Brüder und Schwestern
Norden, war jedoch jünger und weniger bedächtig als Langhammer.
»Ihr gebt einen aus, nehme ich doch an«, rief er endlich frohgemut und herausfordernd.
»Wie kommste denn daruff?« entgegnete Peter Schott.
»Na, bei der Prämie!«
»Watt für ne Prämie?«
Die drei von der »Schönebeck« schauten irritiert, und Billerbeck rief: »Was für eine Prämie? Hehe, im ›Anker‹ steht genau, was das für eine Prämie ist, jeder weiß es, also spiel mal nicht den Unwissenden.«
»Wir sind seit acht Tagen auf dem Wasser, wir kennen den neuesten ›Anker‹ nicht«, warf Matti ein.
»Aber euren eigenen Neuerervorschlag«, brummte Langhammer, »den kennt ihr doch bestimmt.«
»Neurervorschlag?« wiederholte Peter Schott. In diesem Moment schlug Matti mit der flachen Hand auf die Tischplatte und begann lauthals zu lachen, gar nicht mehr einkriegen konnte er sich. Endlich rief er zu Peter: »Deiner – es kann nur deiner sein!«
»Mein Neurervorschlag? Ditt muß mir aber entjangen sein, daß ick n Neurervorschlag einjereicht hätte«, stieß Peter hervor. »Icke, also wirklich!«
»Eingereicht nicht. Aber gemacht schon«, sagte Matti.
»Watt soll denn ditt heißen, watt soll – nee! Nee!« Peter streckte plötzlich den Kopf vor: »Soll ditt vielleicht heißen, du hast den Quatsch weiterjejem? Ditt haste weiterjejem? Ick fassitt nich!«
»Ihr seid großartig«, brummte wieder Langhammer. »Da weiß ja eine Hand nicht, was die andere tut. Und wir wissen’s erst recht nicht. Aber vielleicht könnt ihr uns aufklären …«
»Aber ja, aber ja«, sagte Matti, von neuem lachend, und kopfschüttelnd: »Wir haben die letzte Liste der prämierten Neuerervorschläge gelesen, vor ein paar Monaten war das. Und da war solcher Unfug dabei, na, ihr kennt das, Unfug, der nur in die Welt gesetzt wird, damit der Betrieb irgendwas abrechnen kann. Und als wir das so lasen, sagte Peter, man müßte aus Jux mal vorschlagen, die Zentrale solle beim Tee, mit dem sie die Besatzungen versorgt, Zitrone und Zucker einsparen, bestimmt würde sie auch diesen Blödsinn noch aufgreifen und als bahnbrechend feiern.«
»Und du hast ditt wirklich vorjeschlagen, und die hamm ditt wirklich uffjegriffen«, sagte Peter fassungslos.
Matti sah zu Billerbeck: »Offensichtlich haben sie das …«
»Stimmt«, sagte der, »im ›Anker‹ stand: Optimierung der Zubereitung und Bereitstellung des Heiß- und Kalt-Getränkes Tee. Wir haben uns schon gefragt, was darunter zu vestehen ist, nicht, Heinz?« Er blickte zu Langhammer.
Langhammer wiederum schaute anerkennend zu Matti: »Du wolltest sie an der Nase rumführen – und du hast’s geschafft.«
Matti schüttelte den Kopf. »Das ist leider nicht wahr. Ich wollte genau das Gegenteil. Ich wollte sie mit der Nase darauf stoßen, welche Schauwettbewerbe sie austragen. Es ist doch alles nur Schau. Aber sie sind so verblendet, daß sie’s nicht merken. Sie merken es einfach nicht!«
»Hättick dir vorher sagen können«, sagte Peter Schott, »und wennde mir vorher watt jesagt hättest, hättick dich ooch jewarnt, schon aus Eigenintresse. Nämlich – worin besteht jetzt ditt Erjebnis? Watt haste erreicht mit deiner Aktion? Erstens, wir müssen nu selber Zucker und Zitrone zu dem Tee koofen. Is noch zu verkraften, stürzt uns nich in Armut. Aber ditt Wichtijere und absolut Negative is ditt sozusagen Ideelle: Wir gelten dojetz als diejenjen, die sich den Schwachsinn hamm einfallen lassen. Alle müssen dojetz denken, die von der ›Barby‹, die loofen nich mehr janz rund. Weeßdo keener, daßett ursprünglich nurn Spaß jewesen is.«
Matti verfiel in ein finsteres Schweigen, und jeder dachte, es sei wegen dieser unschönen Aussicht, und stimmte das etwa nicht? Aber es war nicht die ganze Wahrheit. Er fühlte einen Mißmut aufsteigen, der umfassenderer Natur war, einen Mißmut, der sich aus vielen ähnlichen Quellen, aus sich dauernd wiederholenden Erlebnissen speiste, einen Mißmut, den er schon kannte, einen Mißmut, der ihn jeweils für ein paar Minuten still und stumm machte. Er dachte, alles ist so folgenlos. Alles geht doch immer, immer so weiter, und man kann nichts tun – nichts! Ja was für ein Feststecken, wir fahren und fahren, wir sind immer unterwegs, aber wenn man’s genau betrachtet, stecken wir doch nur immer weiter fest, es ist ein realer Vorgang, daß wir uns bewegen, und gleichzeitig ist’s eine Täuschung.
»Wir wissen ja nun, daß es nur ein Spaß war, also grämt euch nicht
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