Brunftzeit
erreichen. Dieses Mal nahm sie das Gespräch an und kam sogar zum Flughafen. Joe war erleichtert; er dachte, sie sei zur Vernunft gekommen und ließe ihn wenigstens bei sich übernachten.
Doch sie hatte lediglich eine Tasche dabei. »Deine dreckige Wäsche«, sagte sie und ging.
All seiner flehentlichen Bitten zum Trotz weigerte sich die Frau, Joe zu helfen. Für die drei restlichen Tage blieben ihm lediglich drei Dollar, von denen er sich zwei Marsriegel und eine Packung Baby-Reinigungstücher kaufte, mit denen er sich auf der Herrentoilette notdürftig säuberte.
Drei quälende Tage später war er wieder in London.
»Das war das letzte Mal, dass ich um die halbe Welt zu einem ersten Date geflogen bin«, gestand er mir. »Ich habe meine Lektion gelernt.«
Wow!
»Ich stalke nicht. Ich recherchiere.«
Erinnern Sie sich noch, wie ich darüber sprach, dass sich Männer unter denselben Umständen angesichts verschiedener Frauen unterschiedlich verhalten? Okay, drehen wir die Uhr zwei Jahre weiter und betrachten ein weiteres Beispiel.
Nachdem wir einige Zeit miteinander ausgegangen waren – nicht lange, vielleicht ein paar Wochen –, gestand mir Charlotte, dass sie kurz nach unserem ersten Treffen meinen Namen gegoogelt und bei Facebook eingegeben hatte. Im Gegensatz zu meinen Erfahrungen mit Annie störte es mich bei Charlotte nicht. Kein bisschen. Im Gegenteil, es schmeichelte mir, dass sie mehr über mich wissen wollte.
Natürlich neckte ich sie ein wenig und nannte sie scherzend eine Stalkerin. (Dabei erwähnte ich selbstverständlich nicht, dass ich mit ihrem Namen genau das Gleiche getan hatte.) Sie wehrte sich: »Ich stalke nicht. Ich recherchiere.« Ich halte das für einen äußerst weisen Satz. Selbstverständlich möchte man gern mehr über die Person wissen, mit der man sich verabredet. Das ist völlig natürlich. Was wir also beide taten, war Recherche und nicht Stalking. Und damit kann ich gut leben.
Daraus ergibt sich folgende Lektion: Wenn man schon recherchiert, sollte man das so lange für sich behalten, bis man vertraut genug ist, dass solche Offenbarungen keine Rolle mehr spielen. Was Sie auch tun – folgen Sie nicht Annies Beispiel und erwähnen es gleich beim ersten Date.
Dann wird nämlich selbst die gradlinigste, unschuldigste Recherche gefühlt zum Stalking.
Stalken Sie nicht. Es bringt nichts.
Und jetzt zurück zu meinen Single-Jahren.
Der interessante Teil
Der interessante Teil ist jener, der nach dem ersten Date kommt. Männer sind vor dem ersten Date nicht grundsätzlich nervös. Ich war es zwar in diesem Fall, aber je mehr Erfahrung ich sammelte, desto leichter wurde es. Was nicht bedeuten soll, dass ich Hunderte von Verabredungen brauchte, ehe der Groschen fiel. Sagen wir mal, dass ich nach einer guten Handvoll Verabredungen kapiert hatte, was ich tun muss, um einen netten Abend zu verleben: Ich muss ein Date als Möglichkeit sehen, Spaß zu haben. Nichts weiter.
Das allerdings bedeutete, dass ich die beiden wichtigsten Fragen ausschalten musste, die einen Mann beim ersten Date gern beschäftigen, nämlich erstens, ob sich die betreffende Dame am Ende des Abends flachlegen lässt, und zweitens, ob ein zweites Date zur Debatte steht. Mir fiel auf, dass ich die Situation, wenn ich eine Frau nett genug fand, den Abend mit ihr zu verbringen (man beachte bitte das Wort Abend , nicht etwa Nacht), einfach als das sehen sollte, was sie war: ein Abend mit ihr, fertig.
Alle vorherigen Erfahrungen, sowohl gute als auch schlechte, waren nicht von Bedeutung. Ebenso wie die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Auf diese Weise wird aus dem ersten Date eine in sich runde Sache, an der man sich um ihrer selbst willen erfreut – und sonst nichts. Es geht nicht um Dinge, die an irgendeinem ungewissen Punkt in der Zukunft vielleicht passieren oder auch nicht – es geht nur um dieses Date.
Um einen unterhaltsamen Abend.
Wenn es gut geht, kann man immer noch darüber nachdenken, wie dieser Abend weitergehen könnte oder wie die Zeichen für eine zweite Verabredung stehen. Aber bis es so weit ist, sollte man sich ausschließlich und ohne Hintergedanken auf die erste Verabredung konzentrieren. Das hilft ungemein, Spannung abzubauen und den Abend als netten Zeitvertreib zu erleben. Nicht als Entwicklung oder Anfang von etwas. Einfach als Erlebnis.
Der männliche Dating-Zyklus
Die eben beschriebene Sichtweise ist durchaus nicht die aller Männer, sondern nur derjenigen, die nicht an einer
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