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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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einen Mann vom Bahnhof herbestellt, um zu sehen, ob der an der Entwertung feststellen kann, welcher Zug es war, aber ich glaub's nicht.«
    »Für welche Klasse war sie? Erste oder zweite?«
    »Zweite.«
    »Noch etwas? Socken, Gürtel?«
    »Hat Rizzardi Ihnen etwas über die Kleidung gesagt?«
    »Ja. Daß die Unterwäsche amerikanisch ist.«
    »Genau. Keine Frage. Der Gürtel - den hatte er überall kaufen können. Schwarzes Leder mit einer Messingschnalle. Die Socken sind Synthetik. Hergestellt in Taiwan oder Korea. Werden überall verkauft.«
    »Noch was?«
    »Nein, nichts.«
    »Gute Arbeit, Bocchese, aber ich glaube nicht, daß wir mehr als die Fahrkarte brauchen, um Gewißheit zu haben.«
    »Gewißheit, Commissario?« fragte Bocchese.
    »Daß er Amerikaner ist.«
    »Warum?« fragte der Laborleiter, eindeutig verwirrt.
    »Weil dort die Amerikaner sind«, erklarte Brunetti. Jeder Italiener in der Gegend wußte von dem Stützpunkt in Vicenza. Caserma irgendwas, der Stützpunkt, wo Tausende von Amerikanern mit ihren Familien wohnten, auch heute noch, fast fünfzig Jahre nach Kriegsende. Ja, das würde ganz bestimmt das Schreckgespenst Terrorismus heraufbeschwören, und es gab sicher Probleme wegen der Zuständigkeit. Die Amerikaner hatten ihre eigene Polizei da draußen, und sobald jemand das Wort »Terrorismus« auch nur flüsterte, konnte sehr wohl die NATO mit ins Spiel kommen, und möglicherweise Interpol.
    Oder sogar die CIA, eine Vorstellung, bei der Brunetti das Gesicht verzog, wenn er nur daran dachte, wie Patta im Blitzlichtgewitter baden würde, in der Berühmtheit, die deren Ankunft mit sich brächte. Brunetti hatte keine Ahnung, wie Terrorakte sich anfühlten, aber für sein Gefühl war dies hier keiner. Ein Messer war eine allzu gewöhnliche Waffe; es sicherte dem Verbrechen keine Aufmerksamkeit. Und es hatte keinen Bekenneranruf gegeben. Der könnte vielleicht noch kommen, aber das wäre dann zu spät, zu passend.
    »Natürlich, natürlich«, sagte Bocchese. »Daran hätte ich denken sollen.« Er wartete, ob Brunetti noch etwas sagen wollte, und als nichts kam, fragte er: »Sonst noch etwas, Commissario?«
    »Ja. Wenn Sie mit dem Mann von der Bahn gesprochen haben, lassen Sie mich bitte wissen, ob er Ihnen etwas über den Zug sagen konnte, den er genommen hat.«
    »Ich bezweifle, daß er das kann, Commissario. Es ist nur eine Ausstanzung auf der Fahrkarte. Wir können daraus nichts entnehmen, was auf einen bestimmten Zug hindeutet. Aber ich rufe Sie an, wenn er es uns sagen kann. Noch etwas?«
    »Nein, nichts weiter. Und vielen Dank, Bocchese.«
    Nachdem sie aufgelegt hatten, saß Brunetti an seinem Schreibtisch, starrte an die Wand und überdachte diese Information und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Ein junger Mann, körperlich fit, kommt nach Venedig mit einer Rückfahrkarte aus einer Stadt, in der ein amerikanischer Militärstützpunkt ist. Die zahntechnischen Arbeiten in seinem Mund sind amerikanischer Machart, und er hat amerikanische Münzen in der Tasche.
    Brunetti griff zum Telefon und wählte die Vermittlung. »Verbinden Sie mich bitte mit dem amerikanischen Militärstützpunkt in Vicenza.«

3
    Während er auf die Verbindung wartete, kam das Bild dieses jungen Gesichtes mit den im Tod offenen Augen ihm wieder ins Gedächtnis. Es hätte irgendeines der Gesichter sein können, die er auf den Fotos von amerikanischen Soldaten im Golfkrieg gesehen hatte: frisch, glattrasiert, unschuldig, strotzend von jener außergewöhnlichen Gesundheit, die so charakteristisch für Amerikaner war. Aber das Gesicht des jungen Amerikaners am Kanalufer war seltsam ernst gewesen, von seinen Kameraden abgehoben durch das Mysterium des Todes.
    »Brunetti«, meldete er sich auf das Summen seiner Sprechanlage.
    »Sie sind schwer zu finden, diese Amerikaner«, erklärte der junge Mann von der Vermittlung. »Im Telefonbuch von Vicenza ist der Stützpunkt nicht verzeichnet, auch nicht unter NATO oder unter Vereinigte Staaten von Amerika. Aber unter Militärpolizei habe ich eine Nummer gefunden. Wenn Sie einen Augenblick warten, Commissario, stelle ich die Verbindung her.«
    Wie merkwürdig, dachte Brunetti, daß eine Macht, die so präsent war, im Telefonbuch so gut wie unauffindbar sein sollte. Er lauschte den normalen Klickgeräuschen eines Ferngesprächs, hörte es am anderen Ende klingeln und dann eine männliche Stimme sagen: »M.P. Station, kann ich Ihnen helfen, Sir oder Madam?«
    »Guten Tag«, sagte

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