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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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konnte? Nur den Polizeibeamten, dessen Aufgabe es war, herauszufinden, ob sie eine Mörderin liebte?
    »Niemanden?«
    »Ich habe keinem Menschen von Flavia erzählt«, sagte sie und diesmal sah sie ihn an. »Sie wollte kein Gerede, meinte, es sei nicht gut für ihre Karriere. Ich habe nie mit jemandem über sie gesprochen. Über uns.« Er musste plötzlich daran denken, was Padovani über Paolas erste Verliebtheit erzählt hatte, wie sie es allen ihren Freunden berichtet und nichts anderes im Kopf gehabt hatte. Die Welt hatte ihr nicht nur die Freude zugestanden, sondern auch das Recht, sie öffentlich zu zeigen. Und diese Frau war seit zwei Jahren verliebt, keine Frage und hatte es keinem Menschen erzählt. Außer ihm. Dem Polizeibeamten.
    »Wird Ihr Name in dem Brief genannt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Und Flavia? Was sagt sie dazu?«
    Sie biss sich auf die Lippen, hob eine Hand und deutete auf ihr Herz.
    »Sie gibt Ihnen die Schuld?«
    Sie nickte, genau wie Chiara es getan hätte und fuhr sich mit dem Handrücken unter der Nase entlang. Danach glänzte er feucht. Brunetti zog sein Taschentuch heraus und drückte es ihr in die Hand. Sie nahm es, offenbar ohne zu wissen, was sie damit anfangen sollte, hielt es fest und saß da, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen und ihre Nase tropfte. Ohne die geringste Verlegenheit, nur mit dem Gedanken daran, dass er ja auch Vater war, nahm er das Taschentuch und tupfte ihr damit das Gesicht ab. Sie wich zurück und nahm es ihm aus der Hand, wischte sich übers Gesicht, schnäuzte sich die Nase und steckte das Tuch ein, das zweite, das er innerhalb einer Woche los wurde.
    »Sie sagt, es sei meine Schuld, dass alles wäre ohne mich nicht passiert.« Ihre Stimme klang angespannt und rau. Sie schnitt eine Grimasse. »Das Schlimme ist, dass es stimmt. Ich weiß, es stimmt nicht wirklich, aber so, wie sie es sagt, kann ich es nicht widerlegen.«
    »Stand in dem Brief, woher die Information kam?«
    »Nein. Aber es muss Wellauer gewesen sein.«
    »Gut.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Wieso soll das gut sein? Der Anwalt schreibt, dass sie Klage erheben wollen. Dann käme alles an die Öffentlichkeit.«
    »Brett«, sagte er mit ruhiger, fast ausdrucksloser Stimme. »Denken Sie doch mal nach. Falls Wellauer der Zeuge war, müsste er aussagen. Und selbst wenn er noch lebte, würde er sich niemals in eine solche Sache verwickeln lassen. Das Ganze ist nur eine Drohung.«
    »Aber trotzdem, wenn sie Anklage erheben...«
    »Man will Ihnen nur Angst einjagen. Und das ist ja, wie man sieht, gelungen. Kein Gericht, nicht einmal ein italienisches, würde nur nach dem Hörensagen urteilen und mehr ist der Brief ja nicht, solange der Schreiber keine Aussage macht.« Er beobachtete sie, während sie darüber nachdachte. »Es gibt doch keine Beweise, oder?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Briefe zum Beispiel. Ich weiß nicht. Gespräche.«
    »Nein, es gibt nichts Derartiges. Ich habe nie geschrieben, nicht einmal aus China. Und Flavia ist immer viel zu beschäftigt, um zu schreiben.«
    »Und Signora Petrellis Freunde? Wissen die etwas?«
    »Keine Ahnung. Die Leute reden nicht gern über solche Dinge.«
    »Dann glaube ich nicht, dass Sie sich Sorgen machen müssen.«
    Sie versuchte zu lächeln, versuchte sich einzureden, dass es ihm gelungen sei, sie aus ihrer Verzweiflung zu erlösen. »Wirklich?«
    »Ja, wirklich«, bestätigte er lächelnd. »Ich habe viel mit Anwälten zu tun und dieser hier will Sie mit seiner Drohung nur einschüchtern.«
    »Also«, begann sie mit einem Lachen, das sich in einen Schluckauf verwandelte, »das ist ihm jedenfalls gelungen.« Dann fügte sie leise hinzu: »Dem Mistkerl.«
    Nun hielt Brunetti es für angebracht, zwei Cognacs zu bestellen, die der Ober unverzüglich brachte. Als die Gläser vor ihnen standen, sagte sie: »Flavia war abscheulich.«
    Er nahm einen Schluck und wartete.
    »Sie hat schreckliche Sachen gesagt.«
    »Das tun wir alle manchmal.«
    »Ich nicht«, entgegnete sie ohne Zögern und er vermutete, dass es stimmte. Sie würde Sprache als Werkzeug benutzen, nicht als Waffe.
    »Sie wird es vergessen, Brett. Wer solche Sachen sagt, vergisst es meist schnell wieder.«
    Sie zuckte die Achseln, tat es als unwichtig ab. Sie würde es nicht vergessen, das war klar.
    »Was wollen Sie jetzt tun?«, fragte er, ernsthaft an ihrer Antwort interessiert.
    »Nach Hause gehen. Sehen, ob sie da ist. Sehen, was passiert.«
    Als er das hörte, merkte er, dass

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