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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
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wäre es in der Nationalbibliothek in Oslo. Und wenn dann so etwas wie gestern geschieht, wird man besonders wachsam.«
    »Ja, das ist wohl ganz natürlich«, sagte Singsaker und musterte den Bibliothekschef. Es deutete nichts daraufhin, dass er etwas zurückhielt.Aber seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass man sich nie ganz sicher sein konnte.
    »Warum haben Sie zuerst mich angerufen?«, wollte er wissen.
    »Sie sind der Einzige, der mir seine Karte gegeben hat.«
    Singsaker versuchte sich daran zu erinnern, wann er ihm seine Visitenkarte gegeben hatte, kam aber nicht darauf.
    »Kommt es vor, dass das Johannesbuch zu ganz legitimen Zwecken aus dem Sicherheitstrakt entnommen wird?«, fragte er.
    »In diesem Jahr war es ein paar Mal draußen. Unsere Konservatorin und Buchbinderin, Silvia Freud, eine Deutsche, hat an dem Buch gearbeitet. Sie fertigt eine Kopie des Buches an.«
    »Eine Kopie? Warum das denn?« Er tat so, als würde er etwas notieren.
    »Das Buch soll für eine Ausstellung genutzt werden, die wir im Herbst im Wissenschaftsmuseum planen. Es soll darin um historische Quellen für das Mittelalter in Norwegen gehen. Solche Ausstellungen sind sicherheitstechnisch nicht so perfekt, dass wir es wagen würden, unsere historischen Originale zu verwenden. Aber Sie sollten die Kopien mal sehen, die Silvia gemacht hat. Sie ist eine wahre Meisterin ihres Fachs. Ich kann die Kopie nicht vom Original unterscheiden. Für das Johannesbuch hat sie Kalbsleder verwendet, das wir schon seit Bruder Lysholm Knudtzons Zeiten hier liegen hatten. Neben unzähligen Büchern hat er uns auch einige Rollen Kalbshäute und verschiedene Leder reste hinterlassen. Einige dieser Lederreste sind von der glei chen Qualität wie der Einband des Johannesbuchs . Wir hatten lebhafte Diskussionen darüber, inwieweit diese Häute an sich schon schutzwürdig sind, haben uns dann aber dazu durchgerungen, einige davon für solche Zwecke zu verwenden. Die ganzen Kalbsleder haben wir natürlich aufgehoben.« Hornemann wirkte wieder etwas aufgeräumter, als reiche es aus, über Bücher zu sprechen, um alles andere zu vergessen. »Wo kann ich diese Silvia Jung treffen?«, fragte Singsaker.
    »Freud«, korrigierte Hornemann ihn. »Ihr Büro ist im Keller. Ich kann Sie nach unten bringen.«
    Auf dem Weg in den Keller fragte Singsaker den Bibliothekschef, ob er schon versucht habe, Siri Holm anzurufen. Er sagte, dass er damit noch gewartet hätte, schließlich sei es gewöhnlich doch wohl so, dass diejenigen, die krank werden, selber anrufen und sich entschuldigen.
    »In der Regel arbeiten wir hier ja ziemlich selbstständig«, sagte er.
    Hornemanns Worte konnten Singsaker nicht beruhigen, sodass er den Bibliothekschef um ihre Nummer bat. Er bekam sie, speicherte sie in seinem Handy und versprach, sie selbst anzurufen, nachdem er mit Silvia Freud gesprochen hatte. Dann rief er Brattberg an und informierte sie über das verschwundene Buch.
    Vor der Tür der Konservatorin verabschiedete er sich von Hornemann. Er klopfte an und wurde mit deutschem Akzent hereingebeten. Die Konservatorin war eine sonnengebräunte Frau Ende dreißig und warf all seine Vorurteile über Buchkonservatoren über den Haufen. Die hatte keine Brille, trug enge Designerjeans und ein buntes, eng anliegendes Top, das ihre Figur betonte. Silvia Freud saß an einem geneigten Arbeitstisch in der Mitte eines großen, fensterlosen Kellerraums. Über ihr hing eine Arbeitslampe, die jeden Zahnarzt neidisch gemacht hätte. Ein leises Summen der Belüftungsanlage unter der Decke war zu hören.
    Nachdem Sie sich begrüßt hatten, erzählte sie ihm, wie erschüttert sie über das sei, was tags zuvor in der Bibliothek geschehen war. Dabei sah sie gar nicht so erschüttert aus, dachte er. Erst als er ihr vom Johannesbuch erzählte, wurde sie richtig blass und blieb eine Weile still sitzen, ohne ihn anzusehen. Ihr Blick flackerte, als suchte er nach einem Ort, auf den er sich richten konnte.
    »Wie meinen Sie das? Weg?«, fragte sie schließlich mit leicht zitternder Stimme.
    »Das Buch ist nicht mehr im Sicherheitstrakt«, sagte er.
    »Wollen Sie damit sagen, dass es gestohlen wurde?«, fragte sie und veränderte ihren Gesichtsausdruck. Ihre Stimme klang wieder gefasster, er hatte aber das Gefühl, dass sie alle Kraft zusammennehmen musste, um sich zu beherrschen.
    »Ich bezweifle, dass das Buch aus eigener Kraft den Trakt verlassen hat«, sagte er.
    »Aber das ist ja schrecklich! So ein Schatz.

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