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Brüder im Kosmos

Brüder im Kosmos

Titel: Brüder im Kosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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draußen blieb.
    Plötzlich weiteten sich seine Augen. Er starrte in den Korridor. Sein Mund klappte auf.
    Felix’ Rückenhaar sträubte sich. Er brauchte dem verdutzten Blick des anderen nicht zu folgen – die Gedanken des Mannes spiegelten mit erschreckender Klarheit, was seine Augen sahen.
    Etwa zwanzig Kleine waren an der Kreuzung am anderen Ende des Korridors gelandet. Felix hatte sie vergessen; sie waren diejenigen, die im Labor gewartet hatten, aber weil die Relaisposten abgerufen worden waren, wußten sie nichts von Sängers mißlungenem Versuch, den Menschen aufzuhalten. Beobachtet von dem verdutzten Besatzungsmitglied, startete die Gruppe wie sie gelandet war – in einer geschlossenen, streng geometrischen Formation –, und verschwand in die Richtung der Raketenstation. Beim Abspringen mußten die Kleinen gesehen haben, daß ein Mensch halb verdeckt in der Türöffnung stand und sie anstarrte, aber solange sie im schwerelosen Flug durch die Mitte des Korridors sausten, konnten sie nicht reagieren.
    Es war ein jämmerlicher Zufall, ein lausiges Pech. Wären sie eine Sekunde später gekommen, wäre der Mann in die Krankenstation getreten und hätte nichts bemerkt. Aber, nein. Bittere, aus Verzweiflung geborene Wut flammte in Felix auf, als er dachte, wie nahe sie ihrem Ziel gewesen waren – die freundlichen, sanftmütigen, unpraktischen, allzu intelligenten Kleinen, und ihre langsamen, scheinbar dummen, aber liebenswerten großen Brüder. Aber die meisten von ihnen konnten noch gerettet werden – diejenigen, die bereits in der Sonde waren –, wenn Felix sich zu schnellem Handeln aufraffte.
    Die anfängliche Überraschung des Mannes hatte einer starken Neugierde Platz gemacht, in die sich unterschwellig bereits ein Verdacht zu mischen begann. Felix begriff, daß ihm kaum noch Zeit blieb. Anfangs hätte er seine Wut unter Kontrolle halten können, doch nun fachte er sie absichtlich an, nährte sie mit Erinnerungen, schmerzhaften und erniedrigenden Vorfällen. Denn für das, was er zu tun hatte, mußte er in einer geeigneten Stimmung sein. Er wußte nicht, ob er sich selbst und der sentimentalen Denkweise noch vertrauen durfte, die er in letzter Zeit angenommen hatte.
    Aus der Raketenstation kamen Whiteys verzweifelte Sendungen, die ihm zu Mäßigung und Nachdenken rieten, aber sie verdampften wie Wassertropfen in der lodernden Glut. Seine Wut steigerte sich noch, als Whitey sendete, er solle zur Sonde kommen, und sein Gehirn registrierte rein mechanisch und auf einer kaum bewußten Ebene, daß die Gruppe der Kleinen in der Luftschleuse gelandet war und von Whitey Anweisungen erhielt.
    Der Mensch hing ungefähr zehn Meter entfernt, mit einer Hand die Tür haltend, die andere im Hemd, wo sie den Vogel hielt. Der Mann war praktisch wehrlos. Felix merkte, daß alle Kleinen jetzt gemeinsam an ihn dachten, aber es hatte keine Wirkung auf ihn.
    Einen Augenblick lang spannte er sich für den Sprung, kalkulierte die Distanz und beobachtete das Gesicht des Mannes. Dann schnellte er darauf zu, mörderische Entschlossenheit im Herzen.
    Er kam nie ins Ziel.
     
    Die Massenträgheit einer fliegenden Maus ist unerheblich, aber zwanzig von ihnen, die gemeinsam sprangen und ihn gemeinsam trafen, waren mehr als genug, um seinen Angriff auf den Menschen aus der Richtung zu bringen. Felix prallte inmitten einer Wolke von Kleinen in das Wandnetz, einen knappen Meter vor seinem Ziel. Diese Wendung der Ereignisse schockte ihn so, daß er sich nicht gleich weiterbewegen konnte, aber der Mann brauchte keine Besinnungssekunde. Er stieß die Tür zu und sich durch den Korridor und dachte dabei, daß er noch in lebenden Mäusen ertrinken würde, wenn er sich nicht rasch davonmachte; und dann dachte er, daß Mäuse sich nicht so benehmen sollten, und daß Felix’ Verhalten reichlich sonderbar sei.
    Von dem Augenblick an begannen die Gedanken des Mannes herumzuspringen. Scheinbar zusammenhanglose Beobachtungen und Ereignisse fügten sich in seinem Geist zu einer Kette von Indizien: durchgeknabberte Kabel, fehlende Schaltelemente, winzige, aber wichtige Geräteteile, die durch Sabotage unbrauchbar gemacht worden waren. War es möglich …?
    Just in diesem Moment trug ihn sein Sprung an der offenen Luftschleuse der Raketenstation vorbei. Er sah, was im Innern geschah.
    Felix hatte nicht bemerkt, wie still es gewesen war, bevor die Alarmsirene losheulte. In dumpfer Verzweiflung sah er den Mann in ein Wandtelefon rufen und den roten

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