Brunetti 04 - Vendetta
gestanden?« fragte della Corte.
»Ja. Alle drei.«
Della Cortes anerkennender Pfiff hallte durch die Leitung. »Ich weiß von nichts«, sagte er schließlich. »Warum rufen Sie mich an? Wo haben Sie die Frau festgenommen?«
»Hier. In Venedig. Aber heute morgen kamen ein paar Leute vom Staatsschutz und haben sie abgeholt. Jemand vom Justizministerium hatte sie geschickt. Sie haben gesagt, die Frau müsse in Padua in Untersuchungshaft.«
»Das ist doch Unsinn«, rief della Corte. »Sie gehört bis zur Anklage dahin, wo sie festgenommen wurde, das weiß doch jeder.« Dann fragte er nach einer Pause: »Ist sie schon angeklagt?«
»Weiß ich nicht«, sagte Brunetti. »Aber ich kann es mir nicht vorstellen, die Zeit war zu kurz.«
»Ich will mal sehen, was ich in Erfahrung bringen kann«, sagte della Corte. »Ich rufe zurück, sobald ich etwas weiß. Wie heißt sie?«
»Ceroni, Regina Ceroni.« Bevor Brunetti noch etwas hinzufügen konnte, hatte della Corte schon aufgelegt.
»Was ist los?« fragte Signorina Elettra in höchster Sorge.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Brunetti. Ohne noch ein Wort zu sagen, drehte er sich um und klopfte an Pattas Tür.
»Avanti. «
Brunetti stieß die Tür auf und ging rasch ins Zimmer. Er zwang sich zu schweigen, um sich nach Möglichkeit schon ein Bild von Pattas Stimmung zu machen, bevor er dem Vice-Questore etwas erklären mußte.
»Was muß ich da über diese Frau hören, die nach Padua überstellt wurde?« verlangte Patta zu wissen.
»Ich weiß davon nichts. Ich habe sie heute nacht festgenommen. Sie hat gestanden, alle drei getötet zu haben: Trevisan, Favero und Lotto.«
»Wo hat sie das gestanden?« fragte Patta - eine Frage, mit der er Brunetti verwirrte.
»In ihrem Auto.«
»Ihrem Auto?«
»Ich bin ihr zum Piazzale Roma gefolgt. Dann bin ich lange mit ihr herumgefahren, und schließlich habe ich sie wieder hierhergebracht, nach Venedig. Sie hat mir gesagt, wie sie es getan hat. Und warum.«
Patta schien sich weder für das eine noch das andere zu interessieren. »Haben Sie ihr Geständnis? Ist es bezeugt?«
Brunetti schüttelte den Kopf. »Wir kamen um vier Uhr früh hier an, und ich habe sie gefragt, ob sie ihren Anwalt anrufen will. Das wollte sie nicht. Ich habe gefragt, ob sie eine Aussage machen will, aber das lehnte sie ab, und da habe ich sie in eine Zelle bringen lassen. Agente Di Censo hat sie in die Frauenabteilung gebracht.«
»Ohne ein Geständnis oder eine Aussage von ihr zu haben?« fuhr Patta auf.
Es hatte keinen Sinn, auf Zeit zu spielen. »Ja. Ich dachte, das könnte ich heute vormittag noch bekommen.«
»Sie dachten, das könnten Sie heute vormittag bekommen«, äffte Patta ihn in einem gehässigen Singsang nach.
»Ja.«
»Nun, daraus wird wohl nichts werden, wie?« meinte Patta ohne einen Versuch, seine Wut zu verhehlen. »Sie ist nach Padua gebracht worden...«
»Ist sie dort angekommen?« unterbrach ihn Brunetti.
Patta blickte müde zur Seite. »Wenn Sie mich bitte ausreden ließen, Commissario...«
Brunetti nickte, hielt aber jedes Wort für überflüssig.
»Wie ich sagte«, begann Patta und hielt lange genug inne, um die Bedeutung dessen zu betonen, was er noch hatte sagen wollen, bevor man ihn unterbrach, »sie wurde heute morgen nach Padua gebracht. Bevor Sie sich hierherbemühten und ohne daß sie ein Geständnis abgelegt hätte, was, wie Ihnen wohl bekannt sein dürfte, Commissario, zum kleinen Einmaleins jeder Polizeiarbeit gehört. Aber jetzt wurde sie nach Padua gebracht, und Sie wissen hoffentlich, was das bedeutet.« Hier legte Patta eine hochdramatische Kunstpause ein und wartete auf Brunettis uneingeschränktes Geständnis seiner Unfähigkeit.
»Sie glauben also, daß sie in Gefahr ist?« fragte Brunetti.
Patta blinzelte irritiert und legte den Kopf zurück. »In Gefahr? Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Commissario. Die einzige Gefahr ist, daß Padua jetzt das Verdienst für ihre Verhaftung und ihr Geständnis einheimsen wird. Sie hat drei Männer umgebracht, zwei davon hochangesehene Persönlichkeiten aus unserer Stadt, und das Verdienst für ihre Festnahme wird Padua angerechnet.«
»Sie ist also dort?« fragte Brunetti mit hoffnungsvoll erhobener Stimme.
»Ich habe keine Ahnung, wo sie ist«, versetzte Patta, »und es ist mir, ehrlich gesagt, auch ziemlich egal. Sowie sie aus unserem Zuständigkeitsbereich heraus war, hat sie aufgehört, für mich von Interesse zu sein. Wir können die Ermittlungen in diesen
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