Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
Argumentation der Anwälte vor dem Tod. Aber es sollte die Natur sein, die den Tod über einen bringt – man sollte gegen den Tod nicht argumentieren können.«
    »Und warum Sie diesen ganzen Unfug über mich bringen, ist mir schon gar nicht klar.«
    »Ich nehme an, für Sie – zumindest in Ihrer derzeitigen Gemütslage – ist das Ganze nur durch den Rechtsweg hinnehmbar. Besser hinnehmbar, wenn es ein fairer Prozess ist, und weniger hinnehmbar, wenn die Zeugen unter Druck gesetzt werden und die Verhandlung verkürzt wird. Aber für mich ist weder das eine noch das andere hinnehmbar, verstehen Sie? Je mehr argumentiert wird, desto schlimmer. Ich ertrage das nicht mehr.« Eine Pause entstand. »Schreiben Sie gerade an etwas?«, fragte der Marquis dann. »Ich meine, außer Ihrem theologischen Werk?« Wieder missverstanden; seine furchtsamen, hellen Augen erinnerten an die eines Hasen, der auf Schritt und Tritt mit einer Falle rechnet.
    Camille zögerte. »Ich spiele mit dem Gedanken, etwas zu schreiben. Aber ich muss erst mal schauen, wo ich Unterstützung finde. Es ist schwierig. Wir wissen, dass es Verschwörungen gibt, unser Leben wird förmlich von ihnen aufgefressen. Wir wagen es nicht, offen zu unseren besten Freunden zu sprechen, unseren Frauen, Kindern oder Eltern noch zu trauen. Klingt das melodramatisch? Es ist wie Rom unter Kaiser Tiberius.«
    »Das kann ich nicht beurteilen«, sagte de Sade, »aber wenn Sie es sagen, wird es wohl so sein. Ich war schon mal in Rom, wissen Sie? Reine Zeitverschwendung. Die haben rund ums Kolosseum lauter kleine Kapellen gebaut, das ruiniert alles. Und den Papst habe ich gesehen. Die Inkarnation der Gewöhnlichkeit. Aber Tiberius war vermutlich noch schlimmer.« Er blickte auf. »Was würden Sie tun, wenn Sie meine Ansichten hätten?«
    »Über den Papst?«
    »Über den Terror.«
    »Ich glaube, an Ihrer Stelle würde ich sie für mich behalten.«
    »Dazu ist es schon zu spät. Ich habe bei einem Treffen meiner Sektion gesagt, dass der Terror bald aufhören muss. Wahrscheinlich werde ich demnächst verhaftet. Dann werden wir erleben, was wir erleben. Ich sage es Ihnen, lieber Bürger Camille: Es sind nicht die Tode, die ich nicht ertrage. Sondern die Urteile, die Urteile im Gerichtssaal.«
    Danton kam am 20. November zurück. Er hatte Briefe von Robespierre, Fabre und Camille in der Tasche. Der von Robespierre hatte etwas leicht Hysterisches, der von Fabre klang weinerlich, und der von Camille war schlichtweg seltsam. Er widerstand der Versuchung, sie ganz klein zusammenzufalten und als Amulett um den Hals zu tragen.
    Sie richteten sich wieder in der Wohnung ein. Louise schaute vorwurfsvoll zu ihm auf. »Du willst weggehen.«
    »Es passiert nicht alle Tage«, sagte er, »dass Bürger Robespierre mich um meine Gesellschaft beim Feiern bittet.«
    »Du hast die ganze Zeit an Paris gedacht. Ich glaube, du hast dich danach gesehnt zurückzukommen.«
    »Schau mich an.« Er nahm ihre Hände. »Ich bin ein Dummkopf, das weiß ich. Wenn ich hier bin, will ich nach Arcis. Wenn ich in Arcis bin, will ich hier sein. Aber ich möchte, dass du begreifst, dass die Revolution kein Spiel ist, aus dem ich einfach so aussteigen kann.« Seine Stimme war sehr ernst; er legte den Arm um ihre Taille, zog sie an sich. Gott, wie er sie liebte! »In Arcis haben wir dieses Thema vermieden, da haben wir über einfachere Dinge gesprochen. Aber die Revolution ist kein Spiel, und ich setze mich auch nicht zu meiner Bereicherung oder der meiner Freude dafür ein.« Seine Finger berührten ihre Lippen, ganz sanft, verhinderten, dass sie sagte, was sie sagen wollte. »So war es mal, das stimmt. Aber jetzt müssen wir sehr gut überlegen, mein Herzblatt. Wir müssen sehr gut überlegen, was mit dem Land passieren wird. Und mit uns.«
    »Das hast du also die ganze Zeit getan. Du hast sehr gut überlegt.«
    »Ja.«
    »Und jetzt gehst du zu Robespierre?«
    »Nicht sofort«, sagte er und hob das Kinn. Er war jetzt wieder heiter, weltzugewandt, entfernte sich innerlich von ihr. »Ich muss gut informiert sein, wenn ich zu ihm gehe. Robespierre schmeißt einem die übelsten Beschimpfungen an den Kopf, wenn man nicht auf dem Laufenden ist.«
    »Macht dir das etwas aus? »
    »Nicht viel«, sagte er fröhlich. Er küsste sie. Sie waren jetzt besser aufeinander eingespielt, so wie er sich das vorstellte, allerdings hatte er das Gefühl – und es kränkte ihn –, dass sie Angst vor ihm hatte. »Freust du dich denn

Weitere Kostenlose Bücher