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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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notierte sich von beiden die Nummer.
    Als er die erste wählte, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Signora Ferro?«
    »Wer spricht da, bitte?«
    »Commissario Guido Brunetti, ich rufe aus Venedig an.«
    Er hörte ein erschrockenes Luftholen, dann fragte sie hastig und mit gepreßter Stimme: »Geht es um Federica?«
    »Sie meinen Signora Moro?« fragte er zurück.
    Die Frau war offenbar so verstört, daß sie nur ein gepreßtes »Ja« herausbrachte.
    »Ihr ist nichts passiert, Signora, bitte glauben Sie mir. Ich rufe nur an, weil ich mich nach dem Vorfall von vor zwei Jahren erkundigen wollte.« Darauf erwiderte sie nichts, aber Brunetti hörte, wie sie am anderen Ende rasch und gehetzt atmete. »Können Sie mich hören, Signora? Ist Ihnen nicht wohl?«
    Wieder blieb es lange still, und er fürchtete schon, sie würde auflegen oder habe es bereits getan, aber dann war ihre Stimme wieder da. »Wie, sagten Sie, war Ihr Name?«
    »Commissario Guido Brunetti, von der venezianischen Polizei, Signora.« Wieder Schweigen. »Können Sie mich hören, Signora?«
    »Ja«, sagte die Frau. »Ich höre Sie gut.« Und nach einer weiteren langen Pause fügte sie hinzu: »Ich rufe Sie zurück.« Dann war die Leitung tot, auch wenn Brunetti ihre ängstliche Stimme und der toskanische Akzent noch im Ohr klangen.
    Und sie hat recht, dachte Brunetti, als er den Hörer auflegte, warum sollte sie glauben, daß ich der bin, für den ich mich ausgebe? Beweisen ließ sich das am Telefon nicht, und dann erkundigte er sich ausgerechnet nach einer Frau, die ebenjene Polizei, zu der er angeblich gehörte, nicht hatte schützen können. Zumindest hatte sie den Täter, der damals auf sie geschossen hatte, nie gefaßt.
    Nach ein paar Minuten läutete das Telefon. Brunetti nahm gleich beim ersten Klingeln ab und meldete sich mit Namen.
    »Gut«, sagte sie. »Ich wollte nur sichergehen.«
    »Das ist sehr klug von Ihnen, Signora«, versetzte er.
    »Aber nun wissen Sie, mit wem Sie es zu tun haben, und beunruhigen sich hoffentlich nicht mehr.«
    »Ja, ja«, meinte sie und fragte dann: »Was wollen Sie über Federica wissen?«
    »Es geht um diese Jagdverletzung vor zwei Jahren. Ich rufe Sie an, weil da möglicherweise eine Verbindung zu einem aktuellen Fall besteht. Wie die Presse berichtete, war Signora Moro bei Ihnen und Ihrem Gatten zu Gast, als der Unfall geschah.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Könnten Sie mir Näheres darüber erzählen, Signora?«
    Wieder entstand eine lange Pause, dann fragte sie: »Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Mit Signora Moro?«
    »Ja.«
    »Nein, bisher noch nicht«, sagte er und wartete auf eine Erklärung.
    »Das sollten Sie aber. Reden Sie mit Federica.«
    Sie legte eine so dringliche Betonung auf den Namen, daß es Brunetti ratsam schien, ihr unwidersprochen beizupflichten. »Das würde ich nur zu gern, Signora. Wenn Sie mir sagen, wo ich sie finde?«
    »Ist sie denn nicht zu Hause?« fragte die Frau zurück, und schon klang sie wieder ganz ängstlich.
    Brunetti versuchte sie zu beschwichtigen. »Ich hatte noch keine Zeit, sie ausfindig zu machen«, erklärte er.
    »Sie sind die erste, die ich angerufen habe.« Dabei fühlte er sich wie ein Gletscherforscher, vor dem sich plötzlich ein gewaltiger Spalt auftut: Bisher hatte er den Tod von Signora Moros Sohn mit keiner Silbe erwähnt, und jetzt war es zu spät dafür. »Ist sie hier, bei Ihrem Mann?«
    »Die beiden leben getrennt«, erwiderte sie, mit einemmal ganz kühl und unverbindlich.
    »Ach, das wußte ich gar nicht. Aber Signora Moro wohnt noch hier in Venedig?«
    Er war fast sicher, was in ihrem Kopf vorging, während sie die Antwort hinauszögerte. Dieser Polizist hatte Federicas Freundin gefunden; früher oder später würde er auch sie finden. »Ja«, sagte sie endlich.
    »Könnten Sie mir die Adresse geben?«
    Widerstrebend antwortete sie: »Bitte warten Sie einen Moment.« Brunetti hörte ein leises Knacken, als sie den Hörer hinlegte, dann blieb es lange still, und dann war ihre Stimme wieder da. »Die Adresse ist San Marco 2823«, sagte sie und gab ihm auch noch die Telefonnummer.
    Brunetti bedankte sich und überlegte gerade, was er noch fragen könnte, als Signora Ferro sagte: »Wenn Sie anrufen, lassen Sie es einmal klingeln, dann legen Sie auf und rufen noch mal an. Andernfalls geht Federica nicht ans Telefon.«
    »Das kann ich verstehen, Signora«, sagte er und hatte wieder Ernesto Moros erschlafften Leichnam vor Augen, nur daß er in seiner Erinnerung

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