Brunetti 04 - Vendetta
sein Geheiß.
Aus dem Gedächtnis wählte er die Nummer eines Freundes, der ein Colonnello bei der Guardia di Finanza war, war, und erklärte ihm kurz die Sache mit Trevisan, Favero, Lotto und dem Geld, das sie seit Jahren bekommen und auf die Seite gebracht haben mußten. Der Colonnello sagte, er wolle sich Signora Trevisans Finanzen vornehmen, sobald er Zeit und Leute dafür habe. Als Brunetti wieder auflegte, fühlte er sich nicht besser. Er stützte die Ellbogen auf seinen Schreibtisch, legte den Kopf in die Hände und blieb lange so sitzen. Er hatte die Frau erst vor Morgengrauen hergebracht, aber um acht waren schon die Männer vom Staatsschutz dagewesen, um sie abzuholen.
Mühsam erhob er sich und ging hinunter in den Wachraum, um Preside zu suchen, den Mann, der Wachdienst gehabt hatte, als er mit Signora Ceroni in die Questura gekommen war. Preside hatte um acht Uhr seinen Dienst beendet, aber in seinem Wachbuch hatte er notiert: »6.18 Uhr: Tte. Scarpa übernimmt Tagdienst. Comm. Brunettis Bericht an Tte. Scarpa.«
Brunetti verließ den Wachraum und blieb kurz in der Halle stehen, erstaunt, daß er mehrere Sekunden brauchte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Er drehte sich um und ging auf die Treppe zu, die ihn aus der Questura hinausführte, wobei er sich zwang, das Wissen, das er hinter sich zurückließ, aus seinem Kopf zu drängen. Er ging die Treppe hinunter, mit den Gedanken bei Signora Ceroni und ihrer seltsamen Fahrt durch die Nacht. Er mußte sich sagen, daß er nie verstehen würde, warum sie es getan hatte. Vielleicht mußte man dafür eine Frau sein. Er würde Paola fragen. Sie verstand so etwas meist. Bei diesem Gedanken kehrten die Gefühle in ihn zurück, und er verließ die Questura und machte sich auf den Heimweg.
Weitere Kostenlose Bücher