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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Anschein«, sagte Brunetti. »Ich habe Rossi gebeten, ins Krankenhaus zu gehen und Viscardi zu fragen, ob er Ruffolo auf einem Foto wiedererkennt.«
    »Wird er wahrscheinlich nicht«, bemerkte Vianello lakonisch.
    Brunetti stieß sich vom Schreibtisch ab. »Ich glaube, ich muß ein paar Telefongespräche führen. Entschuldigen Sie mich, Sergente.«
    »Natürlich, Commissario«, sagte Vianello und fügte hinzu: »Null Zwo.« Das war die Vorwahl für Mailand.

14
    In seinem Büro holte Brunetti ein spiralgebundenes Notizbuch aus dem Schreibtisch und begann darin herumzublättern. Seit Jahren nahm er sich immer wieder fest vor, die Namen und Telefonnummern in diesem Büchlein irgendwie zu ordnen. Und jedesmal, wenn er auf der Jagd nach einer Nummer, die er seit Monaten oder Jahren nicht angerufen hatte, wieder einmal darin blätterte, erneuerte er seinen Vorsatz. In gewisser Weise ähnelte dieses Blättern dem Schlendern durch ein Museum, in dem er viele vertraute Bilder sah und jedem Gelegenheit gab, eine Erinnerung zu wecken, bevor er seine Suche nach dem fortsetzte, was er eigentlich sehen wollte. Schließlich fand er, was er suchte, die Privatnummer von Riccardo Fosco, dem Wirtschaftsredakteur einer der wichtigsten Wochenzeitschriften des Landes.
    Bis vor wenigen Jahren war Fosco der Star der Nachrichtenmedien gewesen und hatte Finanzskandale an den unwahrscheinlichsten Stellen aufgedeckt. Als einer der ersten hatte er Fragen zur Banco Ambrosiano gestellt. Sein Büro war zum Zentrum eines Informationsnetzes über die wahre Natur des italienischen Geschäftslebens geworden, und in seinen Kolumnen erwartete man die ersten Hinweise darauf, daß bei einer Firma, einem Aufkauf oder einer Übernahme etwas faul war. Als er vor zwei Jahren gegen fünf Uhr nachmittags sein Büro verließ, um sich mit Freunden auf einen Drink zu treffen, hatte aus einem geparkten Wagen jemand mit einer Maschinenpistole das Feuer auf ihn eröffnet, dabei sorgfaltig auf die Knie gezielt und beide zertrümmert; nun war Foscos Wohnung sein Büro, und gehen konnte er nur mit Hilfe zweier Krücken, weil ein Knie völlig steif war und das andere nur noch eine Bewegungsfreiheit von dreißig Grad hatte. Eine Festnahme hatte es nach diesem Anschlag nicht gegeben.
    »Fosco«, meldete er sich, wie immer.
    »Ciao, Riccardo. Hier ist Guido Brunetti.«
    »Ciao, Guido. Lange nichts von dir gehört. Versuchst du immer noch die Sache mit dem Geld zu klären, das Venedig retten sollte?«
    Es war ein alter Witz zwischen ihnen, diese Leichtigkeit, mit der Millionen Dollar - niemand hatte je erfahren, wie viele es wirklich waren -, aufgebracht von der UNESCO zur »Rettung« Venedigs, sich in den Amtern und den tiefen Taschen jener »Planer« verkrümelt hatten, die nach der verheerenden Flut von 1966 mit ihren Planen und Programmen vorgeprescht waren. Es gab eine Stiftung mit vollzeitbeschäftigten Angestellten, ein Archiv voller Blaupausen, sogar Wohltätigkeitsgalas und Bälle, aber kein Geld mehr, und die Fluten konnten ungehindert mit der Stadt machen, was sie wollten. Diese Geschichte, deren Fäden bis zur UN, dem Gemeinsamen Markt und verschiedenen Regierungen und Geldinstituten reichten, hatte sich sogar für Fosco als zu verwickelt erwiesen. Er hatte nie darüber geschrieben, weil er fürchten mußte, daß seine Leser ihm vorwerfen würden, er habe sich aufs Romaneschreiben verlegt. Brunetti für seinen Teil war immer davon ausgegangen, daß - da die meisten der an den Projekten Beteiligten Venezianer waren - das Geld tatsächlich zur Rettung der Stadt benutzt worden war, wenn vielleicht auch nicht so, wie ursprünglich gedacht.
    »Nein, Riccardo, es geht um einen der Euren, einen Mailander. Viscardi. Ich weiß nicht einmal seinen Vornamen, aber er ist im Rüstungsgeschäft und hat gerade ein Vermögen für die Restaurierung eines Palazzo hier ausgegeben.«
    »Augusto«, antwortete Fosco sofort, dann wiederholte er den Namen allein um seiner Schönheit willen: »Augusto Viscardi.«
    »Das kam ja unheimlich schnell«, meinte Brunetti.
    »O ja. Signor Viscardis Namen höre ich oft.«
    »Und was hörst du da so?«
    »Seine Munitionsfabriken sind in Monza. Es sind vier. Angeblich hatte er umfangreiche Verträge mit dem Irak, genaugenommen mit einer ganzen Reihe von Ländern im Nahen Osten. Irgendwie ist es ihm gelungen, sogar noch während des Krieges zu liefern, ich glaube, über den Jemen.« Fosco hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Aber ich habe auch

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