Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Buerger, ohne Arbeit

Titel: Buerger, ohne Arbeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Engler
Vom Netzwerk:
Treffen seinem
     Alter ego, Freigesetzten, Überflüssigen, ökonomisch Abgeschriebenen. Dann stirbt, inmitten überbordenden Reichtums, der Akkumulationstrieb
     entweder den Nachfragetod, oder das Kapital erholt sich von dem Schock und stattet die Bataillone der Überflüssigen und Minderlöhner
     mit Anteilsscheinen auf den Reichtum aus. Das wäre ein Konsumgeld, seines Namens würdig (§ 15.3), weil es auf der Anerkennung
     des Verbrauchs als eines MENSCHENRECHTS beruhte. 417
    |352| Geholfen wäre auch den prospektiven Unternehmern, um den Preis, eingestanden, daß sie nun die Dummen sind, Werk- und Zahlmeister
     der Armen; und der Kommunismus kehrt durch die Hintertür, die zu verriegeln man vergaß, zurück. Verstaatlichung der Produktionsmittel
     auf revolutionäre Weise – ein rohes Mißverständnis; es lebe die Vergesellschaftung der Lebensmittel im Einvernehmen aller!
     Schüchterne Umarmung des Kapitals mit dem Leibhaftigen.
    § 44 Dr. Sinns »eingerechnete« Arbeitsersparnis
    (nach Art eines Satyrspiels)
    1. Der Nationalökonom und Präsident des Münchener ifo Instituts für Wirtschaftsforschung gibt in seinem jüngsten Buch ein
     bezeichnendes Beispiel für einen Postkeynesianismus, der in die krudesten Dogmen der von Keynes kritisierten Klassik zurückfällt.
     Wie diese leugnet Sinn die »unfreiwillige Arbeitslosigkeit«, kennt er nur die selbstverschuldete. Sein Argument ist von erschütternder
     Naivität. Menschen finden keine Arbeit oder verlieren sie, weil sie sich weigern, zu Löhnen zu arbeiten, die ihnen Beschäftigung
     geben würden. Je höher das je nationale Niveau der effektiven Stundenlöhne, desto größer das Ausmaß der Selbstausschließung
     potentieller Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt. Insofern feierten Gewerkschaften und Sozialstaat selbstvergessen Pyrrhussiege.
     Der prominente Volkswirt weiß um die auf der Hand liegende Erwiderung: Hohe Lohnkosten bedeuten so lange kein gravierendes
     Problem für Wachstum und Beschäftigung, solange sie durch geringe Lohnstückkosten aufgefangen werden. Ein Land mit hoher Produktivität
     wie Deutschland kann sich höhere Löhne leisten, ohne sich Nachteile in seiner Wettbewerbsfähigkeit einzuhandeln.
    Bei der Abwehr dieser Entgegnung beweist Sinn seine ganze professorale Pfiffigkeit. Eine Volkswirtschaft, kanzelt er seine
     Kritiker ab, besteht nicht aus einem einzelnen Unternehmen, |353| sondern aus vielen, die unter sehr unterschiedlichen Bedingungen produzieren; einige besitzen umfänglichen Kapitalstock, andere
     schmaleren, manche produzieren kapitalintensiv, manche arbeitsintensiv. Die mit geringerer Ausstattung an Sachkapital, mit
     vorwiegend extensiver Wertschöpfung, leiden unter hohen Löhnen, geraten schnell an den Rand ihrer Konkurrenzfähigkeit. Steigen
     die bereits hohen durchschnittlichen Tariflöhne nur um ein Geringes an, stürzen sie in den Abgrund und müssen schließen. Der
     Konkurrenzkreis verengt sich, weil nur die robustesten Firmen überleben, und da die Statistik nur von den Siegern berichtet,
     macht die ausgewiesene Arbeitsproduktivität einen kräftigen Sprung nach oben. Was sich wie eine endlose Erfolgsgeschichte
     liest, sei in Wahrheit Ausdruck eines ernsten gesamtwirtschaftlichen Problems. Zu hohe Löhne stimulieren mehr Kapitaleinsatz
     als nötig, dezimieren die Arbeitsbevölkerung über das unvermeidliche Maß kapitalistischer Rationalisierung hinaus. Immer vielköpfigere
     Kontingente des Arbeitskräftepotentials werden in die Reserve versetzt, durch Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitslosigkeit;
     die Gesellschaft schöpft ihre kostbarsten Ressourcen, Humankapital und produktiven Apparat, immer unvollkommener aus.
    Die Wettbewerbsproblematik, folgert Sinn, läßt sich eben nicht an den betriebswirtschaftlichen Lohnstückkosten erkennen oder
     doch nur, wenn man die Gesamtrechnung berichtigt, die durch Entlassungen und kürzere Laufzeiten verursachten Verluste wieder
     in sie einbezieht. »Produktivität ist Wertschöpfung geteilt durch Arbeitszeit. Bei der Arbeitszeit, also im Nenner des Bruches,
     müssen die Arbeitszeiten der nun Arbeitslosen und die entfallenen Stunden aus Arbeitszeitverkürzungen mitgezählt werden, die
     zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung keinen Beitrag mehr leisten.« 418 Abgesehen von der Frage, wie weit man dabei zurückgehen soll, ohne die gesamte Industrialisierungsgeschichte noch einmal
     aufzurollen, ist offenkundig, was geschieht, wenn man den Nenner derart

Weitere Kostenlose Bücher