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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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du und Klothhilde …«
    »Pfui, Tom! … Wie geht es Thilda?«
    »Gut, versteht sich! Madame Krauseminz sorgt für sie und daß sie nicht hungert. Was aber nicht hindert, daß Thilda hier Donnerstags ganz ausnehmend schlingt, als wäre es für die nächste Woche im Voraus …«
    Sie lachte so herzlich wie seit langer Zeit nicht mehr, brach dann aber mit einem Seufzer ab und fragte:
    »Und was machen die Geschäfte?«
    »Tja … man schlägt sich durch. Man muß zufrieden sein …«
    »O, Gott sei Dank, daß
hier
wenigstens Alles steht, wie es stehen soll! Ach, ich bin gar nicht aufgelegt, vergnügt zu schwatzen …«
    {417} »Schade. Den Humor soll man sich, quand même, bewahren.«
    »Nein, damit ist es aus, Tom. – Du weißt Alles?«
    »Du weißt Alles …!« wiederholte er, ließ ihre Hand fahren und setzte mit einem Ruck seinen Stuhl ein Stück rückwärts. »Heiliger Gott, wie das klingt! ›Alles‹! Was liegt Alles in diesem ›Alles‹ begraben! ›Ich senkt' auch meine Liebe und meinen Schmerz hinein‹, wie? Nein, höre mal …«
    Sie schwieg. Sie streifte ihn mit einem tief erstaunten und tief gekränkten Blick.
    »Ja, dies Gesicht habe ich erwartet«, sagte er, »denn ohne dieses Gesicht wärest du ja nicht hier. Aber erlaube mir, meine gute Tony, daß ich die Sache um ebensoviel zu leicht nehme, als du sie zu schwer nimmst, und du wirst sehen, daß wir uns vorteilhaft ergänzen …«
    »Zu schwer, Thomas, zu schwer …?«
    »Ja; Herrgott, spielen wir doch nicht Tragödie! Reden wir ein bißchen bescheiden und nicht mit ›Alles ist zu Ende‹ und ›Eure unglückliche Antonie‹! Versteh' mich recht, Tony; du weißt gut, daß ich der Erste bin, der sich so sehr herzlich über dein Kommen freut. Ich habe schon lange gewünscht, du möchtest einmal zu Besuch kommen, ohne deinen Mann, daß wir wieder einmal so ganz en famille bei einander sitzen könnten. Aber, daß du
jetzt
kommst und
so
kommst, pardon, das ist eine Dummheit, mein Kind! … Ja … laß mich zu Ende sprechen! – Permaneder hat sich reichlich mangelhaft betragen, das muß wahr sein, und das werde auch ich ihm zu verstehen geben, sei überzeugt …«
    »
Wie
er sich betragen hat, Thomas«, unterbrach sie ihn, indem sie sich aufrichtete und eine Hand auf ihre Brust legte, »das habe ich ihm schon zu verstehen gegeben und nicht nur ›zu verstehen gegeben‹, will ich dir sagen. Weitere Auseinandersetzungen mit dem Manne halte ich, meinem Taktgefühle {418} nach, für vollkommen unangebracht!« Damit ließ sie sich wieder zurückfallen und blickte streng und unbewegt zur Decke empor.
    Er neigte sich, wie unter dem Gewichte ihrer Worte, und dabei blickte er lächelnd auf seine Kniee nieder.
    »Na, so werde ich ihm denn also
keinen
groben Brief schreiben: ganz wie du befiehlst. Zuletzt ist es ja deine Angelegenheit, und es genügt durchaus, daß du selbst ihm den Kopf zurechtsetzest; als seine Frau bist du berufen dazu. Bei Lichte besehen, sind ihm ja übrigens die mildernden Umstände nicht abzusprechen. Ein Freund hat Namenstag gefeiert, er kommt in festlicher Stimmung, in etwas zu guter Laune nach Hause und läßt sich einen kleinen Übergriff, einen kleinen unziemlichen Seitensprung zu Schulden kommen …«
    »Thomas«, sagte sie, »ich verstehe dich nicht. Ich verstehe nicht den Ton, in dem du redest! Du … Ein Mann von deinen Grundsätzen … Aber du hast ihn nicht gesehen! Wie er sie anfaßte in seiner Betrunkenheit, wie er aussah …«
    »Komisch genug, wie ich mir denken kann. Aber das ist es ja, Tony: du nimmst die Sache nicht komisch genug, und daran ist natürlich dein Magen schuld. Du hast deinen Mann auf einer Schwäche ertappt, du hast ihn ein wenig lächerlich gesehen … aber das sollte dich nicht so fürchterlich empören, sondern dich eher ein bißchen amüsieren und ihn dir menschlich noch näher bringen … Ich will dir Eines sagen: du konntest sein Betragen natürlich nicht ohne Weiteres mit Lächeln und Stillschweigen billigen, bewahre. Du bist abgereist: das war eine Demonstration, etwas lebhaft vielleicht, vielleicht eine zu strenge Strafe, – denn wie betrübt er in diesem Augenblick dasitzt, das möchte ich nicht sehen, – aber immerhin gerecht. Meine Bitte geht nur dahin, du möchtest die Dinge etwas weniger entrüstet und ein wenig mehr vom politischen Standpunkte aus betrachten … wir reden ja unter uns. Ich muß dir {419} einmal andeuten, daß es doch in einer Ehe keineswegs

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