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Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Brunetti an. »Noch etwas, Commissario?«
    »Ja, dieser Transvestit in Mestre, Francesco Crespo. Erwähnen Sie seinen Namen hier und da, mal sehen, ob er jemandem etwas sagt.«
    »Was haben die in Mestre über ihn?«
    »Nichts weiter, außer daß er zweimal wegen Drogen festgenommen wurde. Die Kollegen von der Sitte führen ihn noch auf ihrer Liste, aber er hat längst eine Wohnung im Viale Ronconi, eine sehr schöne Wohnung, und das bedeutet ja wohl, daß er die Via Cappuccina und die öffentlichen Parks hinter sich gelassen hat. Und fragen Sie, ob Gallo schon die Namen der Hersteller des Kleides und der Schuhe hat.«
    »Ich werde sehen, was ich herausfinden kann«, sagte Vianello, während er sich weitere Notizen machte. »War's das, Commissario?«
    »Ja. Und behalten Sie die Vermißtenmeldungen im Auge. Alles, was hereinkommt. Wir suchen einen Mann Anfang vierzig, auf den die Beschreibung des Toten paßt. Sie ist in der Akte. Vielleicht kann die neue Sekretärin mit ihrem Computer etwas dazu beitragen.«
    »Aus welcher Gegend, Commissario?« wollte Vianello wissen, während er seinen Stift bereithielt. Daß er nicht weiter nach der Sekretärin fragte, genügte Brunetti, um zu wissen, daß ihre Ankunft sich bereits herumgesprochen hatte.
    »Wenn sie das kann, aus dem ganzen Land. Ebenso vermißte Touristen.«
    »Sie können sich wohl mit dem Gedanken, daß er ein prostituto war, nicht recht anfreunden, Commissario?«
    Brunetti mußte an den nackten Körper denken, der so schrecklich seinem eigenen glich. »Nein, es ist einfach kein Körper, für den jemand bezahlen würde.«

12
    A m Samstagmorgen fuhr Brunetti mit seiner Familie zum Bahnhof, aber es herrschte gedämpfte Stimmung, während sie an der Anlegestelle San Silvestro ins Vaporetto Nummer eins stiegen. Paola war verärgert, daß Brunetti »seinen Transvestiten«, wie sie inzwischen sagte, nicht verlassen wollte, um wenigstens für das erste Urlaubswochenende mit nach Bozen zu fahren; Brunetti ärgerte sich, daß sie ihn nicht verstand. Raffaele trauerte dem jungfräulichen Charme seiner Freundin Sara Paganuzzi nach, wenn ihn auch die Aussicht, in einer Woche wieder mit ihr vereint zu sein, etwas tröstete - außerdem konnte man ja bis dahin die Wälder nach frischen Pilzen durchstreifen. Chiara war, wie so häufig, ganz und gar uneigennützig in ihrem Kummer, denn sie wollte nur, daß ihr Vater, der ständig zu viel arbeitete, wegfahren und richtig Urlaub machen konnte.
    Die Familienetikette wollte es, daß jeder sein Gepäck selbst trug, aber da Brunetti nur bis Mestre mitfuhr und darum keines hatte, nutzte Paola die Gelegenheit und überließ ihm ihren großen Koffer, während sie nur ihre Handtasche zu tragen hatte, samt »Henry James, Briefe« -  ein so entsetzlich umfangreiches Buch, daß Brunetti überzeugt war, sie hätte sowieso keine Zeit für ihn gehabt. Weil Brunetti nun Paolas Koffer trug, trat augenblicklich das Dominoprinzip in Kraft: Chiara stopfte ein paar von ihren Büchern in den Koffer ihrer Mutter, womit sie wiederum in ihrem eigenen Platz für Raffis zweites Paar Bergstiefel schuf. Woraufhin seine Mutter diesen Platz für ihre Ausgabe von The sacred Fount beanspruchte, nachdem sie beschlossen hatte, daß in diesem Jahr endlich genügend Zeit wäre, es zu lesen.
    Sie stiegen alle in ein Abteil des 8.35-Uhr-Zuges, der Brunetti binnen zehn Minuten nach Mestre und die anderen rechtzeitig zum Mittagessen nach Bozen bringen würde. Keiner wußte viel zu sagen während der kurzen Fahrt über die Lagune; Paola vergewisserte sich, daß er die Telefonnummer des Hotels in der Brieftasche hatte, und Raffaele erklärte ihm, Sara werde nächsten Samstag mit genau diesem Zug fahren, worauf Brunetti überlegte, ob nun von ihm erwartet wurde, daß er dann auch ihr das Gepäck trug.
    In Mestre gab er den Kindern einen Abschiedskuß, und Paola ging mit ihm den Gang entlang zur Tür. »Ich hoffe, du kannst nächstes Wochenende kommen, Guido. Besser noch, du bringst die Sache ganz schnell zu Ende und kommst früher.«
    Er lächelte, wollte ihr aber nicht sagen, für wie unwahrscheinlich er das hielt; sie wußten noch nicht einmal, wer der Tote überhaupt war. Er küßte sie auf beide Wangen, stieg aus und ging auf dem Bahnsteig zurück bis zum Abteil, in dem die Kinder saßen. Chiara aß bereits einen Pfirsich. Während er durchs Fenster zu ihnen hineinschaute, sah er Paola ins Abteil zurückkommen, automatisch ein Taschentuch herausziehen und es Chiara

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