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Brut des Teufels

Brut des Teufels

Titel: Brut des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Leather
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Klinge dann langsam über die Spitze seines linken Zeigefingers. Er zuckte zusammen, als das Blut kam.

92
    Kerr schaute auf seine Armbanduhr: kurz vor Mitternacht. Unten in der Eingangshalle brannte Licht und oben nach vorn hinaus ebenfalls. Er hatte in der Hoffnung gewartet, dass das Licht ausgehen würde, aber schließlich war er hinter das Haus gegangen und hatte in einem der Zimmer im Obergeschoss Kerzenlicht flackern gesehen. Dort hielt Nightingale sich wohl auf. Kerr langte nach dem Griff der Haustür, drückte ihn herunter und lächelte, als er merkte, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Er machte die Tür auf und schlüpfte mit hämmerndem Herzen hinein. Das Haus war größer als alles, was er bisher in Brand gesteckt hatte, und er wusste, dass er nach oben gehen musste, wenn er sicher sein wollte, Nightingale zu töten.
    Er zog die Tür vorsichtig hinter sich zu. In der linken Hand trug er die rote Dose mit dem Mineralöl. Fast bis obenhin hatte er sie gefüllt, und auf dem Weg zur Treppe hörte er, wie die Flüssigkeit in dem Gefäß herumschwappte.

93
    Nightingale zog einen Zettel aus seiner Hosentasche. Darauf standen die Anweisungen, die er aus Aleister Crowleys Tagebuch abgeschrieben hatte. Er blickte sich in dem Pentagramm um, um sicherzugehen, dass alles an Ort und Stelle war, und dann zündete er die Kräutermischung in einem Messingtiegel an. Sie fing sofort Feuer und brannte knisternd.
    Nightingale las den Text auf dem Zettel ab. » Osurmy delmausan atalsloym charusihoa«, sagte er und versuchte, nicht über die unvertrauten Wörter zu stolpern. Er sprach eine ganze Minute lang und achtete dabei auf jede einzelne Silbe. Als er fertig war, holte er tief Luft. » Komm, Lucifuge Rofocale«, sagte er. Er hielt das Pergament mit der blutigen Zeichnung über eine der nach Norden ausgerichteten Kerzen und sah zu, wie es verbrannte. » Komm, Lucifuge Rofocale«, wiederholte er. » Ich rufe dich herbei.«
    Ungewiss, was er erwarten sollte, zog er die Augenbrauen zusammen. In seinem Tagebuch hatte Crowley nicht beschreiben können, wie Lucifuge Rofocale aussah, und nur erklärt, dass er je nach Situation unterschiedliche Gestalten wählte. Das brennende Pergament versengte Nightingale die Finger, aber er spürte den Schmerz kaum.
    Der dichte Rauch kräuselte sich und begann dann, sich in einem lotrechten Wirbel zu drehen, schneller und immer schneller in einer fast hypnotisierenden Bewegung. Nightingale merkte, dass er sich zu dem Wirbel vorbeugte. Unwillkürlich trat er einen Schritt vor, dann noch einen, doch er biss die Zähne zusammen und zwang sich stehen zu bleiben.
    Ein dröhnendes Lachen ertönte, das im Raum widerhallte, dann faltete sich der Wirbel von innen nach außen, und eine kleine, untersetzte Gestalt erschien, kaum einen Meter zwanzig groß. Zunächst hielt Nightingale sie für ein Kind, aber als sie sich durch den Rauch bewegte, sah er, dass es ein Zwerg war. Er hatte einen großen Kopf voll schwarzer Locken, einen gedrungenen Körper und kurze O-Beine. Der Zwerg reckte sein Kinn vor und starrte mit blutroten Augen zu Nightingale hoch. Er trug eine karminrote Jacke mit Goldknöpfen vorn, eine schwarze Jodhpurhose und glänzend schwarze Stiefel, die Nightingale an einen Spielzeugsoldaten denken ließen.
    » Du bist Lucifuge Rofocale?«, fragte Nightingale. » Ich gebiete, dass du die Wahrheit sprichst.« In seinem Tagebuch hatte Crowley darauf hingewiesen, dass der Teufel manchmal Gesandte an seiner Stelle schickte, aber ein Gesandter durfte nicht lügen, wenn man ihn nach seiner Identität fragte.
    Hitze schoss empor, so heiß, dass Nightingale nach Luft schnappte. Eine Flammenwand flackerte am Rand des Pentagramms entlang, unten rot und oben gelb; dann loderten die Flammen höher hinauf und saugten die Luft aus dem Raum. Nightingale legte die Hände vors Gesicht und spürte, wie die Hitze die Haare auf seiner Haut versengte. Die Flammen schlugen nach oben, bis sie so hoch waren wie Nightingale selbst, dann begannen sie sich zu drehen und bildeten bald eine undurchdringliche Feuermauer. Nightingale fuhr herum, aber wohin auch immer er sich drehte, die Hitze war unerträglich.
    » Ich habe dich herbeigerufen, um mit dir zu reden!«, schrie er, und gleich darauf waren die Flammen verschwunden.
    Der Zwerg starrte ihn wütend an. » Du wagst es, mich herbeizurufen?«, zischte er. » Weißt du, wer ich bin?«
    » Du bist Lucifuge Rofocale, und ich gebiete, dass du die Wahrheit

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