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Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
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aufschwemmt: |354| Die »reale« Produktivität, der durch sie definierte Verteilungsspielraum sind bei wieder »eingerechneter« Arbeitsersparnis
     erheblich geringer als »bei den üblichen Messmethoden«. 419
    2. Die üblichen Verdächtigen applaudieren dieser Beweisführung schon auf dem Buchrücken: Vorstandsvorsitzende großer Unternehmen,
     Unternehmensberater, Brüder im Geiste wie Hans-Olaf Henkel. Sie alle beeilen sich, einer ebenso simplen wie abgeschmackten
     Doktrin zum Ruf einer objektiven wissenschaftlichen Lehrmeinung zu verhelfen. Das geistige Fixum derselben ist ärmlich genug:
     Es sind die Löhne, von denen alles andere abhängt, Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbschancen. Dem kapitalistischen Wirtschaftssystem
     in distanzloser Rechtfertigung ergeben, rühmen sie dessen revolutionären Charakter, solange es ihren propagandistischen Bedürfnissen
     entspricht, und verleugnen ihn, sobald er ihre Absichten durchkreuzt. Kapitalismus bedeutet rastlose Umwälzung von Technik,
     Technologie und Arbeitsorganisation, bedeutet Wettbewerb mit Zähnen, permanenten Kampf ums Überleben, um die rationellste
     Arbeitsweise, um Produktion zu minimalen Kosten, Ersetzung lebendiger durch vergegenständlichte Arbeit, durch Maschinen und
     wissenschaftlich disziplinierte Naturprozesse, bedeutet fortgesetzte Reduktion notwendiger, das heißt bezahlter menschlicher
     Arbeit zugunsten des Gewinns. Gerade weil Volkswirtschaften aus zahllosen Unternehmen bestehen, die miteinander konkurrieren,
     ist die entgoltene Arbeit für jeden einzelnen Wettbewerber immer »zu teuer«, daher Objekt von Rationalisierung und Ersparnis,
     ist Freisetzung lebendiger Arbeit Ausgangspunkt wie Ziel der ganzen Unternehmung. Das gilt in gesteigertem Maße für die globale
     Ökonomie, diesen riesigen Verschiebebahnhof von Kapital und Arbeit; hier sind die Löhne, wie immer sie sich konkret gestalten
     mögen, stets »hoch genug«, um das Kapital zu noch ertragreicheren Standorten abfließen zu lassen oder zu freisetzender Rationalisierung
     anzustacheln. Lohn und Lohnhöhe |355| zum Apriori, zur unabhängigen Variablen von Theorien über die langfristige Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung zu machen,
     ist ein Verfahren, das besser zur Zunftordnung als zum modernen Kapitalismus paßt.
    Das Vorsintflutliche der Argumentation reiht sich wieder nahtlos in den Zeitgeist ein, wenn man ihr Thema kennt. Zweck der
     Kapitalakkumulation ist nicht, Arbeit als solche freizusetzen, gespart wird jene Arbeitszeit, die der Arbeiter benötigt, um
     das sachliche Äquivalent seines Lohns zu produzieren, mit der Intention, diese frei gewordene Zeit als Mehrarbeitszeit für
     das Unternehmen einzuspannen (§ 42.2). Genügt weniger Zeit, um dasselbe Betriebsergebnis oder sogar ein höheres zu erwirtschaften,
     setzt das betreffende Unternehmen nicht automatisch (schon gar nicht freiwillig) die Arbeitszeit herab. Das Bestreben geht
     dahin, die produktiver gewordene
workforce
so lange wie früher in Bewegung zu setzen, länger, wenn irgend möglich, um den Produktivitätsgewinn bis an den Horizont des
     überhaupt Absetzbaren, Verwertbaren auszureizen, um, mit Sinns eigenen Worten, »den steigenden Kapitalstock von der gegebenen
     Arbeitsbevölkerung bedienen zu lassen«, im selben Zeitmaß und zu unterproduktiven Löhnen.
    Dagegen richtet sich der Kampf der Belegschaften, ihrer Organisationen. Sie streiten für die Aneignung von Teilen des Produktivitätsgewinns
     entweder direkt, als Zeitersparnis, oder, mittelbar, als Erhöhung der Reallöhne. Je erfolgreicher sie die Auseinandersetzung
     bestehen, desto mehr freigesetzte Zeit gehört dem »Leben«. Gesamtgesellschaftlich und geschichtlich betrachtet, ist die Senkung
     des notwendigen Arbeitsvolumens Zweck der Übung. Die der bloßen Existenzgewinnung schon abgetrotzten Zeiträume nachträglich
     wieder in sie »hineinzurechnen«, zeigt, wo der Autor geistig steht.
Disposable time
, Zeit zur freien Verfügung der einzelnen, ist für ihn kein Wert an sich, nicht Reichtum in seiner erhabensten Gestalt, sondern
     Verschwendung, die schleunigst aufgehoben werden muß durch Rückverwandlung der |356| potentiellen Mußezeit in Arbeitszeit; Einschluß der Freiheit ins »Reich der Notwendigkeit« – bis zum Ende aller Tage.
    3. Vorrang und Prämisse, zurechtgerückt: die dem Kapitalismus immanente Produktivität und der Kampf um ihre soziale Aneignung.
     Dieser Kampf reproduziert sich als Überlebenskampf

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