Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
je geeignete Staatsoberhäupter gewesen? Wer, wenn nicht Sie, wird die Republik aufrechterhalten, wenn er nicht mehr da ist?«
»Ein Träumer? Ein Prophet? Sehr überzeugend«, sagte Danton. »Aber wenn ich das Gefühl hätte, dass dieser bleichgesichtige Eunuch es auf mich abgesehen hat, würde ich ihm den Hals umdrehen.«
Lindet ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. »Ich weiß nicht – Camille, können Sie es ihm begreiflich machen?«
»Hm … meine Position ist da etwas … ambivalent.«
»Das ist eine verdammt gute Beschreibung«, merkte Danton an.
»Saint-Just hat heute im Ausschuss die Stimme gegen Sie erhoben, Camille. Collot und Barère ebenfalls. Robespierre hat sie gewähren lassen und dann gesagt, Sie seien von stärkeren Persönlichkeiten in die Irre geleitet worden. Barère sagte daraufhin, sie seien es leid, das zu hören, und er habe belastendes Material vom Polizeiausschuss dabei, von Vadier. Robespierre nahm die Papiere, legte sie unter seine eigenen und stützte sich mit den Ellenbogen darauf. Dann wechselte er das Thema.«
»Macht er so was oft?«
»Erstaunlich oft.«
»Ich werde an das Volk appellieren«, sagte Danton. »Die Leute müssen doch eine Vorstellung davon haben, was für eine Art von Regierung sie wollen.«
»Hébert appelliert auch ans Volk«, sagte Lindet. »Der Ausschuss nennt das indirekte Revolte.«
»Er hat in der Revolution nicht den gleichen Stand wie ich«, sagte Danton. »Nicht einmal ansatzweise.«
»Ich glaube, das ist den Leuten inzwischen egal«, sagte Lindet. »Ihnen ist egal, wer besteht und wer untergeht, Sie oder Hébert oder Robespierre. Sie sind am Ende ihrer Kräfte. Die Gerichtsverhandlungen sind ein Zeitvertreib für sie. Besser als Theater. Das Blut dort ist echt.«
»Sie klingen, als wären Sie am Verzweifeln«, sagte Camille.
»Ach nein, Verzweiflung liegt mir fern. Ich habe einfach ein Auge auf die Nahrungsversorgung, so wie es mir der Ausschuss aufgetragen hat.«
»Sie fühlen sich dem Ausschuss verpflichtet.«
»Ja. Deshalb werde ich auch nicht noch einmal kommen.«
»Lindet, sollte ich in dieser Sache die Oberhand gewinnen, werde ich mich an Ihre guten Dienste erinnern.«
Robert Lindet nickte – ja er machte sogar eine Art scherzhafte, leicht verlegene Verbeugung. Er gehörte einer anderen Generation an; er war kein Kind der Revolution. Zäh und besonnen konzentrierte er sich darauf, von einem Tag auf den anderen zu überleben; von Montag auf Dienstag, mehr erwartete er nicht.
Wilde Reden in den Sektionen; eine kleinere Demonstration vor dem Rathaus. Am 23. Ventôse verlas Saint-Just vor dem Konvent einen Bericht, demzufolge gewisse wohlbekannte Abweichler, vom Ausland angestachelt, komplottierten, um die repräsentative Regierung zu stürzen und Paris auszuhungern. In den frühen Morgenstunden des 24. Ventôse wurden Hébert und seine Mitstreiter von der Polizei aus ihren Häusern geholt.
ROBESPIERRE : Mir ist nicht klar, welchen Zweck dieses Treffen nach Ansicht unserer Freunde erfüllen soll.
DANTON : Wie läuft die Verhandlung?
ROBESPIERRE : Problemlos. Wir hoffen, dass sie morgen abgeschlossen sein wird. Ach, oder meinen Sie vielleicht gar nicht Héberts Verhandlung? Fabre und Hérault werden in ein paar Tagen vor Gericht kommen. Das genaue Datum habe ich nicht im Kopf, aber Fouquier wird es wissen.
DANTON : Sie versuchen doch nicht, mich einzuschüchtern? So wie Sie auf den Details herumreiten.
ROBESPIERRE : Sie scheinen zu denken, dass ich etwas gegen Sie habe. Aber ich habe Sie bloß aufgefordert, von Fabre abzurücken. Leider gibt es ein paar Leute, die meinen, wenn Fabre der Prozess gemacht wird, müsste auch Ihnen der Prozess gemacht werden.
DANTON : Und was meinen Sie?
ROBESPIERRE : Ihr Verhalten in Belgien war sicher nicht über jeden Tadel erhaben. Aber meiner Ansicht nach ist der Hauptschuldige Lacroix.
DANTON : Camille –
ROBESPIERRE : Sprechen Sie mir nie wieder von Camille.
DANTON : Warum nicht?
ROBESPIERRE : Bei unserem letzten Treffen haben Sie sich abfällig über ihn geäußert. Voller Verachtung.
DANTON : Wie Sie wollen. Das Entscheidende ist, dass Sie letzten Dezember eingeräumt haben, dass der Terror abgeschwächt werden sollte, dass Unschuldige –
ROBESPIERRE : Ich mag diese emotionale Ausdrucksweise nicht. Mit »Unschuldige« meinen Sie »Menschen, die aus irgendeinem Grunde meine Zustimmung haben«. Aber das ist nicht der Maßstab. Der Maßstab ist der Gerichtsbeschluss. So
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