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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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rauher an als an anderen, und zwar an den Stellen, die links und rechts von den Fischen sind. Da rubbelt er. Es kommt ein halb von oben fotografierter Gartentisch zum Vorschein, so ein Tisch mit Eisengestell, dieses Einheitsdings, von dem jeder weiß, daß die Platte nicht länger und breiter als 80 Zentimeter ist. Ihr erinnert euch, wie lang der große Hecht gewesen sein soll? 120 Zentimeter. Also hat der Angler schamlos manipuliert. Die Zeitung bringt nun, ganz unverhofft für ihn, noch einmal einen Bericht. Und mittendrin das Foto, auf dem der Tisch zu sehen ist. Sie rechnet vor, der große Fisch könne maximal 70 und der kleine maximal 40 Zentimeter lang gewesen sein. Auch ordentliche Fänge, aber unserem Angler haben sie nicht genügt. Nun hat er den Salat. Seiner Ehe ist ja sozusagen der Grundstein entzogen. Aber er will sein schönes Weib nicht verlieren, um nichts in der Welt. Was tut er? Er fährt durch den ganzen Norden. Ich schwöre, kreuz und quer durch den Norden fährt er, um überall die Zeitungen aufzukaufen, und dann macht er ein großes Feuer und verbrennt sie.«
    Langhammer, der das alles ruhig und unaufgeregt erzählt hatte, zeigte jetzt einen Sinn für Dramatik. Er hörte einfach auf zu sprechen und schaute auch so, als gäbe es nichts mehr zu berichten.
    »Und, hat’s die Frau trotzdem rausgekriegt?« fragte Billerbeck ungeduldig.
    »Ratet mal«, sagte Langhammer.
    »Ja«, »nein«, »doch«, »Quatsch, der ist nochmal davongekommen«, wurde nun gerufen.
    Langhammer lächelte. »Die Frau hat es nicht rausgekriegt – nicht von selber. Aber in dem Betrieb, in dem sie gearbeitet hat und in dem viele schon lange ein Auge auf sie geworfen hatten, lag die Zeitung eines Tages auf ihrem Tisch. Ihre Enttäuschung darüber, was sie da lesen mußte, hielt sich in Grenzen. Sie hatte auch keine Lust, mit ihrem Mann noch großartig über die Sache zu sprechen. Sie hatte überhaupt keine Lust mehr auf ihn. Sie ging in einen Spielzeugladen und kaufte ein Angelspiel für Kinder. Ihr kennt es vielleicht. Es besteht aus einem Holzstab mit einer Schnur dran, an der ein Magnet befestigt ist, sowie aus einem mit Meeresbildern bemalten Pappviereck und Metallfischchen, die von den Kleinen aus dem Viereck gefischt werden können. Dieses Spiel legte sie ihm unter die Bettdecke. Na, das war doch ganz schön böse von ihr. Aber er hatte es ja auch verdient, nicht. Und weg war sie.«
    »Apropos weg …«, wollte Billerbeck einhaken, doch Langhammer brummte, »ich bin noch nicht ganz am Ende, es gibt noch ein Postskriptum, sozusagen.«
    »Erzähle«, sagte Matti.
    »Derjenige, der ihr die Zeitung zugespielt hat, ist danach schnell zu der Frau hin und hat sich vor ihr mit seiner Hilfeleistung gebrüstet. Er dachte, er kriegt sie nun schnell rum. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Sie hat ihn erst recht abblitzen lassen. Sie empfand es als Anscheißerei, wie er sich verhalten hat.«
    »Schöne Frau und ooch noch klug«, nickte Peter Schott, und in sein Nicken hinein versuchte schon Billerbeck, nun endlich seine Geschichte an die Männer zu bringen.
    »Die Frau ist also weg«, begann er, »aber richtig weg ist sie natürlich nicht, denn richtig weg sein, was heißt das? Das heißt, jemand ist tot. Und was soll ich euch in diesem Zusammenhang sagen? Es ist jemand zu Tode gekommen, hier um die Ecke, im Hafen, und es war erst gestern nacht, und es war ein Schiffer. Ich habe es vorhin erfahren. An der Kippanlage hat’s mir jemand brühwarm erzählt.« Er schaute triumphierend, daß er diese Neuigkeit hatte, und die anderen hatten sie offenbar nicht.
    »Ihr fragt euch jetzt sicher, ob ihr denjenigen kennt, ich seh’s euch an, ich seh’s euch an.«
    Keiner sagte einen Ton, jeder fand wohl, Billerbeck verhalte sich etwas abgeschmackt.
    »Nun, ich will’s euch sagen: Ihr kennt ihn nicht! Würde mich jedenfalls wundern, wenn ihn hier jemand kennen würde. War ein polnischer Schiffer. Es heißt, er habe den ganzen Abend über mächtig einen getütert, und dann habe er was gelallt und sei ins Wasser gesprungen; man betonte mir gegenüber ausdrücklich, er sei nicht gefallen, sondern gesprungen. Und was war da im Wasser sein Pech? Überlegt mal! Was könnte da sein Pech gewesen sein?«
    Abermals schwieg die Runde.
    »Sein Pech war, daß er vor das riesige Ansaugrohr gesprungen ist und das Rohr auch noch in Betrieb war. Es hat ihn angepreßt wie ein dünnes Blättchen. Er ist nicht mehr losgekommen und ist ersoffen wie ein Hund.

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