Buerokrankheiten
Raupe-Nimmersatt-Syndrom
Behandlungsmöglichkeit:
Zinsen
[Krankheitsverzeichnis]
Schönrederei
(lat. morbus optimismus)
Beschreibung:
Schwere Form der Realitätsverzerrung; äußert sich durch maßlose Zuversicht und unangebrachte Gelassenheit.
Symptome:
Tiefrote Zahlen sind für sie »kein Grund zur Besorgnis«, drohende Umstrukturierungsmaßnahmen »eine Chance« und fehlende Worte der Wertschätzung mit Sicherheit nur »ein Zeichen der Überarbeitung« ihrer Vorgesetzten – der Optimismus der Erkrankten ist wahrlich durch nichts zu erschüttern!
Im Büroalltag fallen die betroffenen Kollegen oft durch ihre Begeisterungsfähigkeit für irrwitzige Projekte oder schwachsinnige Ideen auf. Wenn man etwas wirklich will, so ihr Credo, kann man es auch erreichen – selbst wenn man dafür die Gravitationskräfte aufheben, Elvis wiederbeleben oder kurzfristig das Beamen erfinden müsste.
Geht das Vorhaben wider Erwarten trotzdem in die Hose, ist es kein allzu großer Beinbruch. Schließlich ist jeder Misserfolg zugleich die Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen. Abgesehen davon gehen die Schönredner ihren Mitmenschen regelmäßig mit schlauen Sprüchen von Konfuzius (»Der Weg ist das Ziel«), Winston Churchill (»Was zählt, ist der Mut weiterzumachen«) und Buddha (»Wer überlegt, kann verbessern«) auf den Geist.
Im Endstadium der Krankheit sind die Betroffenen von dem, was sie sagen, tatsächlich felsenfest überzeugt.
Verwandte Krankheiten:
Floskelie, Papiertigerei, Win-win-Syndrom
Behandlungsmöglichkeit:
Wachrütteln
[Krankheitsverzeichnis]
Seminaritis
(engl. coaching disease)
Beschreibung:
Pathologische, als »Wissensdurst« getarnte Erlebnissucht
Symptome:
Der Berufsalltag ist für die an Seminaritis erkrankten Kollegen eine triste und langweilige Angelegenheit. Deshalb packen sie nahezu jede Gelegenheit am Schopf, um aus der Büro-Einöde zu entfliehen und den ohnehin viel zu knapp bemessenen Jahresurlaub um ein paar zusätzliche Tage zu verlängern – zum Beispiel durch den Besuch einer qualifizierten Fortbildungsveranstaltung auf Firmenkosten.
Bevorzugt buchen die Erkrankten mehrtägige Seminare in attraktiven Metropolen, wohingegen die Inhalte der Schulungen kaum eine Rolle spielen. So kann es durchaus vorkommen, dass man in einem Seminar zum Thema »Frauenförderung in der Personalentwicklung« männliche Buchhalter kennenlernt oder bei der Fortbildung »Sekretariat und Assistenz in der Telekommunikationsbranche« auf Sachbearbeiter aus der Textilindustrie trifft. Hauptsache, das Hotel ist schön und das Abendprogramm stimmt.
Kehren die Erkrankten nach Seminarende wieder ins Büro zurück, fallen sie meist in ein tiefes Loch. Um ihre Laune wieder nach oben zu treiben, buchen sie sofort die nächste Schulung.
Wirtschaftliche Bedeutung:
Im Jahr 2005 nahmen laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts etwa 21 % aller Beschäftigten in Deutschland an (mindestens) einer sogenannten »Lehrveranstaltung zur beruflichen Weiterbildung« teil. Absolut gesehen also weit über fünf Millionen Menschen – Tendenz steigend!
Immer mehr skrupellose Unternehmen machen sich diese lukrative Büroerkrankung deshalb zunutze und bieten zunehmend sinnlose Veranstaltungen zu absoluten Fantasiepreisen an. Das Geschäft mit der Sucht floriert …
Verwandte Krankheiten:
Eventismus
Behandlungsmöglichkeit:
Seminar: »Wege aus der Seminaritis – Therapieformen und Behandlungskonzepte«
Veranstaltungsort: Hotel Bayrischer Hof, München
Kosten: 5 699 Euro pro Teilnehmer (zzgl. Übernachtung)
Frühbucher bekommen 3 % Rabatt (wird bei Buchung einer Folgeschulung verrechnet)
[Krankheitsverzeichnis]
Sick-Off-Meeting
(lat. tempoperditis, dt. Zeitverschwendung)
Beschreibung:
Unfähigkeit von Projektmanagern, Auftaktsitzungen für neue Projekte halbwegs strukturiert zu gestalten; häufig einhergehend mit defektem Besprechungsequipment
Krankheitsverlauf:
10 : 00 Uhr: Der Projektleiter begrüßt die Anwesenden und bittet bis zur Behebung diverser technischer Probleme (fehlendes Netzwerkkabel, streikender Beamer) noch um ein wenig Geduld.
10 : 09 Uhr: Laptop ist vernetzt, der Beamer meldet sich mit »No signal« zu Wort. Immerhin.
10 : 10 Uhr: Beginn der obligatorischen Vorstellungsrunde.
10 : 17 Uhr: Vorstellungsrunde bringt keine neuen Erkenntnisse – die Kollegen heißen immer noch gleich. Auch die Änderungen bezüglich der jeweiligen Aufgabengebiete halten sich im überschaubaren
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