm helfen.«
    Auf die beiden Gefährten gestützt ließ Jandaldon sich mit langsamen Schritten an den Ort führen, wo sie Melias Leichnam zurückgelassen hatten. Weitere Tote waren mittlerweile dort zusammengetragen worden, etwas abseits lagen jedoch auch mehrere Verwundete und Bewusstlose. Danira und Selina, die bei den hilflosen Menschen verharrt hatten, sprangen auf und kamen den Ankömmlingen entgegen.
    Plötzlich spürte Loridan, wie eine Regung durch Jandaldons Körper ging. Zuvor hatte er sich willenlos führen lassen, nun richtete sein Blick sich auf Selina, und seine Arme versteiften sich.
    »Mein Engel«, sagte er, so leise, dass es kaum zu hören war. Dann stand Selina vor ihnen, fasste nach der Hand des Sängers, die dieser zögernd nach vorne gestreckt hatte.
    »Nein, du bist kein Engel.« Bekümmert schüttelte er seinen Kopf. »Ich war blind, so viele Jahre, doch nun sehe ich klarer als je zuvor. Ich habe den Tod gesucht, und ich bin ihm entkommen, mehr als ein Mal. Ihr hattet recht, Tirandor, mein Freund – hier in diesem Land habe ich Heilung gefunden.«
    »Es freut mich, dies zu hören.« Der Heiler lächelte. »Doch es scheint wie ein Wunder, dass Ihr nun auch diese Begegnung mit Ul’ur ohne Schaden überstanden habt.«
    Jandaldon löste sich von Loridan und Tirandor, die ihn immer noch gestützt hatten. Schwankend stand er zunächst, dann straffte sich sein Körper.
    »Dieses Land hat mich nicht nur geheilt. Es hat mich stärker gemacht als ich je war. Ich bin durch Wasser und Feuer gegangen, und so konnte auch Ul’ur mich nicht vernichten. Ja, ich habe überlebt, doch noch ist das Unrecht nicht getilgt, das meine Seele belastet. Seid Ihr hierhergekommen, um mich an meine Schuld zu erinnern?«
    »Wir sind gekommen, weil wir Euch brauchen«, sagte Loridan. »Hat Melia Euch nicht von den Auserwählten berichtet, zu denen Ihr gehört?«
    »Doch, das hat sie. Wo ist sie nun?«
    »Melia ist tot, und dennoch hat sich ihre Hoffnung erfüllt: Die Auserwählten sind endlich vereint. Denn dies sind Danira und Timon, Reine wie auch Ihr es seid. Und auch Selina und ich gehören dazu. Gemeinsam müssen wir den Weg zurück nach Norden gehen, um uns dem Bösen zu stellen.«
    »Dann lasst uns dies tun.« Jandaldon seufzte, dann entdeckte er das Bündel, das über Loridans Schulter hing. Dieser bemerkte den Blick des Sängers und reichte ihm die Ledertasche mit der zerbrochenen Laute. Rasch fasste Jandaldon tief in die Hülle hinein, bis seine suchenden Finger einen kleinen Beutel zum Vorschein brachten.
    »Dies ist ein Geschenk, das ich für Euch mitgebracht habe«, sagte er zu Tirandor. »Ich

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