Brut des Teufels
Gefallen. Was für verrücktes Zeug hat sie zurückgelassen?«
» Sie wissen es genau. Ein Pentagramm auf dem Fußboden, Kerzen, eine Schale mit Kräutern. Und den Aufzeichnungen des Sicherheitsdienstes zufolge waren Sie derjenige, der ihr die Sachen reingebracht hat.«
» Ich habe ihr ein paar Dinge gebracht, die ihr, wie ihr Psychiater sagte, vielleicht helfen würden. Die Wächter haben alles überprüft, was ich mit hineingenommen habe. Sie haben sogar einen Spürhund darauf angesetzt.«
» Sie haben ihr geholfen zu fliehen. Da bin ich mir sicher.«
» Ja, und was genau habe ich getan? Habe ich eine Metallsäge reingeschmuggelt, mit der sie die Gitterstäbe durchsägen konnte?«
» Die Gitterstäbe waren unversehrt, alle Türen waren verschlossen und auf den Überwachungskameras ist nichts zu sehen. Sie ist nicht rausgegangen, sie ist einfach verschwunden.«
» Und Sie glauben, dass ich dabei die Hand im Spiel hatte?«
» Wo waren Sie gestern Nacht?«
» Ich war bis etwa Mitternacht in Gosling Manor.«
» Sie haben dort eine Party gefeiert, oder?«
Nightingale schüttelte den Kopf. » Ich war allein.«
» An Silvester?«
» Ich wollte einfach einmal in Ruhe nachdenken«, erklärte er. » Ich habe gute Vorsätze fürs neue Jahr gefasst, falls Sie es genau wissen wollen.«
» Kann irgendjemand bestätigen, dass Sie dort waren?«
» Wie schon gesagt, ich war allein. Dann bin ich hierher zurückgekommen.«
» Um welche Uhrzeit?«
» Gegen zwei Uhr.«
» Noch immer allein?«
Nightingale nickte.
» Es gibt also keine Zeugen?«, fragte Chalmers.
» Chalmers, wenn ich etwas hätte aushecken wollen, hätte ich mir doch ein Alibi fabriziert, oder? Ich war selber mal Polizist, schon vergessen? Ich weiß, wie es funktioniert. Aber ich bin gefahren, da wird ja wohl irgendeine Überwachungskamera aufgezeichnet haben, dass ich unterwegs war.«
» Was läuft da ab, Nightingale?«
Nightingale zuckte mit den Schultern. » Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, sagte er.
» Wo ist sie?«
Nightingale legte die Hand aufs Herz. » Ich habe keine Ahnung. Und das ist die Wahrheit. Großes Pfadfinderehrenwort.«
» Sie wissen, wer ihr letzter Besucher war?«
» Ich schätze mal, dass ich das gewesen bin.«
» Ja, genau, da schätzen Sie richtig. Am Donnerstag bekommt sie Besuch von Ihnen. Und am Samstagmorgen ist sie verschwunden. Ich glaube nicht an Zufälle. Fahren wir.«
» Wohin?«
» Nach Gosling Manor.«
» Nicht ohne Durchsuchungsbeschluss«, erklärte Nightingale.
Chalmers griff in seine Tasche und zog einen zweiten Umschlag heraus, den er Nightingale unter die Nase hielt. » Na los, nehmen Sie Ihren Mantel«, sagte er.
88
Graham Kerr entzündete ein Streichholz und prüfte weiterhin die Lage. Er stand in einem Wäldchen, von dem aus man Sicht auf das Haus hatte, und er hatte gesehen, wie der MGB , der Streifenwagen und der Polizeitransporter eintrafen. Er atmete den Duft des Streichholzes ein und zitterte vor Vorfreude. Zu seinen Füßen stand eine Dose Mineralöl. Es gefiel ihm nicht besonders, dass er Öl verwenden musste. Öl war der grobe Knüppel in der Waffenkammer eines Brandstifters, es entsprach einer abgesägten Schrotflinte oder einer Machete. Kerr zog eine raffiniertere Vorgehensweise vor, aber in Jack Nightingales Fall hatte er keine Zeit für Feinheiten. Herrin Proserpina wollte Nightingales Tod, und sie bekam immer, was sie wollte.
Kerr genoss es, seine Opfer auszuspähen. Zu beobachten, wie sie ihren Alltagsgeschäften nachgingen, ohne zu wissen, dass ihre Tage gezählt waren, war für ihn ein Teil des Vergnügens. Es war beinahe ebenso befriedigend wie das Legen der tödlichen Feuer. Beinahe, aber doch nicht ganz.
Kerr ließ das Streichholz fast bis auf die Finger abbrennen, blies es dann aus und schob es in seine hintere Hosentasche. Dass er Mineralöl verwenden musste, störte ihn, aber wenigstens konnte er seine Swan-Vesta-Streichhölzer benutzen. Zunächst einmal musste er warten, bis die Polizei wieder ging. Falls Nightingale dann im Haus blieb, würde er dort ums Leben kommen. Kehrte er dagegen in seine Wohnung in B ays water zurück, würde ihn der Tod dort ereilen. So oder so aber würde Jack Nightingale sterben.
89
Nightingale stieg aus seinem MGB . » Nett, dass Sie mich meinen eigenen Wagen haben nehmen lassen«, sagte er zu Chalmers, der auf die Haustür zuging.
Ein Transporter der Polizei Surrey mit einem halben Dutzend uniformierter Polizisten darin hatte
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