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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ein blaues Kleid.«
    »Danke, Miotti«, sagte Brunetti und seine Stimme verriet nichts.
    »Danken Sie meiner Freundin, Commissario. Ihr Vetter singt im Chor mit und besorgt uns Karten.«
    Brunetti nickte lächelnd, wobei es ihm eigentlich lieber gewesen wäre, wenn er das nicht gesagt hätte.
    Miottis Kollege schob den Ärmel hoch und sah auf die Uhr. »Erzählen Sie weiter«, forderte Brunetti ihn auf.
    »Gegen Ende der Pause sei sie herausgekommen und der Mann meinte, sie hätte ganz schön geschäumt.«
    »Am Ende der ersten Pause?«
    »Ja. Das wusste er genau.«
    Brunetti beschloss, sich den kleinen Hinweis seines Untergebenen zu Herzen zu nehmen und sagte: »Es ist spät geworden und ich weiß nicht, ob wir heute noch viel ausrichten können.« Die anderen sahen sich in dem inzwischen leeren Theater um. »Versuchen Sie morgen noch jemanden zu finden, der sie gesehen oder vielleicht beobachtet hat, ob noch andere in der Garderobe des Maestros waren.« Dass er von morgen sprach, schien ihre Stimmung zu heben. »Das wäre dann alles für heute. Sie können Schluss machen.« Aber als sie sich zum Gehen wandten, rief er Miotti zurück. »Ist die Leiche schon ins Bürgerspital gebracht worden?«
    »Ich weiß es nicht, Commissario«, antwortete Miotti beinah schuldbewusst, als habe er Bedenken, dadurch könne das Lob zunichte gemacht werden, das er eben bekommen hatte.
    »Warten Sie hier. Ich gehe mal nachsehen«, sagte Brunetti.
    Er ging zurück und stieß ohne zu klopfen die Tür zu der Garderobe auf. Die beiden Sanitäter saßen in den Sesseln und hatten die Füße auf das Tischchen zwischen sich gelegt. Neben ihnen auf dem Boden lag, von einem Laken bedeckt und völlig unbeachtet, einer der größten Musiker des Jahrhunderts.
    Sie blickten auf, als Brunetti hereinkam, schenkten ihm aber sonst keine Beachtung. »Sie können ihn jetzt ins Spital bringen«, sagte er, dann drehte er sich um und verließ das Zimmer, wobei er sorgsam die Tür hinter sich zuzog.
    Miotti stand noch an derselben Stelle wie vorhin und blätterte in einem Notizbuch, das Brunettis eigenem sehr ähnlich war. »Gehen wir noch einen trinken«, sagte Brunetti. »Das Hotel ist wahrscheinlich als einziges offen um diese Zeit.« Er seufzte, merkte plötzlich, wie müde er war. »Ich könnte ein Gläschen vertragen.« Er wandte sich nach links und merkte, dass er auf die Bühne zuging. Die Treppe schien verschwunden zu sein. Er war so lange in diesem Theater herumgelaufen, treppauf, treppab, durch Korridore und wieder zurück, dass er völlig die Orientierung verloren hatte und nicht mehr wusste, wie man herauskam.
    Miotti berührte ihn leicht am Arm und sagte: »Hier entlang, Commissario.« Dann ging er voraus und führte ihn nach rechts zu der Treppe, die sie vor mehr als zwei Stunden heraufgekommen waren.
    Unten griff der Portier beim Anblick von Miottis Uniform unter seinen Tresen und bedeutete ihnen, dass sie jetzt das Drehkreuz passieren könnten, das den Ausgang blockierte. Brunetti wusste, dass Miotti den Mann schon gefragt hatte, wer heute Abend hier ein- und ausgegangen war und so sparte er sich weitere Fragen, nickte nur und ging direkt nach draußen auf den menschenleeren Campo jenseits der Tür.
    Bevor sie die schmale Straße hinuntergingen, die zum Hotel führte, fragte Miotti: »Brauchen Sie mich dabei, Commissario?«
    »Wenn Sie Bedenken haben, einen zu trinken, während Sie in Uniform sind, dann kann ich Sie beruhigen«, versicherte Brunetti ihm.
    »Nein, das ist es nicht.« Vielleicht war der Junge einfach nur müde.
    »Was ist es dann?«
    »Also, der Portier ist ein Freund meines Vaters und da dachte ich, wenn ich jetzt zurückgehe und ihn zu einem Gläschen einlade, erzählt er mir vielleicht etwas, das er mir vorher nicht erzählt hat.« Und als Brunetti nicht reagierte, fügte er rasch hinzu: »Es war nur so ein Gedanke, Commissario. Ich wollte nicht...«
    »Nein, es ist eine gute Idee. Sehr gut. Gehen Sie und reden Sie mit ihm. Wir sehen uns morgen. Ich denke, vor neun brauchen Sie nicht da zu sein.«
    »Danke, Commissario«, sagte der junge Mann mit einem eifrigen Lächeln. Er salutierte zackig und Brunetti antwortete mit einer flüchtigen Handbewegung, woraufhin der Junge sich wieder dem Theater und seiner Arbeit als Polizist zuwandte.

4.
    Brunetti ging auf das Hotel zu, das selbst um diese Zeit, da die Stadt im Dunkel lag und schlief, noch erleuchtet war. Venedig, einst Hauptstadt der Ausschweifungen eines ganzen Kontinents,

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