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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Pétion, »ob Robespierre wohl auch meinen Kopf will?« Danton zuckte die Achseln, er wusste es nicht. Pétion senkte den Blick, beschämt über seine Gedanken. »Manon sagte heute Morgen erst: ›Robespierre und Danton schwingen die große Axt über uns allen.‹«
    »Und was habt ihr der guten Dame geantwortet?«
    »Wir haben gesagt, immerhin, Bürgerin, ist Robespierre nur ein kleiner Abgeordneter.«
    Danton stand auf. »Ich schwinge keine Axt. Sagt ihr das. Aber eine Axt gibt es. Und ich denke nicht daran, den Kopf darunterzulegen.«
    »Ich begreife nicht, womit wir das verdient haben«, murmelte Pétion.
    »Ich schon. Ich meine, wenn ich Robespierre wäre, wüsste ich es nur zu genau. Euereins hat so lange den eigenen politischen Vorteil gesucht, dass ihr völlig vergessen habt, warum ihr ursprünglich einmal an die Macht wolltet. Ich werde euch nicht verteidigen – nicht öffentlich. Camille bearbeitet mich schon seit Monaten wegen Brissot. Marat auf seine Art ganz genauso. Und Robespierre – ja, natürlich hat er Dinge gesagt. Aber wir dachten, er redet nur.«
    »Er wird erfahren, wer ihm das Handwerk gelegt hat.«
    »Er ist kein Diktator.«
    Pétions harmloses Gesicht war noch immer ausdruckslos vor Bestürzung. »Vielleicht ist er Ihnen ja sogar dankbar, oder? Weil Sie ihn vor den Folgen einer unüberlegten Handlung bewahrt haben? Vor einer Handlung im Affekt?«
    »Affekt? Er kennt keinen Affekt. Ich habe gefragt, ob er den Verstand verloren hat, aber das war Unsinn. Man könnte ihn fünfzig Jahre in ein Verlies sperren, ohne dass ihn das um den Verstand bringt. Er hat alles, was er braucht, im Kopf.« Er ließ die Hand einen Moment lang auf Pétions Schulter liegen. »Ich sage Ihnen, er überlebt uns beide.«
    Als Danton in seine Wohnung zurückkam, ein Hüne in Scharlachrot, empfing seine Frau ihn mit anklagendem, verschwollenem Gesicht; sie wich vor seinen ausgestreckten Armen zurück und überkreuzte die Hände vor ihrem Bauch, wie um das Kind darin vor ihm zu verstecken.
    »Oh, Gabrielle«, sagte er. »Wenn du nur wüsstest. Wenn du wüsstest, wie vielen Menschen ich das Leben gerettet habe.«
    »Bleib mir vom Leib«, sagte sie. »Ich mag gar nicht in einem Zimmer mit dir sein.«
    Er klingelte nach einem der Mädchen. »Kümmert euch um sie«, befahl er.
    Er stampfte hinüber zu den Desmoulins. Dort war nur Lucile, die still mit der Katze auf dem Schoß in einem Sessel saß. Alles war mit an die Place des Piques gezogen: Kind, Katze, Klavier. »Ich habe Camille gesucht …«, sagte er. »Nein, nein, nicht so wichtig.« Er ließ sich neben ihrem Sessel auf ein Knie nieder. Die Katze brachte sich mit einem sauberen Sprung nach der anderen Seite in Sicherheit. An Robespierre reibt sich diese Katze und schnurrt, dachte er. Von wegen tierischer Instinkt.
    Lucile streckte behutsam die Hand aus, berührte seine Wange, strich ihm über die Stirn, so zart, dass er es kaum spürte.
    »Lucile«, sagte er, »geh mit mir ins Bett.« Was weiß Gott nicht das war, was er hatte sagen wollen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hätte Angst vor dir, Georges. Und außerdem, würden wir euer Bett nehmen oder unseres? Die Betten sind ja an sich schon so einschüchternd – ihr habt die Krone, aber wir müssen uns mit diesen Massen an vergoldeten Putten herumschlagen. Ständig stoßen wir an irgendwelche kleinen goldenen Fäuste und Füßchen.«
    »Lucile, ich flehe dich an. Ich brauche dich.«
    »Nein, ich glaube, es ist dir ganz recht, wenn alles beim Alten bleibt. Du bittest höflich, ich sage nein – das hat sich doch bewährt. Und heute wäre schon gar nicht der richtige Tag dafür. Für dich würde es sich hinterher nur mit Robespierre vermischen. Du würdest mich hassen, und das wäre mir furchtbar.«
    »Nein, nein, niemals täte ich das.« Sein Ton änderte sich schlagartig: »Was weißt du von Robespierre?«
    »Es ist erstaunlich, was man alles erfährt, wenn man nur stillsitzt und zuhört.«
    »Das heißt, Camille wusste davon – er wusste es, er muss gewusst haben, was Robespierre vorhat.«
    Wieder berührte sie sein Gesicht; die Berührung und die Sanftheit ihrer Stimme hatten fast etwas Andächtiges. »Frag nicht, Georges. Besser, du fragst erst gar nicht.«
    »Macht es dir nichts aus? Macht es dir nichts aus, was wir getan haben?«
    »Vielleicht schon – aber ich gehöre doch selber dazu. Bei Gabrielle ist das etwas anderes, sie denkt, du hast deine und ihre Seele für immer der Verdammnis geweiht. Aber ich

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