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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gehört, daß er im Krieg Schwierigkeiten hatte.«
    »Was für Schwierigkeiten?« fragte Brunetti.
    »Naja, keine, die ihm ernsthaft weh getan hätten, jedenfalls nach meinen Informationen nicht. Keine dieser Fabriken hat während des Krieges zugemacht, und ich meine nicht nur seine. Wie ich gehört habe, lief die Produktion in dem ganzen Bereich auf vollen Touren weiter. Es gibt immer Käufer für das, was die herstellen.«
    »Aber was für Schwierigkeiten hatte er?«
    »Ich bin nicht sicher. Da muß ich erst ein paar Telefonate führen. Aber den Gerüchten zufolge muß es ihn ziemlich hart getroffen haben. Die meisten sorgen vor der Lieferung dafür, daß die Zahlungen über sichere Länder wie Panama oder Liechtenstein erfolgen, aber Viscardis Geschäftsbeziehungen waren schon so alt - ich glaube, er ist sogar ein paarmal dort gewesen, um Gespräche mit dem Oberboß zu führen -, daß er diese Sicherheitsmaßnahme unterlassen hat, in der Gewißheit, als guter alter Geschäftspartner behandelt zu werden.«
    »Und das ist dann nicht geschehen?«
    »Nein, das ist nicht geschehen. Ein Großteil von dem Zeug ist hochgegangen, bevor es geliefert werden konnte. Ich glaube, eine ganze Schiffsladung wurde im Golf gekapert. Laß mich mal rumtelefonieren, Guido. Ich rufe bald zurück, in der nächsten Stunde.«
    »Und in seinem Privatleben, gibt es da irgend etwas?«
    »Nicht daß ich wüßte, aber ich erkundige mich.«
    »Danke, Riccardo.«
    »Kannst du mir sagen, worum es geht?«
    Brunetti sah keinen Grund, warum nicht. »Letzte Nacht wurde in seinem Haus eingebrochen, und er überraschte die Täter. Er konnte die drei Männer nicht beschreiben, aber er wußte, welche drei Bilder sie mitgenommen haben.«
    »Klingt ganz nach Viscardi«, sagte Fosco.
    »Ist er so dumm?«
    »Nein, dumm ist er nicht. Ganz und gar nicht. Aber er ist arrogant, und er ist risikobereit. Diese beiden Eigenschaften haben ihm zu seinem Vermögen verhelfen.« Foscos Stimme veränderte sich. »Tut mir leid, Guido, ich bekomme gerade einen Anruf auf der anderen Leitung. Ich rufe dich nachher wieder an, ja?«
    »Danke, Riccardo«, sagte Brunetti, und bevor er noch hinzufügen konnte: »Das ist sehr nett von dir«, war die Leitung tot.
    Das Geheimnis polizeilicher Erfolge gründete sich, wie Brunetti wußte, nicht auf brillantes Kombinieren oder die psychologische Manipulation von Verdächtigen, sondern auf die schlichte Tatsache, daß Menschen dazu neigten, ihren eigenen Intelligenzgrad für die Norm zu halten. Darum wurden die Dummen immer schnell gefaßt, denn ihre Vorstellung von Schlauheit war so jämmerlich verkümmert, daß sie die geborene Beute für die Greifer waren. Dummerweise machte dieselbe Regel seine Arbeit nur noch schwerer, wenn er es mit Kriminellen zu tun hatte, die Intelligenz oder Mut besaßen.
    In der folgenden Stunde rief Brunetti unten bei Rossi an und ließ sich den Namen des Versicherungsvertreters geben, der gebeten hatte, den Schauplatz des Einbruchs besichtigen zu dürfen. Als er den Mann schließlich in seinem Büro erreichte, bestätigte er Brunetti, daß die Bilder alle echt und alle bei dem Einbruch verschwunden seien. Kopien der Echtheitszertifikate lägen in diesem Augenblick auf seinem Tisch. Der Marktwert der drei Bilder? Also, sie seien für drei Milliarden Lire versichert, aber der reale Marktwert habe sich innerhalb des letzten Jahres womöglich noch erhöht, beim derzeitigen Preisanstieg für Impressionisten. Nein, es sei vorher noch nie dort eingebrochen worden. Ja, Schmuck sei ebenfalls gestohlen worden, aber verglichen mit den Bildern sei das unerheblich, ein paar hundert Millionen Lire. Aha, dachte Brunetti, was für eine reizende Welt, in der ein paar hundert Millionen Lire als unerheblich galten.
    Als Brunetti sein Gespräch mit dem Versicherungsvertreter beendet hatte, kam gerade Rossi aus dem Krankenhaus zurück und erzählte ihm, Signor Viscardi sei höchst überrascht gewesen, als er das Foto von Ruffolo sah. Er habe sich allerdings schnell wieder gefaßt und erklärt, der Mann auf dem Bild habe keine Ähnlichkeit mit einem der beiden Männer, die er gesehen habe, wobei er inzwischen darauf beharrte, es seien nach reiflicher Überlegung doch nur zwei gewesen.
    »Was halten Sie davon?« fragte Brunetti.
    »Er lügt. Ich weiß nicht, was er sich sonst noch alles zusammenlügt, aber wenn er behauptet, Ruffolo nicht zu kennen, dann lügt er. Er hätte nicht verblüffter sein können, wenn ich ihm ein Foto

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