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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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kam und dann noch das übliche ›Hals- und Beinbruch‹. Mehr nicht.«
    »Und sonst haben Sie nicht weiter mit ihm gesprochen?«
    Bevor sie antwortete, blickte sie zu Brett Lynch hinüber. Er behielt die Sopranistin im Auge und konnte den Gesichtsausdruck der anderen nicht sehen. Die Pause dehnte sich aus, aber bevor er seine Frage wiederholen konnte, kam die Antwort: »Nein, danach nicht mehr. Natürlich habe ich ihn von der Bühne aus gesehen, wie Sie schon sagten, aber gesprochen haben wir nicht miteinander.«
    »Gar nicht?«
    »Nein, gar nicht«, war die unverzügliche Antwort.
    »Und in den Pausen? Wo waren Sie da?«
    »Hier. Zusammen mit Signorina Lynch.«
    »Und Sie, Signorina Lynch?«, fragte er und sprach den Namen völlig akzentfrei aus, obwohl ihn das einige Konzentration kostete. »Wo waren Sie während der Vorstellung?«
    »Während des ersten Aktes meist hier in der Garderobe. Ich bin nach unten gegangen, um ›Sempre libera‹ zu hören, aber danach war ich wieder hier oben. Und für den Rest der Vorstellung bin ich hier geblieben«, antwortete sie ruhig.
    Er sah sich in dem kahlen Zimmer um, auf der Suche nach etwas, womit sie sich so lange hätte beschäftigen können. Sie fing seinen Blick auf und zog ein schmales Bändchen aus ihrer Rocktasche. Darauf waren die gleichen chinesischen Schriftzeichen zu erkennen wie auf dem Schild an der Tür.
    »Ich habe gelesen«, erklärte sie und hielt ihm das Buch hin. Dabei lächelte sie ihn unbefangen und freundlich an, als sei sie jetzt bereit, sich über das Buch zu unterhalten, wenn er wollte.
    »Und haben Sie im Verlauf des Abends mit Maestro Wellauer gesprochen?«
    »Wie Flavia schon sagte, haben wir beim Hereinkommen ein paar Worte mit ihm gewechselt, aber danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Brunetti unterdrückte den Impuls, einzuwerfen, dass Signora Petrelli gar nicht erwähnt hatte, sie wären zusammen gekommen und ließ sie weiterreden. »Von meinem Platz hinter der Bühne konnte ich ihn nicht sehen und während beider Pausen war ich hier in der Garderobe.«
    »Mit Signora Petrelli?«
    Diesmal war es die Amerikanerin, die ihrer Freundin einen Blick zuwarf, bevor sie antwortete. »Ja, mit Signora Petrelli, wie sie Ihnen schon sagte.«
    Brunetti klappte sein Notizbuch zu, in das er nichts weiter als den Nachnamen der Amerikanerin gekritzelt hatte, als wollte er den ganzen Horror eines Wortes einfangen, das aus fünf Konsonanten bestand. »Falls sich noch Fragen ergeben sollten, hätte ich gern Ihre Adresse, Signora Petrelli.«
    »Cannaregio 6134«, sagte sie zu seiner Überraschung; denn das lag in einem reinen Wohnviertel der Stadt.
    »Ist das Ihre Wohnung, Signora?«
    »Nein, meine«, unterbrach die zweite Frau. »Ich bin auch dort zu erreichen.«
    Er schlug sein Notizbuch noch einmal auf und schrieb die Adresse hinein.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, fragte er: »Telefon?«
    Sie gab ihm die Nummer, fügte hinzu, sie stehe nicht im Telefonbuch und erklärte, ihre Wohnung liege in der Nähe der Basilica SS. Giovanni e Paolo.
    Brunetti nahm seine förmliche Haltung an, verbeugte sich leicht und sagte: »Ich danke Ihnen, Signore und bedauere sehr Ihre derzeitigen Unannehmlichkeiten.«
    Wenn seine Worte den beiden seltsam vorkamen, so ließ es sich keine von ihnen anmerken. Nach dem Austausch weiterer Höflichkeiten verließ er die Garderobe und führte die beiden jungen Polizisten, die ihn im Flur erwarteten, über die schmale Treppe in den hinter der Bühne gelegenen Teil des Theaters hinunter.
    Der dritte seiner Leute wartete am Fuß der Treppe auf sie.
    »Nun?«, fragte Brunetti.
    Der Mann lächelte, froh, etwas zu berichten zu haben. »Santore, der Regisseur und La Petrelli haben beide in seiner Garderobe mit ihm gesprochen. Santore war vor Beginn der Vorstellung bei ihm und sie nach dem ersten Akt.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    »Einer der Bühnenarbeiter. Er sagte, Santore sei offenbar wütend gewesen, als er herauskam, aber das war nur so ein Eindruck, den der Mann hatte. Er hat sie sich nicht anschreien hören oder so etwas.«
    »Und Signora Petrelli?«
    »Also, der Mann sagt, er sei nicht ganz sicher, ob sie es war, aber sie habe ein blaues Kostüm angehabt.«
    Hier unterbrach Miotti: »Sie trägt ein blaues Kleid im ersten Akt.«
    Brunetti sah ihn fragend an.
    Konnte es sein, dass Miotti den Kopf etwas einzog, bevor er sprach? »Ich habe sie letzte Woche gesehen, Commissario. Die Vorstellung, meine ich. Und im ersten Akt trägt sie

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