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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Heiterkeit begann nun plötzlich Tonys Oberlippe zu zittern. Sie richtete ein Paar großer und betrübter Augen auf ihn, die langsam blank von Thränen wurden, und sagte leise:
    »Nein, Morten, glauben Sie das von mir? … Das müssen Sie nicht von mir glauben.«
    »Ich glaube es ja auch nicht!« rief Morten mit einem Lachen, in dem Ergriffenheit und mühsam unterdrückter Jubel zu hö {157} ren war … Er wälzte sich völlig herum, so daß er nun auf dem Bauche neben ihr lag, ergriff, indem er die Ellenbogen aufstützte, mit beiden Händen die Ihre und sah mit seinen stahlblauen, gutmütigen Augen entzückt und begeistert in ihr Gesicht.
    »Und Sie … Sie moquieren sich nicht über mich, wenn ich Ihnen sage, daß …«
    »Ich weiß, Morten«, unterbrach sie ihn leise, während sie seitwärts auf ihre freie Hand blickte, die langsam den weichen, weißen Sand durch die Finger gleiten ließ.
    »Sie wissen …! Und Sie …
Sie
, Fräulein Tony …«
    »Ja, Morten. Ich halte große Stücke auf Sie. Ich habe Sie sehr gern. Ich habe Sie lieber, als Alle, die ich kenne.«
    Er fuhr auf, er machte ein paar Armbewegungen und wußte nicht, was er thun sollte. Er sprang auf die Füße, warf sich sofort wieder bei ihr nieder und rief mit einer Stimme, die stockte, wankte, sich überschlug und wieder tönend wurde vor Glück:
    »Ach, ich danke Ihnen, ich danke Ihnen! Sehen Sie, nun bin ich so glücklich, wie noch niemals in meinem Leben …!« Dann fing er an, ihre Hände zu küssen.
    Plötzlich sagte er leiser:
    »Sie werden nun bald nach der Stadt abreisen, Tony, und meine Ferien sind in vierzehn Tagen zu Ende … dann muß ich wieder nach Göttingen. Aber wollen Sie mir versprechen, daß Sie diesen Nachmittag hier am Strande nicht vergessen werden, bis ich zurückkomme … und Doktor bin … und bei Ihrem Vater für uns bitten kann, so schwer es sein wird? Und daß Sie unterdessen keinen Herrn Grünlich erhören werden? … Oh, es wird nicht lange dauern, passen Sie auf! Ich werde arbeiten, wie ein … und es ist gar nicht schwer …«
    »Ja, Morten«, sagte sie glücklich und abwesend, indem sie seine Augen, seinen Mund und seine Hände betrachtete, die die ihren hielten …
    {158} Er zog ihre Hand noch näher an seine Brust und fragte gedämpft und bittend:
    »Wollen Sie mir daraufhin nicht … Darf ich das nicht … bekräftigen …?«
    Sie antwortete nicht, sie sah ihn nicht einmal an, sie schob nur ganz leise ihren Oberkörper am Sandberg ein wenig näher zu ihm hin, und Morten küßte sie langsam und umständlich auf den Mund. Dann sahen sie nach verschiedenen Richtungen in den Sand und schämten sich über die Maße.

10.
    »Teuerste Demoiselle Buddenbrook!
    Wie lange ist es her, daß Unterzeichneter das Angesicht des reizendsten Mädchens nicht mehr erblicken durfte? Diese so wenigen Zeylen sollen Ihnen sagen, daß dieses Angesicht nicht aufgehört hat, vor seinem geistigen Auge zu schweben, daß er während dieser hangenden und bangenden Wochen unablässig eingedenk gewesen ist des köstlichen Nachmittages in Ihrem elterlichen Salon, an dem Sie sich ein Versprechen, ein halbes und verschämtes zwar noch, und doch so beseligendes entschlüpfen ließen. Seitdem sind lange Wochen verflossen, während derer Sie sich behufs Sammlung und Selbsterkenntnis von der Welt zurückgezogen haben, so daß nun wohl hoffen darf, daß die Zeit der Prüfung vorüber ist. Endesunterfertigter erlaubt sich, Ihnen, teuerste Demoiselle, mitfolgendes Ringlein als Unterpfand seiner unsterblichen Zärtlichkeit hochachtungsvollst zu übersenden. Mit den devotesten Komplimenten und liebevollsten Handküssen zeichne als
    Dero Hochwohlgeboren
    ergebenster
    Grünlich.«
    *
    {159} »Lieber Papa!
    O Gott, wie habe ich mich geärgert. Beifolgenden Brief und Ring erhielt ich soeben von Gr., so daß ich Kopfweh vor Aufregung habe, und weiß ich nichts Besseres zu thun, als Beides an
Dich
zurückgehen zu lassen. Gr.
will
mich nicht verstehen, und ist das, was er so poetisch von dem ›Versprechen‹ schreibt, einfach nicht der Fall, und bitte ich Dich so dringend, ihm nun doch kurzer Hand plausibel zu machen, daß ich
jetzt noch tausendmal weniger
, als vor sechs Wochen in der Lage bin, ihm mein Jawort fürs Leben zu erteilen und daß er mich endlich in Frieden lassen soll, er
macht
sich ja
lächerlich
. Dir, dem besten Vater, kann ich es ja sagen, daß ich anderweitig gebunden bin an Jemanden, der mich liebt, und den ich liebe, daß es

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