Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
zur Seite und zeigte Brunetti die elfenbeinfarbene Schnecke des Hörgeräts in seinem linken Ohr. »Als ich Martha rufen hörte, hatte ich keine Ahnung, was los war. Ehrlich gesagt befürchtete ich, ihr sei etwas zugestoßen, und so drängte ich mich durch die Menge, um so rasch wie möglich zu ihr zu gelangen. Und als ich sie da am Boden sah, obschon sie kniete - also ich werde Ihnen nicht sagen, was ich vermutete, aber es war jedenfalls nichts Gutes.« Wie von einer schmerzlichen Erinnerung heimgesucht, stockte er und lächelte unsicher.
    Brunetti war klug genug, ihn nicht zu drängen, und nach einer kurzen Pause nahm Crowley den Faden wieder auf. »Wie gesagt, sobald ich den jungen Mann berührte, wußte ich, daß es vorbei war mit ihm.«
    Brunetti wandte sich wieder Martha Crowley zu. »Diesen Mann, den Sie gesehen haben, Dottoressa, können Sie mir sagen, wie der aussah?«
    In dem Moment kam die Bedienung und erkundigte sich nach ihren Wünschen. Brunetti sah die Amerikaner an, aber beide schüttelten den Kopf. Obwohl ihm nicht danach war, bestellte der Commissario einen Kaffee.
    Eine ganze Minute verging schweigend. Die Frau blickte auf ihre leere Tasse, folgte dem Beispiel ihres Mannes und schob sie fort. Dann sah sie wieder Brunetti an und sagte: »Es fällt mir nicht leicht, ihn zu beschreiben. Er trug einen Hut, so einen wie die Männer im Kino.« Und zur Verdeutlichung setzte sie hinzu: »Also früher, in den Filmen der dreißiger und vierziger Jahre.«
    Sie hielt inne, als versuche sie sich die Szene ins Gedächtnis zu rufen. »Nein, alles, woran ich mich erinnere, ist eine sehr große, kräftige Gestalt. Er trug, wie gesagt, einen Überzieher - grau oder dunkelbraun, ich weiß es wirklich nicht. Und diesen Hut.«
    Die Bedienung brachte Brunetti den Kaffee und ging wieder. Der Commissario ließ die Tasse unberührt, lächelte Martha Crowley ermunternd zu und sagte: »Bitte, fahren Sie fort.«
    »Ja, also ich glaube, er hatte einen Schal umgebunden; grau vielleicht oder auch schwarz. Die Leute standen ja so dicht gedrängt, daß ich den Mann nur von der Seite gesehen habe.«
    »Können Sie sein Alter schätzen?« fragte Brunetti.
    »Oh, ich weiß nicht, es war ein erwachsener Mann, soviel ist sicher, vielleicht in Ihrem Alter«, antwortete sie. »Ich glaube, er hatte dunkles Haar, aber bei der Beleuchtung und mit dem Hut ist das schwer zu sagen. Und ich habe ja auch nicht sonderlich auf ihn geachtet, weil ich doch keine Ahnung hatte, was passieren würde.«
    Obwohl ihm klar war, wie das im Hinblick auf das Opfer klingen mußte, fragte Brunetti: »War es ein Weißer?«
    »O ja, er war Europäer«, antwortete Martha Crowley. »Mir scheint allerdings, er wirkte südländischer als mein Mann und ich.« Sie milderte ihren Nachsatz mit einem Lächeln ab, und Brunetti nahm auch keinen Anstoß daran.
    »Woraus schließen Sie das?« fragte er.
    »Nun, ich glaube, sein Teint war dunkler als unserer, und er hatte wohl auch dunkle Augen. Er war größer als Sie, Inspektor, und ein gutes Stück größer als mein Mann und ich.« Nach einigem Überlegen setzte sie hinzu: »Und kräftiger. Jedenfalls kein schlanker Typ.«
    Brunetti beugte sich zu ihrem Gatten hinüber. »Können Sie sich erinnern, ob Sie diesen Mann gesehen haben, Dr. Crowley? Oder vielleicht den anderen, von dem Ihre Frau sprach?«
    Der weißhaarige Amerikaner schüttelte den Kopf. »Nein, ich war, wie gesagt, nur um meine Frau besorgt. Als ich sie rufen hörte, habe ich alles andere vergessen. Ich könnte Ihnen nicht einmal sagen, wie viele von unserer Gruppe zugegen waren.«
    »Und Sie, Dottoressa«, wandte Brunetti sich nun wieder an Martha Crowley. »Erinnern Sie sich, wer alles dabei war?«
    Die Frau schloß die Augen, wie um sich besser zu konzentrieren. Nach einer Weile sagte sie: »Also links neben mir waren die Petersons, und der Mann mit dem Überzieher, der stand rechts hinter mir. Und ich glaube, Lydia Watts war auf der anderen Seite der Petersons.« Als sie nach einem Moment die Augen wieder aufschlug, schüttelte sie bedauernd den Kopf. »Nein, sonst erinnere ich mich an niemanden. Das heißt, ich weiß natürlich, daß wir alle zusammen unterwegs waren, aber gesehen habe ich nur diese drei.«
    »Wie groß ist denn Ihre Gruppe?«
    Diesmal antwortete der Ehemann. »Sechzehn Teilnehmer. Die Ehepartner nicht mitgerechnet. In der Mehrzahl pensionierte Ärzte, einige auch im Vorruhestand. Alle aus dem Nordosten der USA.«
    »Und wo sind Sie

Weitere Kostenlose Bücher