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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
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plötzlich über ihn kam. Er lachte. Ein verzweifeltes, gleichsam befreiendes Lachen. Ihm wurde bewusst, dass er nur wenige Mal in seinem Leben so gelacht hatte. Einmal an dem Abend mit Gunn Brita. Und einmal vor langer Zeit in einem Bett, zusammen mit Hedda. Sie wollten das erste Mal miteinander schlafen, aber das einzige Kondom, das sie hatten, riss beim zweiten Überziehversuch. Sie schlug vor, es ihm mit dem Mund zu machen. »Soll ich dir einen blasen, bis du kommst?«, hatte sie gefragt. Seine Antwort war dieses Lachen gewesen, dieses hemmungslose Lachen. Sie waren trotzdem ein Paar geworden. Das nächste Mal hatte er bei Edvards Geburt gelacht und dann wieder bei der Beerdigung seines Vaters. Er hatte vor dem Altar der Kirche in Horten gestanden, um eine Rede zu halten, wollte mit einer lustigen Erinnerung an einen Tag beginnen, an dem er nackt mit seinem Vater gebadet hatte. Aber noch bevor er am Ende der Geschichte mit den beiden alten Damen und ihrem schottischen Terrier angelangt war, war das Lachen aus ihm herausgeplatzt und durch die Stille in der Kirche geschwappt. Er war der Einzige, der gelacht hatte, bis Hedda ihn aus seiner misslichen Lage errettet und der Pfarrer das Kunststück vollbracht hatte, der Beerdigung doch noch zu einem würdigen Abschluss zu verhelfen. Seine Lachattacke wurde als Ausdruck der Trauer und des Schmerzes gedeutet, was ebenso richtig wie falsch war.
    Jetzt war wieder dieses seltsame Lachen über ihn gekommen. Zum letzten Mal, denn wenn es verstummte, würde sein Leben für immer vorbei sein.
    Die größte Touristenaktion der Gemeinde Ørland war ohne Zweifel die Burg Austrått. Einst wohnte in dem Herrensitz Frau Inger zu Austrått, Norwegens letzte echte Hochadelsvertreterin. Entgegen der lange herrschenden Meinung, von dem ursprünglichen Bau sei kaum noch etwas erhalten, steht heute fest, dass große Teile der Burganlage tatsächlich noch aus der Zeit Frau Ingers stammen.
    Solche archäologischen und historischen Betrachtungen interessierten Singsaker nicht die Bohne, als bei der rasanten Verfolgung von Silvia Freud über die kurvenreiche, schmale Straße plötzlich der Herrensitz vor ihm auftauchte. Der Renaissancekomplex lag pittoresk inmitten von grünen Wiesen, die sich bis zum Fjord hinab erstreckten, wo der Gästehafen war, in dem die meisten Boote bereits für den Winter eingelagert waren. Singsaker hatte nur Augen für den grünen PKW, der vor dem Haupteingang der Burg parkte. Er stellte seinen Wagen dahinter ab und stieg aus.
    Der Eingang des Gutes war ein großes, schweres Tor aus dunklem Holz, in das eine kleinere Tür eingelassen war. Das große Portal war umrahmt von Quadern aus Speckstein, in die verschiedene Wappen eingemeißelt waren. Die kleinere Tür war nur angelehnt. Er ging hinüber, öffnete sie und trat ein.Auf dem unteren Hofplatz stand ein Mann mittleren Alters mit einem für einen Trønder viel zu gepflegten Bart. Der Anzug, den er trug, sah aus wie eine Maßanfertigung, allerdings aus einer Zeit, in der der Mann den Bauch, der sich jetzt von innen gegen den Stoff drückte, noch nicht gehabt hatte. Singsaker konnte seinen Blick nicht von der knallroten Fliege abwenden.
    »Hier ist heute ja was los«, sagte der Mann amüsiert empört.
    »Ich bin von der Polizei«, sagte Singsaker und schlug sich auf die Brusttasche, ohne seinen Ausweis hervorzuholen.
    »Ich muss schon sagen«, sagte der Mann, ohne dass das schalkhafte Funkeln in seinen Augen verlosch. »Ist das eine Verfolgungsjagd?«
    »Haben Sie eine Frau hier reinlaufen sehen?«
    »Das will ich meinen«, sagte der Mann. »Eigentlich ist die Anlage heute ja gar nicht geöffnet.Wissen Sie, ich bin der Verwalter, Gunnar Winsnes ist mein Name. Ich habe leichtsinnigerweise ein paar Türen offen stehen lassen. Eigentlich wollte ich mich heute nur um ein paar praktische Dinge kümmern.«
    Singsaker sah ihn an, ohne das Adjektiv praktisch mit der Gestalt vor sich in Einklang zu bringen.
    »Wohin ist sie gelaufen?«, fragte er direkt.
    »Ins Hauptgebäude, auch da habe ich leider die Türen offen gelassen.« Er zeigte zu einer Treppe, die auf einen höher gelegenen Platz mündete, von wo aus eine weitere Treppe zu dem säulenbestandenen Eingangsbereich führte. »Eine unverschämte Person, hat gar nicht auf meine freundliche Begrüßung reagiert.«
    »Ich fürchte, sie ist mehr als nur unverschämt«, sagte Singsaker. »Ich muss Sie bitten, die Anlage zu verlassen.«
    Gunnar Winsnes sah ihn brüskiert

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