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Brunetti 05 - Acqua alta

Brunetti 05 - Acqua alta

Titel: Brunetti 05 - Acqua alta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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an all dieser Schönheit zu erfreuen.« Seine Stimme wurde noch wärmer. »Sie wollen mir doch nicht unterstellen, daß ich ihr eine solche Freude vorenthalten würde, oder?«
    Brunettis Stimme war ebenso ruhig. »Ich glaube, es ist an der Zeit, die Komödie zu beenden, Signore.«
    La Capra lachte bei Brunettis Worten. »Oh, ich glaube, der Komödiant sind Sie, signor poliziotto. Sie sind ungebeten hier in meinem Haus; ich könnte mir vorstellen, daß schon Ihr Eindringen illegal war. Folglich haben Sie kein Recht, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe.« Sein Ton wurde entschieden schärfer, während er sprach, und am Ende zischte er fast vor Zorn. Als er sich selbst so reden hörte, besann La Capra sich offenbar wieder auf seine Rolle, wandte sich von Brunetti ab und machte ein paar Schritte auf eine der Vitrinen zu.
    »Schauen Sie sich doch bitte einmal die Linien auf dieser Vase hier an«, sagte er. »Einfach zauberhaft, wie sie sich bis auf die Rückseite schlängeln, finden Sie nicht?« Er zeichnete mit der Hand einen eleganten Bogen in die Luft, der die gemalte Linie auf der hohen Vase imitierte, vor der er stand. »Ich fand es schon immer bemerkenswert, welch einen Blick für Schönheit diese Leute hatten. Vor Tausenden von Jahren, und doch waren sie schon verhebt in Schönheit.« Er drehte sich zu Brunetti um, der Connaisseur verwandelte sich in den Philosophen und fragte: »Meinen Sie, das ist das Geheimnis des Menschseins, die Liebe zur Schönheit?«
    Brunetti ging auf diese Banalität nicht ein, und La Capra blieb vor der nächsten Vitrine stehen. Dann meinte er mit einem kurzen, nur für ihn selbst bestimmten Lachen: »Diese hier hätte Dottoressa Lynch sicher gern gesehen.«
    Etwas in seiner Stimme, so etwas anzüglich Gemeines, ließ Brunetti zu der Vitrine hinüberschauen, vor der La Capra stand. Er sah darin dieselbe Kürbisform wie auf dem Foto, das Brett ihm gezeigt hatte. Auf ihr erkannte man, aufrecht stehend und nach links strebend, einen Fuchs mit Menschenkörper, fast identisch mit dem auf der Vase, von der Brett ihm ein Foto gezeigt hatte.
    Ungebeten stellte sich der Gedanke ein: Wenn La Capra ihm diese Vase zeigte, dann nur, weil er von Brett nichts mehr zu befürchten hatte, dem einzigen Menschen, der um ihre Herkunft wußte. Brunetti warf sich herum und machte zwei lange Schritte zur Tür hin. Kurz davor drehte er sich zur Seite und riß das rechte Bein hoch. Dann trat er mit aller Kraft dagegen, unmittelbar unter dem Schloß. Der Stoß erschütterte seinen ganzen Körper, aber die Tür gab nicht nach.
    Hinter ihm lachte La Capra leise in sich hinein. »Oje, ihr Norditaliener seid so ungestüm. Bedaure, aber sie wird Ihnen zuliebe nicht aufgehen, signor poliziotto, da können Sie noch so fest dagegentreten. Sie sind wohl oder übel mein Gast, bis Salvatore von seinem Botengang zurück ist.« Er wandte sich wieder den Vitrinen zu. »Dieses Stück hier stammt aus dem ersten Jahrtausend vor Christus. Ist es nicht wunderschön?«

26
    Beim Verlassen der Galerie schloß der junge Mann bedachtsam die Tür hinter sich ab und ließ den Schlüssel stecken, amüsiert bei dem Gedanken, daß sein Vater ja gut aufgehoben war, ausgerechnet mit einem Polizisten. Es war so widersinnig, daß er laut lachen mußte, während er durch den Flur ging. Sein Lachen erstarb, als er die Tür nach draußen öffnete und sah, daß es immer noch goß. Wie konnten die Leute hier nur mit diesem Wetter leben und mit den dreckigen schwarzen Wassermassen, die schon aus dem Straßenpflaster emporquollen? Er wollte es sich nicht eingestehen, aber er hatte Angst vor diesem Wasser, Angst vor dem, was sein Fuß da womöglich berührte, wenn er hindurchwatete, oder schlimmer noch, was um seine Beine streichen oder in seine Stiefel rinnen konnte.
    Aber er glaubte jetzt zum letzten Mal da durchzumüssen. Wenn das hier erledigt, wenn diese Angelegenheit bereinigt war, konnte er ins Haus gehen und warten, bis das widerliche Wasser zurückgeflossen war in die Kanäle, die Lagune, ins Meer, wo es hingehörte. Er hatte nichts übrig für diese kalten adriatischen Fluten, die so anders waren als das weite klare Türkisblau des ruhigen Mittelmeers vor den Fenstern ihres Hauses in Palermo. Er wußte beim besten Willen nicht, was seinen Vater bewogen hatte, in dieser schmutzigen Stadt ein Haus zu kaufen. Es diene der Sicherheit seiner Sammlung, behauptete er, da hier kaum eingebrochen werde. Dabei würde es auf Sizilien kein

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