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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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oder behaupten, sie wären ihnen gestohlen worden; aber jeder, der im Gefängnis sitzt, sitzt dort ja aus einem Grund, nicht wahr, und dieser Grund muss dem Gemeinwohl widersprechen, und wie einer der Männer sagt: Diese Adligen sehen für mich alle gleich aus, ich kann sie nicht unterscheiden.
    Manche wissen, dass sie dem Tod geweiht sind; einige beten noch, andere sterben schreiend und um sich schlagend, setzen sich bis zum letzten Atemzug zur Wehr. Ein aufgebrachter Schlachter kommt vor das Tribunal gestampft: »Gebraucht gefälligst eure Köpfe, gebt uns eine Chance, wir kommen nicht hinterher.« Also werden die Gefangenen leichthin von den Richtern fortgeschickt: »Geh schon, du bist frei.« Hinter der Tür wartet der Henker und fällt sie mit sicherer Hand. Ihr letzter Gedanke ist: Freiheit.
    NACHMITTAG: Prudhomme, der junge Journalist, wartete darauf, dass Danton aus seiner Sitzung kam. Er wusste nicht, dass Danton den Oberaufseher der Gefängnisse für seine Proteste nur ausgelacht und Rolands Privatsekretär wüst beschimpft hatte. Seit jenem Tag ’91, als er von einer Horde von Nationalgardisten mit Camille verwechselt und fast umgebracht worden war, empfand Prudhomme, dass ihn Danton und seine Freunde etwas angingen.
    Dantons Blick glitt über ihn hinweg. »Die Gefangenen werden niedergemetzelt«, rief Prudhomme ihm entgegen.
    »Hören Sie mir auf mit den Gefangenen. Die sollen auf sich selbst aufpassen.« Mit langen Schritten eilte Danton weg. Camille starrte Prudhomme an, aber auch diesmal wollte es ihm nicht gelingen, sich dessen verblassende Narben auf seinem eigenen Gesicht vorzustellen.
    »Das hat alles seine Ordnung«, sagte er. Er klang nervös und schuldbewusst, was jedoch mehr durch Prudhomme bedingt war als durch die Situation als solche. Er tupfte leicht gegen Prudhommes geballte Faust. »Es läuft alles nach Plan. Keinem Unschuldigen wird ein Haar gekrümmt. Wenn seine Sektion für einen Gefangenen bürgt, wird er auf freien Fuß gesetzt. Es ist –«
    »Camille!« Danton war stehen geblieben und rief ihn mit barscher Stimme. »Was dauert denn da so lange, verdammt?«
    Er hätte ihn am liebsten durchgeprügelt. Ihn oder Prudhomme. Seine offizielle Haltung war: Ich weiß von nichts.
    In der Force wurde die Prinzessin von Lamballe ermordet, möglicherweise auch vergewaltigt. Nachdem die Meute ihre innersten Organe herausgerissen und auf Piken gesteckt hatte, schnitt sie ihr den Kopf ab und trug ihn zu einem Friseur. Der arme Mann wurde mit vorgehaltenem Messer gezwungen, das schöne blonde Haar der Prinzessin zu locken und zu frisieren. Dann ging es im Triumphzug zum Temple, wo die Familie Capet eingesperrt war. Dort spießte man den Kopf auf eine Pike und ließ ihn vor den hohen Fenstern im Wind schwanken. »Sag deiner Freundin guten Tag!«, forderte man die Frau im Turm auf.
    Voltaire:
Die Vernunft muss zuerst in den Köpfen der Herrschenden einziehen, dann steigt sie nach und nach herab und regiert schließlich auch das Volk, das sich ihrer zwar nicht bewusst ist, aber die Mäßigung seiner Anführer sieht und es lernt, sie nachzuahmen.
     
Neun Arten, auf die der Mensch an der Missetat eines anderen teilhaben kann:
     
Durch Ratschlag
Durch Befehl
Durch Einverständnis
Durch Aufstachelung
Durch Lob oder Schmeichelei
Durch Vertuschung
Durch Mittäterschaft
Durch Verschweigen
Durch Verteidigung der bösen Tat
    Wenn Robespierre das Wort ergriff, legten die Mitglieder des Kommunalen Wachkomitees ihre Federn nieder und sahen ihn an. Sie raschelten nicht mit ihren Papieren, sie putzten sich nicht die Nase oder ließen die Blicke schweifen. Wenn sie hüsteln mussten, dann unterdrückten sie es. Sie setzten sich gerade hin und machten strebsame Gesichter. Er erwartete Aufmerksamkeit von ihnen, also bekam er sie auch.
    Es gebe ein Komplott, eröffnete er ihnen, den Herzog von Braunschweig auf Frankreichs Thron zu heben. So unglaublich dies auch scheinen möge – er sah von einem zum anderen, und keiner erlaubte sich eine ungläubige Miene –, die Anführer der Koalition verfolgten solche Pläne, und Franzosen unterstützten sie! Er nannte Brissots Namen.
    Billaud-Varennes, Dantons ehemaliger Kanzleigehilfe, sprach ihm auf der Stelle seine Zustimmung aus – oder nölte sie vielmehr, dachte Max; er mochte Billaud nicht. Der Mann rühnte sich einer erstaunlichen Gabe: Er behauptete, einen Verschwörer erkennen zu können, einfach indem er ihm in die Augen blickte.
    Die Mitglieder des Ausschusses

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