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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Körperbildung, wie das Kinn, die Nase und besonders die Hände … wunderbar echt Buddenbrook'sche Hände! betraf, so war seine Ähnlichkeit mit dem Großvater noch größer geworden.
    Er sprach ein mit spanischen Lauten untermischtes Französisch und setzte Jedermann durch seine Liebhaberei für gewisse moderne Schriftsteller satirischen und polemischen Charakters in Erstaunen … Nur bei dem finsteren Makler, Herrn Gosch, fand er in der Stadt für diese Neigung Verständnis; sein Vater verurteilte sie aufs Strengste.
    Das hinderte nicht, daß der Stolz und das Glück, das der Konsul über seinen ältesten Sohn empfand, ihm in den Augen zu lesen war. Mit Rührung und Freude begrüßte er ihn alsbald nach seiner Ankunft aufs Neue als Mitarbeiter in seinen Comptoirs, in denen er selbst jetzt wieder mit größerer Genugthuung zu wirken begann: und zwar nach dem Tode der alten Madame Kröger, der am Ende des Jahres erfolgte.
    Man mußte den Verlust der alten Dame mit Fassung ertragen. Sie war steinalt geworden und hatte zuletzt ganz einsam gelebt. Sie ging zu Gott, und Buddenbrooks bekamen eine Menge Geld, volle, runde 100 000 Thaler Courant, die das Betriebskapital der Firma in wünschenswertester Weise verstärkten.
    {258} Eine weitere Folge dieses Sterbefalles war diejenige, daß des Konsuls Schwager Justus, sobald er den Rest seines Erbteiles in Händen hatte, müde seiner beständigen geschäftlichen Mißerfolge, liquidierte und sich zur Ruhe setzte. Justus Kröger, der Suitier, des alten à la mode-Kavaliers lebensfroher Sohn, war kein sehr glücklicher Mensch. Er hatte, mit seiner Coulance und seiner heiteren Leichtlebigkeit, es niemals zu einer sicheren, soliden und zweifellosen Position in der Kaufmannswelt bringen können, er hatte einen bedeutenden Teil seines elterlichen Erbes im Voraus eingebüßt, und neuerdings kam hinzu, daß Jakob, sein ältester Sohn, ihm schwere Kümmernisse bereitete.
    Der junge Mann, der in dem großen Hamburg sich sittenlose Gesellschaft gewählt zu haben schien, hatte seinem Vater mit den Jahren eine ungebührliche Menge Courantmark gekostet, und da, wenn Konsul Kröger sich weigerte, noch mehr zu leisten, seine Gattin, eine schwache und zärtliche Frau, dem lockeren Sohne heimlich weitere Geldsummen zukommen ließ, so waren zwischen dem Ehepaar traurige Mißhelligkeiten entstanden. Um Allem die Krone aufzusetzen, war fast zur selben Zeit, als B. Grünlich seine Zahlungen einstellte, in Hamburg, wo Jakob Kröger bei den Herren Dalbeck & Comp. arbeitete, noch etwas Anderes, Unheimliches vorgefallen … Ein Übergriff, eine Unredlichkeit hatte stattgefunden … Man sprach nicht davon und richtete keine Fragen an Justus Kröger; aber es hieß, daß Jakob in New-York eine Stellung als Reisender gefunden habe und demnächst zu Schiff gehen werde. Einmal, vor seiner Fahrt, wurde er in der Stadt gesehen, wohin er wahrscheinlich gekommen war, um außer dem Reisegelde, das sein Vater ihm zugeschickt, von seiner Mutter noch mehr zu erlangen: ein geckenhaft gekleideter Jüngling von ungesundem Aussehen.
    Kurz, es war dahin gekommen, daß Konsul Justus, als ob er {259} nur einen Leibeserben besäße, ausschließlich von »meinem Sohne« sprach … womit er Jürgen meinte, der sich zwar niemals eines Vergehens schuldig gemacht, aber geistig allzu beschränkt erschien. Er hatte das Gymnasium mit großer Mühe absolviert und befand sich seit einiger Zeit in Jena, wo er sich, ohne viel Freude und Erfolg, wie es den Anschein hatte, der Jurisprudenz widmete.
    Johann Buddenbrook empfand aufs Schmerzlichste die wenig ehrenvolle Entwicklung der Familie seiner Frau und blickte mit desto ängstlicherer Erwartung auf seine eigenen Kinder. Er war berechtigt, die vollste Zuversicht in die Tüchtigkeit und den Ernst seines ältesten Sohnes zu setzen; was aber Christian betraf, so hatte Mr. Richardson geschrieben, der junge Mann habe sich zwar mit entschiedener Begabung die englische Sprache zu eigen gemacht, zeige aber im Geschäft nicht immer hinreichendes Interesse und lege eine allzu große Schwäche für die Zerstreuungen der Weltstadt, zum Beispiel für das Theater an den Tag. Christian selbst bewies in seinen Briefen ein lebhaftes Wanderbedürfnis und bat eifrig um die Erlaubnis, »drüben«, das heißt in Süd-Amerika, vielleicht in Chile, eine Stellung annehmen zu dürfen. »Aber das ist Abenteuerlust«, sagte der Konsul und befahl ihm, vorerst während eines vierten Jahres seine merkantilen

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