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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Buddenbrook. Thilda und sie sind unstreitig die Schönsten in der Familie.«
    Klothhilde war zum Sterben erstaunt. »Gott! Tom –?« machte sie, und es war unbegreiflich, wie lang sie diese kurzen Silben zu ziehen vermochte. Tony duldete schweigend, denn Tom war ihr überlegen, da half nichts; er würde wieder eine Antwort finden und die Lacher auf seiner Seite haben. Sie zog nur mit geöffneten Nasenflügeln heftig die Luft ein und hob die Schultern empor. Als aber die Konsulin von dem bevorstehenden Ball bei Konsul Huneus zu sprechen begann und etwas über neue Lackschuhe fallen ließ, nahm Tony auch den anderen Ellbogen vom Tisch und zeigte sich lebhaft bei der Sache.
    »Ihr redet und redet«, rief Christian kläglich, »und dies ist so fürchterlich schwer! Ich wollte, ich wäre auch Kaufmann –!«
    »Ja, du willst jeden Tag etwas anderes«, sagte Tom. – Hierauf {102} kam Anton über den Hof; er kam mit einer Karte auf dem Theebrett, und man sah ihm erwartungsvoll entgegen.
    »
Grünlich
, Agent«, las der Konsul. »Aus Hamburg. Ein angenehmer, gut empfohlener Mann, ein Pastorssohn. Ich habe Geschäfte mit ihm. Es ist da eine Sache … Sage dem Herrn, Anton – es ist dir recht, Bethsy? – er möge sich hierher bemühen …«
    - Durch den Garten kam, Hut und Stock in der selben Hand, mit ziemlich kurzen Schritten und etwas vorgestrecktem Kopf, ein mittelgroßer Mann von etwa 32 Jahren in einem grüngelben, wolligen und langschößigen Anzug und grauen Zwirnhandschuhen. Sein Gesicht, unter dem hellblonden, spärlichen Haupthaar war rosig und lächelte; neben dem einen Nasenflügel aber befand sich eine auffällige Warze. Er trug Kinn und Oberlippe glattrasiert und ließ den Backenbart nach englischer Mode lang hinunterhängen; diese Favoris waren von ausgesprochen goldgelber Farbe. – Schon von Weitem vollführte er mit seinem großen, hellgrauen Hut eine Gebärde der Ergebenheit …
    Mit einem letzten, sehr langen Schritte trat er heran, indem er mit dem Oberkörper einen Halbkreis beschrieb und sich auf diese Weise vor Allen verbeugte.
    »Ich störe, ich trete in einen Familienkreis«, sprach er mit weicher Stimme und feiner Zurückhaltung. »Man hat gute Bücher zur Hand genommen, man plaudert … Ich muß um Verzeihung bitten!«
    »Sie sind willkommen, mein werter Herr Grünlich!« sagte der Konsul, der sich, wie seine beiden Söhne, erhoben hatte und dem Gaste die Hand drückte. »Ich freue mich, Sie auch außerhalb des Comptoirs und im Kreise meiner Familie begrüßen zu können. Herr Grünlich, Bethsy, mein wackerer Geschäftsfreund … Meine Tochter Antonie … Meine Nichte Klothhilde … Sie kennen Thomas bereits … Das ist mein zweiter Sohn, Christian, ein Gymnasiast.«
    {103} Herr Grünlich hatte wiederum auf jeden Namen mit einer Verbeugung geantwortet.
    »Wie gesagt«, fuhr er fort, »ich habe nicht die Absicht, den Eindringling zu spielen … Ich komme in Geschäften, und wenn ich den Herrn Konsul ersuchen dürfte, einen Gang mit mir durch den Garten zu thun …«
    Die Konsulin antwortete:
    »Sie erweisen uns eine Liebenswürdigkeit, wenn Sie nicht sofort mit meinem Manne von Geschäften reden, sondern ein Weilchen mit unserer Gesellschaft fürlieb nehmen wollten. Nehmen Sie Platz!«
    »Tausend Dank«, sagte Herr Grünlich bewegt. Hierauf ließ er sich auf dem Rande des Stuhles nieder, den Tom herbeigebracht hatte, setzte sich, Hut und Stock auf den Knieen, zurecht, strich mit der Hand über seinen einen Backenbart und ließ ein Hüsteln vernehmen, das ungefähr klang wie: »Hä-ä-hm!« Dies alles machte den Eindruck, als wollte er sagen: »Das wäre die Einleitung. Was nun?«
    Die Konsulin eröffnete den Hauptteil der Unterhaltung.
    »Sie sind in Hamburg zu Hause?« fragte sie, indem sie den Kopf zur Seite neigte und ihre Arbeit im Schoße ruhen ließ.
    »Allerdings, Frau Konsulin«, entgegnete Herr Grünlich mit einer neuen Verbeugung. »Ich habe meinen Wohnsitz in Hamburg, allein ich bin viel unterwegs, ich bin stark beschäftigt, mein Geschäft ist ein außerordentlich reges … hä-ä-hm, ja, das darf ich sagen.«
    Die Konsulin zog die Brauen empor und machte eine Mundbewegung, als sagte sie mit respektvoller Betonung: »So?«
    »Rastlose Thätigkeit ist für mich Lebensbedingung«, setzte Herr Grünlich halb zum Konsul gewendet hinzu, und er hüstelte aufs neue, als er den Blick bemerkte, den Fräulein Antonie auf ihm ruhen ließ, diesen kalten und musternden Blick, mit

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