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Brunftzeit

Brunftzeit

Titel: Brunftzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Humfrey Hunter
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soll das? Ich fühle mich zu sehr großen Frauen nun einmal nicht hingezogen. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Nein. Könnte mir das bitte jemand erklären?
Annie, die Facebook-Stalkerin – oder: warum man den Ball flach halten sollte
    Ich rief Annie einige Tage später an und fragte, ob sie Lust hätte, sich mit mir auf einen Drink zu treffen. Hatte sie. Und wiederum ein paar Tage später saßen wir zusammen in einer Bar in Covent Garden und genehmigten uns den einen und anderen Cocktail.
    Sie war zwar nicht halb so niedlich wie in meiner Erinnerung (nur Holly Willoughby sieht eben aus wie Holly Willoughby), aber sie war witzig, und die Zeichen standen gut. Bis wir das Thema Facebook anschlugen und damit in ein Wespennest stachen.
    Ein paar Tage zuvor, nachdem ich sie eingeladen, unser erstes Date aber noch nicht stattgefunden hatte, hatte Annie mir auf Facebook eine Freundschaftsanfrage geschickt. Ich empfand die Geste als niedlichen, kleinen Flirtversuch, stimmte ein paar Stunden später zu, und das war’s.
    Dachte ich zumindest.
    Als an jenem Abend jedoch die Sprache auf Facebook kam, ließ Annie eine alarmierend detaillierte Kritik meines Profils vom Stapel. Sie erklärte mir, was mein Profil über mich aussagte, hielt auch mit Ansichten über die Fotos auf meiner Seite nicht hinter dem Berg und versuchte – quasi als i-Tüpfelchen – obendrein auch noch herauszufinden, wie ich unsere gemeinsamen Facebook-Freunde kennengelernt hatte. »Woher kennst du den?«, plapperte sie. »Die habe ich dort getroffen. Und der? Er ist einige Zeit mit meiner besten Freundinausgegangen. Und der andere da ist ein Freund meines Cousins. Verrückt!«
    Brr, nicht wirklich!
    Wenn Sie in der Medienbranche tätig sind und obendrein noch älter als einundzwanzig sind, ist London längst nicht so groß, wie es den Anschein hat. Annie war achtundzwanzig und nervte ein bisschen.
    Ich bin vorher auch schon mal mit Frauen ausgegangen, die ich über gemeinsame Freunde kannte, und natürlich gibt es dadurch gewisse soziale Überschneidungen. Hier aber, in Gegenwart einer mir im Prinzip vollkommen fremden Frau, empfand ich es als grenzüberschreitend, dass sie so viel mehr über mich wusste, als ich je vermutet hatte. Und ich verlor sehr schnell das Interesse an ihr – es war eine Sache von wenigen Minuten. Ganz ehrlich, ich hielt sie für ein wenig verrückt.
    In Zeiten von Facebook ist das Privatleben heute genau das eben nicht mehr, privat, weil an jeder Ecke Informationen über uns liegen, die von jedem abgerufen werden können. Diese Geschichte aber liegt einige Jahre zurück, als Facebook noch in den Kinderschuhen steckte und niemand ahnte, welche Auswirkungen es für Verabredungen haben kann. Für mich jedenfalls war es der Augenblick der Wende. Seit diesem Tag sehe ich Facebook mit anderen Augen.
Die verrücktesten Verrückten
    Zwei Dinge sollten Sie in Bezug auf Verrücktheiten im Hinterkopf behalten, egal, ob vom männlichen oder weiblichen Geschlecht begangen: Erstens: Wenn man getrunken hat, gilt die Verrücktheit nicht, und zweitens: Ganz gleich, wie verrückt Ihr verrücktestes Verhalten war – irgendwer hat immer noch etwas Verrückteres getan.
    Wie zum Beispiel die Frau, mit der ein hier nicht näher bezeichneter Freund von mir ausging. Er erlebte die folgende Geschichte:
    »Ich ging einige Wochen mit einer ziemlich überspannten Frau aus. Sie war das, was man überdreht oder schrill nennen könnte, aber das gefiel mir. Irgendwann jedoch fiel mir auf, dass ihr Verhalten weit über die Bezeichnung ›schrill‹ respektive ›überdreht‹ hinausging. Sie war schlicht verrückt.
    Wann mir das auffiel? Vielleicht zu dem Zeitpunkt, als sie vermutete, dass ich ihr gegenüber kühler wurde (was bis dahin nicht der Fall war), und sie anfing, wichtige Dinge aus meiner Wohnung zu stehlen, sobald sie mich besuchte. Als Erstes fiel mir auf, dass meine Monatskarte für die Bahn fehlte. Danach war es mein Reisepass. Beim nächsten Mal sämtliche Gabeln und Messer. Dann nacheinander meine Arbeitsschuhe, meine Kamera, das Buch, das ich gerade las, meine Socken und mein Wasserkocher.
    Jedes Mal rief ich sie an und fragte: ›Sag mal – hm –, hast du vielleicht meine Messer und Gabeln/meinen Pass/was auch immer mitgenommen, als du vorhin bei mir warst?‹ Immer lachte sie gezwungen und ein bisschen zu laut, ehe sie es leugnete. Ich erklärte ihr aber, ich wüsste, dass sie es gewesen sei. Daraufhin pflegte sie wieder zu laut und

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