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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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einer nun der große Erb-Siegelring mit grünem Steine glänzte, waren weiß wie die Manschetten, die aus den schwarzen Tuchärmeln hervorsahen, – von einer frostigen Blässe, die erkennen ließ, daß sie vollkommen trocken und kalt waren. Diese Hände, deren schön gepflegte, ovale Fingernägel dazu neigten, eine bläuliche Färbung zu zeigen, konnten in gewissen Augenblicken, in gewissen, ein wenig krampfhaften und unbewußten Stellungen einen unbeschreiblichen Ausdruck von abweisender Empfindsamkeit und einer beinahe ängstlichen Zurückhaltung annehmen, einen Ausdruck, der den ziemlich breiten und bürgerlichen, wenn auch fein gegliederten Händen der Buddenbrooks bis dahin fremd gewesen war und wenig zu ihnen paßte … Toms erste Sorge war, die Flügelthür zum Landschaftszimmer zu öffnen, um die Wärme des Ofens, der dort hinter dem schmiedeeisernen Gitter brannte, dem Saale zugutekommen zu lassen.
    {278} Dann wechselte er einen Händedruck mit Konsul Kröger und nahm, Herrn Marcus gegenüber, Platz an der Tafel, wobei er seine Schwester Tony mit erhobener Augenbraue ziemlich verwundert ansah. Aber sie legte in einer Weise den Kopf zurück und das Kinn auf die Brust, daß er jede Bemerkung über ihre Gegenwart unterdrückte.
    »Also man darf noch nicht ›Herr Konsul‹ sagen?« fragte Justus Kröger … »Die Niederlande hoffen vergebens auf deine Vertretung, alter Tom?«
    »Ja, Oncle Justus; ich habe es für besser gehalten … sieh mal, ich hätte das Konsulat sofort übernehmen können, mit so manch' anderer Verpflichtung; aber erstens bin ich noch ein bißchen jung … und dann habe ich mit Oncle Gotthold gesprochen; er freute sich und acceptierte.«
    »Sehr vernünftig, mein Junge. Sehr politisch … Vollkommen gentleman like.«
    »Herr Marcus«, sagte die Konsulin, »mein lieber Herr Marcus!« Und sie reichte ihm die Hand, deren Fläche sie ganz weit herumdrehte, und die er langsam, mit einem bedächtigen und verbindlichen Seitenblick entgegennahm. »Ich habe Sie heraufgebeten … Sie wissen, um was es sich handelt, und ich weiß, daß Sie einig mit uns sind. Mein seliger Mann hat in seinen letztwilligen Verfügungen den Wunsch ausgesprochen, Sie möchten nach seinem Heimgang Ihre treue, bewährte Kraft nicht länger als fremder Mitarbeiter, sondern als Teilhaber in den Dienst der Firma stellen …«
    »Gewiß, allerdings Frau Konsulin«, sprach Herr Marcus. »Ich bitte ergebenst, überzeugt zu sein, daß ich die Ehrung meiner Person, welche in diesem Anerbieten liegt, mit Dankbarkeit zu schätzen weiß, denn die Mittel, welche ich der Firma entgegenzubringen vermag, sind nur allzu geringe. Ich weiß vor Gott und den Menschen nichts Besseres zu thun, als Ihre und Ihres Herrn Sohnes Offerte dankbarst zu acceptieren.«
    {279} »Ja, Marcus, dann danke ich Ihnen herzlich für Ihre Bereitwilligkeit, einen Teil der großen Verantwortlichkeit zu übernehmen, die für mich vielleicht zu schwer wäre.« Dies sprach Thomas schnell und leichthin, indem er seinem Associé über den Tisch hinüber die Hand reichte, denn die Beiden waren längst einig, und dies Alles war Formalität.
    »Kumpanie is Lumperie … na, Sie Beide werden den Schnack ja wohl zu Schanden machen!« sagte Konsul Kröger. »Und nun wollen wir die Verhältnisse mal durchgehen, Kinder. Ich habe hier bloß auf die Mitgift meines Mündels zu achten; das Übrige ist mir egal. Hast du eine Copie des Testamentes da, Bethsy? Und du, Tom, einen kleinen Überschlag?«
    »Den habe ich im Kopf«, sagte Thomas und begann, während er sein goldnes Crayon auf der Tischplatte hin und her bewegte und, zurückgelehnt, ins Landschaftszimmer hinüberblickte, den Stand der Dinge auseinanderzusetzen …
    Die Sache war die, daß des Konsuls hinterlassenes Vermögen beträchtlicher war, als irgend ein Mensch geglaubt hatte. Die Mitgift seiner ältesten Tochter freilich war verloren gegangen, die Einbuße, die die Firma gelegentlich des Bremer Konkurses im Jahre 51 erlitten, war ein schwerer Schlag gewesen. Und auch das Jahr 48 sowie das gegenwärtige Jahr 55 mit ihren Unruhen und Kriegsläuften hatten Verluste gebracht. Aber der Buddenbrooksche Anteil an der Krögerschen Hinterlassenschaft von 400 000 Courantmark hatte, da Justus eine Menge im Voraus verbraucht, volle 300 000 betragen, und obgleich Johann Buddenbrook nach Kaufmannsart beständig geklagt hatte, war den Verlusten doch durch einen etwa fünfzehnjährigen Verdienst von 30 000 Thalern

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