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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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festen Freund hatte -, harten Sex bevorzugte.«
    »Was heißt ›harter Sex‹? Vergewaltigung?«
    »Nein«, antwortete Rizzardi sofort.
    »Was dann? Was kann es denn noch sein?«
    »Harter Sex ist nicht unbedingt Vergewaltigung«, antwortete Rizzardi so barsch, daß Brunetti schon auf ein belehrendes »Commissario« dahinter wartete.
    »Was ist denn Vergewaltigung?«
    »Wenn sie oder er nicht will, dann ist es Vergewaltigung.«
    »Sie oder er?«
    Rizzardis Stimme wurde wieder sanfter. »Wir leben m anderen Zeiten, Guido. Die Tage sind vorbei, in denen sich eine Vergewaltigung immer nur zwischen einem gewalttätigen Mann und einer unschuldigen Frau abspielte.«
    Brunetti, Vater einer heranwachsenden Tochter, hätte zu gern gehört, was Dottor Rizzardi zu diesem Thema noch zu sagen hatte, aber da er nicht sah, wie das seine Ermittlungen voranbringen sollte, beließ er es dabei und fragte: »Wann war das Ganze?«
    »Nach meiner Schätzung vor zwei Tagen, irgendwann am Freitag abend.«
    »Warum?«
    »Glaub mir's einfach, Guido. Wir sind hier nicht im Fernsehen, wo ich jetzt etwas über den Mageninhalt oder den Sauerstoffgehalt des Blutes erzählen müßte. Vor zwei Tagen«, wiederholte er, »wahrscheinlich abends, nach zehn oder so. Glaub mir's einfach, und geh davon aus, daß es vor Gericht Bestand haben wird.«
    »Wenn es je vor Gericht kommt«, meinte Brunetti abwesend, und eigentlich war diese Bemerkung auch gar nicht für den Pathologen bestimmt.
    »Nun gut, das ist deine Aufgabe. Ich berichte dir nur, was die physischen Merkmale mir sagen. Warum und Wie und Wer mußt du herausbekommen.«
    »Ich wollte, das wäre so einfach«, seufzte Brunetti.
    Rizzardi zog es vor, sich nicht auf eine Diskussion über die Anforderungen ihrer jeweiligen Berufe einzulassen, und beendete das Gespräch. Brunetti blieb nichts anderes übrig, als wieder nach Pellestrina hinauszufahren und zu versuchen, auf diese Fragen eine Antwort zu finden.

18
    A uch wenn Sonntag war, sah Brunetti keinen Grund, daß er und Vianello nicht nach Pellestrina hinausfahren und versuchen sollten, etwas in Erfahrung zu bringen, was ihnen helfen könnte, Signora Follinis Tod zu verstehen. Bonsuan war alles andere als abgeneigt, sie hinzubringen, und versicherte, daß die Zeitung ihn langweile; da er sich für Fußball nicht besonders interessiere, sei es für ihn sowieso Zeitverschwendung, die Berichte über die Spiele des Tages zu lesen.
    Während sie am Anleger Giardini auf dem Deck standen und bei laufendem Motor auf Vianello warteten, kam Brunetti wieder auf Bonsuans Bemerkung zurück und fragte: »Für welchen Sport interessieren Sie sich denn?«
    »Ich?« fragte Bonsuan, eine Verzögerungstaktik, die Brunetti von vielen Zeugen kannte, denen eine Frage unbequem war.
    »Ja, Sie.«
    »Meinen Sie zum Ausüben oder zum Zuschauen, Commissario?« fragte Bonsuan ausweichend.
    »Beides«, antwortete Brunetti, den es inzwischen schon mehr als die Frage selbst interessierte, warum Bonsuan so ungern mit der Sprache herausrückte.
    »Nun - ich treibe ja in meinem Alter keinen Sport mehr«, sagte Bonsuan schließlich in einem Ton, der verhieß, daß es keine weiteren Auskünfte geben würde.
    »Aber zum Zuschauen?« fragte Brunetti.
    Bonsuan blickte die lange Allee zum Corso Garibaldi hinunter, ob dort nicht endlich Vianello auftauchte. Brunetti sah den Passanten nach. Eine ganze Weile später sagte Bonsuan: »Wissen Sie, Commissario, es ist ja nicht so, daß ich etwas davon verstehe oder daß ich mir ein Bein ausreiße, um es sehen zu können, aber wenn im Fernsehen die Hütehundprüfungen gezeigt werden, aus Schottland, da gucke ich gern zu.« Als Brunetti nichts sagte, fuhr Bonsuan fort: »Oder aus Neuseeland.«
    »Im Gazzettino wird darüber sicher nicht viel berichtet, denke ich mir«, meinte Brunetti.
    »Nein«, antwortete der Bootsführer, dann richtete er seinen Blick wieder auf den Torbogen am Ende der Allee und sagte mit unüberhörbarer Erleichterung in der Stimme: »Da kommt Vianello.«
    Der Sergente, heute in Uniform, winkte im Näherkommen, dann sprang er an Deck. Bonsuan legte ab und nahm Kurs auf den mittlerweile vertrauten Kanal, der nach Pellestrina führte, wo man gerade friedvoll den Tag des Herrn beging.
    Daß Religion ein Relikt aus der Vergangenheit ist und keinen wirklichen Einfluß mehr auf das Verhalten der Menschen in Italien ausübt, hat bisher noch in keiner Weise etwas an ihren Kirchgangsgewohnheiten geändert, schon gar nicht in den

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