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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Herr Grünlich tonlos und mit gesenktem Kopfe; an seinen Mundwinkeln bildeten sich straffe Fältchen.
    »Ich … sehe mich veranlaßt, Ihnen zu eröffnen«, fuhr er mit leichthin trällernder Betonung fort, indem seine Augen mit ungeheurer Aufmerksamkeit von einem Punkt des Zimmers auf einen anderen und dann zum Fenster sprangen, »daß ich vor einiger Zeit um die Hand eben dieser Demoiselle Buddenbrook angehalten habe, daß ich mich im vollen Besitz der beiderseitigen elterlichen Zustimmung befinde, und daß das Fräulein selbst mir, ohne daß zwar die Verlobung bereits in aller Form stattgefunden hätte, mit unzweideutigen Worten Anrechte auf ihre Hand gegeben hat.«
    »Wahrhaftigen Gott?« fragte Herr Schwarzkopf lebhaft … »Davon hab' ich noch gar nichts gewußt! Gratuliere, Herr … Grünlich! Gratuliere Ihnen aufrichtig! Da haben Sie was Gutes, was Reelles …«
    »Sehr obligiert«, sagte Herr Grünlich mit kaltem Nachdruck. »Was mich jedoch«, fuhr er mit singend erhobener Stimme fort, »in dieser Angelegenheit zu Ihnen führt, mein werter Herr Kommandeur, ist der Umstand, daß sich dieser Verbindung {165} ganz neuerdings
Schwierigkeiten
in den Weg stellen, und daß diese Schwierigkeiten … von Ihrem Hause ausgehen –?« Die letzten Worte sprach er mit fragender Betonung, als wollte er sagen: Kann es möglich sein, was mir zu Ohren gekommen ist?
    Herr Schwarzkopf antwortete ausschließlich dadurch, daß er seine ergrauten Augenbrauen hoch in die Stirne zog und mit beiden Händen, braunen, blondbehaarten Schifferhänden, die Armlehnen seines Stuhles ergriff.
    »Ja. In der That. So höre ich«, sprach Herr Grünlich mit trauriger Bestimmtheit. »
Ich höre
, daß Ihr Sohn, der Herr Studiosus Medicinä es sich … unwissentlich zwar … gestattet hat, in meine Rechte einzugreifen,
ich höre
, daß er die hiesige Anwesenheit des Fräuleins dazu benutzt hat, ihr gewisse Versprechungen abzugewinnen …«
    »Was?« rief der Lotsenkommandeur, indem er sich heftig auf die Armlehnen stützte und emporsprang … »Da soll doch gleich … I, dat wier je denn doch woll …« Und mit zwei Schritten war er an der Thür, riß sie auf und rief mit einer Stimme über den Korridor, welche die ärgste Brandung übertönt hätte:
    »Meta! Morten! Tretet mal an! Tretet mal alle beide an!«
    »Ich würde lebhaft bedauern«, sprach Herr Grünlich mit einem feinen Lächeln, »wenn ich durch die Geltendmachung meiner älteren Rechte Ihre eignen väterlichen Pläne durchkreuzen sollte, Herr Kommandeur …«
    Diederich Schwarzkopf wandte sich um und starrte ihm mit seinen scharfen, von kleinen Fältchen umgebenen blauen Augen ins Gesicht, als bemühte er sich vergebens, seine Worte zu verstehen.
    »Herr!« sagte er dann mit einer Stimme, die klang, als hätte soeben ein scharfer Schluck Grog seine Kehle verbrannt … »Ich bin man'n einfachen Mann und versteh mich schlecht auf Medisangsen und Finessen … aber wenn Sie vielleicht meinen {166} sollten, daß … na! denn lassen Sie sich gesagt sein, daß Sie auf dem Holzwege sind, Herr, und daß Sie sich über meine Grundsätze täuschen! Ich weiß, wer mein Sohn ist und weiß, wer Mamsell Buddenbrook ist, und ich habe zu viel Respekt und auch zu viel Stolz im Leibe, Herr, um solche väterlichen Pläne zu machen! Und nun redet mal, nun antwortet mir mal! Was ist das eigentlich, wie? Was höre ich da eigentlich, was? …«
    Frau Schwarzkopf und ihr Sohn standen in der Thür; die erstere ahnungslos, mit dem Ordnen ihrer Schürze beschäftigt, Morten mit der Miene eines verstockten Sünders … Herr Grünlich hatte sich bei ihrem Eintritt keineswegs erhoben; er verharrte in gerader und ruhevoller Haltung fest in seinen Ülster geknöpft auf der Sofakante.
    »Du hast dich also wie ein dummer Junge betragen?« fuhr der Lotsenkommandeur Morten an.
    Der junge Mensch hielt einen Daumen zwischen den Knöpfen seiner Joppe; er machte finstere Augen und hatte vor Trotz sogar seine Wangen aufgeblasen.
    »Ja, Vater«, sagte er, »Fräulein Buddenbrook und ich …«
    »So, na, denn will 'k di man vertellen, daß du 'n Döskopp büs', 'n Hanswurst, 'n groten Dummerjahn! Und daß du morgen nach Göttingen abkutschirst, hörst du wohl? morgenden Tages! Und daß das Ganze 'n Kinderkram ist, ein nichtsnutziger Kinderkram und damit Punktum!«
    »Diederich, mein Gott«, sagte Frau Schwarzkopf, indem sie die Hände faltete; »das kann man doch nicht so ohne Weiteres sagen! Wer

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