Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
Vom Netzwerk:
besänftigt. »Gut«, sagte sie, und noch einmal »gut«, und dann: »Du wärst ja wohl auch ein ziemlicher Idiot, wenn du die Nacht gleich wieder vergessen würdest.«
    Sie schaute Matti herausfordernd, stolz und auch prüfend an. Sie bewegte sich dabei rückwärts zur Küche hin, sie ließ ihn nicht aus den Augen, bis sie mit ihrer bloßen Ferse an die Wohnzimmerschwelle stieß; und er liebte sie dafür, wie sie litt und wie sie es kaschierte, um ihm ja kein Bild des Jammers oder auch nur der Schwäche mit auf die Reise zu geben, jawohl, das hatte er ganz richtig erfaßt, sie bereitete ihn nach der Schrecksekunde, in der sie mal kurz von sich abgefallen war, so gut auf seine nahe gefährliche Zukunft in Prag vor, wie sie nur konnte.
    Endlich saßen sie beim Frühstück. Zunächst sagte keiner ein Wort, man hörte nur das Splittern von Schrippenkrusten, aber dann erklärte Catherine: »Wenn wir einmal gewisse Nebenaspekte beiseite lassen, so ist das doch ein großartiger Brief – ein Brief mit großartigen Perspektiven, meine ich.«
    Matti reagierte mit einem dankbaren Blick und sagte: »Es ist großartig, aber es ist auch seltsam. Allein, wie das Manuskript zu Karin Werth gelangt ist … ich würde gar zu gern wissen, wem ich das zu verdanken habe, heute, und nicht erst in Prag.«
    »So viele kommen nicht in Frage dafür«, sagte Catherine.
    Matti ging die Namen durch, jetzt erst hatte er die Ruhe dazu. Und tatsächlich, er brauchte nicht lange. »Britta und Willy«, rief er überrascht, »nur die hatten das Manuskript. Einer von beiden muß es an Karin Werth weitergegeben haben.« Nach einer Pause fügte er stirnrunzelnd hinzu: »Und ohne mir Bescheid zu sagen.«
    »Das ist aber nachvollziehbar. Der Weitergeber hat deshalb im geheimen gehandelt, weil er einkalkuliert hat, daß auch Karin Werth beziehungsweise ›Westenend‹ absagen. In diesem Fall hättest du nichts von dem Versuch erfahren. Man wollte dir eine weitere Enttäuschung ersparen, deshalb hat man hinter deinem Rücken agiert – so sehe ich das jedenfalls.«
    Matti nickte. Plötzlich fiel ihm etwas ein, der Gedanke riß ihn nach vorn, hin zu Catherine. »Aber du«, rief er, »du hattest auch das Manuskript, du könntest es auch gewesen sein!«
    Catherine schüttelte den Kopf: »Ich soll Karin Werth geschrieben haben? Hältst du das für möglich?«
    »Nicht Karin Werth, ›Westenend‹!«
    Sie schüttelte wieder den Kopf: »Da bist du wirklich auf dem Holzweg. Ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen. Laß uns lieber über die anderen beiden nachdenken.«
    Schnell ging das, denn Britta war zwar alles zuzutrauen, zumal, wenn es ihrem Bruder diente, aber eines hätte sie doch nie und nimmer geschafft: die Aktion vor ihrer »immersten Freundin« Catherine geheimzuhalten. Blieb Willy.
    Matti wollte es nicht glauben. Ausgerechnet sein Vater, der im Laufe der Jahre Dutzende Rückzieher gemacht hatte, um halbwegs auf Parteilinie zu bleiben, sollte das Manuskript in den Westen gesandt haben? Je länger Matti aber darüber nachdachte, um so schlüssiger erschien ihm der Gedanke. Willy war frei jetzt, ein Invalide, der keine Rücksicht mehr nehmen mußte, ein Mann ohne Zwänge. Und er kannte den Chef von »Westenend«, mehrmals hatte er sich anerkennend geäußert über den. Ja doch, Willy.
    Sie beschlossen, ihn unverzüglich anzurufen. Sie liefen zur Post und meldeten ein Telefonat nach Gerberstedt an, aber Willy nahm nicht ab; sie gingen einmal ums Karree und versuchten es erneut, da klappte es.
    Überraschenderweise erklärte er, nichts zu »Westenend« geschickt zu haben.
    Matti mochte es gar nicht glauben, da schwor Willy.
    »Aber«, sagte er noch, »aber zu Kalus habe ich dein Manuskript gegeben.« Er erläuterte, daß er nach der nichtssagenden Absage vom »Metropolenverlag«, die seiner eigenen Begeisterung über das Manuskript doch sehr zuwidergelaufen sei, die Meinung eines wahren Experten habe einholen wollen. Und da sei ihm nunmal zuvorderst Kalus eingefallen.
    »Kalus«, rief Matti, »ich dachte, dem würdest du um nichts in der Welt begegnen wollen, nachdem du geholfen hast, ihn ins Gefängnis zu bringen …«
    Erst einmal blieb es still in der Leitung. Dann aber lieferte Willy eine längere Erklärung, die zugleich eine Art Selbstvergewisserung war, und Matti erfuhr, daß sein Manuskript für Willy vielleicht nur der Anlaß gewesen sei, endlich mit Kalus ins reine zu kommen. Er, Willy, habe schon lange auf den zugehen wollen, denn wenn er die

Weitere Kostenlose Bücher