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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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was die Schiffer so anzog. Speziell Peter Schott fühlte sich hier ausgesprochen heimisch; allerdings war er es auch, der bei jedem seiner Besuche dafür sorgte, daß doch etwas zusammenpaßte. Stets führte er ein mit dunklem, abgegriffenen Leder ummanteltes Bierglas mit sich, und der Zufall wollte es, daß Rusch eine Schürze aus ebensolchem Leder trug. Außenstehende mußten zwangsläufig den Eindruck gewinnen, der Wirt und dieser eine Gast stünden in einer geheimnisvollen Verbindung zueinander, doch wie gesagt, das war nicht der Fall.
    Jenes gepolsterte Glas galt freilich auch deshalb als ein wenig mysteriös, weil Peter sich immer bedeckt gab, wenn die Rede darauf kam. Auf entsprechende Fragen oder Lästereien antwortete er mit beharrlichem Schweigen. Einzig Matti hatte er einmal anvertraut, warum er es, als sein persönliches Exemplar, zu Rusch und überhaupt in jede Kneipe trage: »Aus Gründen der alljemeinen Sicherheit. Ick neige in bestimmter Verfassung dazu, Gläser zu zertöppern, vorzuchsweise an Wänden. Ditt macht mir einfach Spaß. Is son Impuls. Is ooch überhaupt nich böse jemeint. Wird aber immer falsch uffjefaßt. Also schieb ick selbern Riegel vor. Hättick und habick früher natürlich nich jemacht. Aber der Mensch wird älter und klüger und jeht uff andre Menschen zu. Beziehungsweise er jeht ihnen ausm Weg. Is übrijens n doppelter Riegel, haste jemerkt? Eenma die Eigentumsfrage: Is mein Glas und nich ditt von Rusch oder sonstwem, ditt schmeißte schonma nich so leicht weg. Und wenn doch, is ja noch ditt Leder drumrum, und ett knallt nich gleich.«
    Dies alles hatte Peter Schott Matti aber keineswegs selbstzufrieden, sondern fast leidend erzählt, und als Matti sich darüber verwundert zeigte, hatte Peter gerufen: »Ditt is ja ooch n traurijer Vorgang! Offiziell handelt ett sich um ne Höherentwicklung, jut. Aber inoffiziell, soll heißen, in mir drinne, issett n Rückschritt. Ick schneide mir watt ab. Und zwar tue ick ditt, obwohl ick janich der Meinung bin, wattick da abschneide, wär schlecht. Wennett mich glücklich macht – wie kannett da schlecht sein? Ick tu doch niemandem weh, wennick son Glas zertöppere, die Wand merkt ditt doch nich! Is also ne sinnlose Regel, wennett heißt, du sollst nich mutwillig Gläser zertöppern. Is einfach nur ne erfundene Regel. Wärse nich erfunden, watt meenste, wieviel Gläser fliegen würden! Und nüscht würde passiern, nüscht, außer daß n paar Menschen mehr glücklich wärn, jedenfalls in dem Moment. Und weeßte watt? Ick kann dir tausend sone Regeln nennen, tausend! Nehmwa nur ne Ampel, jenau, ne einfache Ampel anner poplijen Kreuzung. Wozu, frage ick dich, is die da anjebracht worden? Janz klar, um den von verschiedenen Seiten ranfließenden Verkehr zu regeln. Soweit allett in Ordnung. Möchte man nich mehr missen. Aber nu issett nachts um zwo, und keene Sau is mehr uffder Straße. Nur icke, oder du, oder sonstwer. Und ick steh mit meiner Karre vor der roten Ampel, und die wird und wird nich grün. Da wirste do irre! Und zwar wirste nich irre, weilde nich die Minute Zeit hättest, sondern weilde jenau weeßt, daß die Ampel in dem Moment sinnlos is. Weilse ja nich im jeringsten watt zu regeln hat. Der einzije Verkehr, der uff sie zuströmt, bist du, ditt kannste jenau sehn, ick rede natürlich vonner Kreuzung, die einsehbar is. Und trotzdem kriste n Stempel uffjebrummt, wennde einfach losfährst. Weilde nämlich die Regel verletzt hast. Also bleibste lieber stehn. Aber wie fühlste dich? Unglücklich. Wenn man nämlich ner Regel folgt, obwohl man jenau weeß, dasse für die Katz is, dann is ditt zutiefst unjesund. Ick bin schon janz krank, in dem Sinne.«
    Als nun die Besatzung der »Barby« gegen 21 Uhr in der Kneipe eintraf, saßen Langhammer sowie sein Steuermann Billerbeck wie erwartet schon da. Auch ihren Lehrling Männel hatten sie dabei. Fingerknöchel klopften aufs Sprelacart, Stühle wurden geräuschvoll gerückt, halbleere Gläser schwungvoll erhoben.
    »Wird ja auch Zeit«, sagte Langhammer, ein älterer, gemütlicher Mecklenburger. »Wir dachten schon, ihr seid im Kanal auf Klamotten gelaufen.«
    »Wir mußten im Hafen warten, wir sind nicht gleich drangekommen beim Löschen«, erklärte Matti. Im Anschluß erzählte man sich gegenseitig, was man geladen hatte und wohin man in den nächsten Tagen fahren werde; währenddessen trommelte aber Billerbeck schon ungeduldig mit seinen Fingern auf den Tisch. Auch er stammte aus dem

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